Wer den Sprung in die Selbstständigkeit wagt oder als Klein- beziehungsweise mittelständischer Unternehmer in die Produktion investieren will, sieht sich als Darlehensnehmer mit den üblichen Sicherheitsforderungen der Banken konfrontiert. Und nicht jeder hat Haus oder Lebensversicherung oder einen finanzkräftigen Bürgen als Sicherheit zu bieten und scheitert so mit einer Geschäftsidee vielleicht an fehlenden 1000 oder 5000 Euro, beziehungsweise muss angesichts fehlender Sicherheiten hohe Zinsen zahlen.
Mittel aus dem europäischen Sozialfonds
Auch Sylvia Haslauer aus Utting hätte zu teuren Konditionen Geld aufnehmen müssen. Die Uttinger Geschäftsfrau will ihr Naturwarengeschäft an einem anderen Standort, nämlich der Schondorfer Straße erweitern und auch das Kassensystem erneuern. Sie nimmt dafür einen Mikrokredit in Anspruch. Eine Möglichkeit, die die Bundesregierung vor Kurzem geschaffen hat: Es steht ein Mikrokreditfonds mit einem Volumen von 100 Millionen Euro zur Verfügung, 60 Millionen Euro stammen aus dem Europäischen Sozialfonds, etwa 40 Millionen Euro aus dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Im vergangenen Jahr wurden die ersten Kredite vergeben, zuständig für die Vergabe ist die GLS Gemeinschaftsbank, die wiederum zertifizierte Mikrofinanzierungsinstitute eingebunden hat, die die Kunden betreuen.
In Bayern ist dies unter anderem Regios, die Organisation des Regionalgeldes Chiemgauer. Und hier kommt nun auch der Verein Ammerlechtaler und dessen Regionalberater Bernd Steyer aus Utting ins Spiel. Steyer ist ein sogenannter „Tippgeber“, der die Kreditnehmer berät, die dann mit der Regios den Vertrag abschließen. Denn wichtig ist bei dem Mikrokreditsystem die Nähe von Berater und Kreditnehmer. Als sogenannter Kennenlernkredit werden 1000 Euro ausgegeben, bei einem Zinssatz von 7,5 Prozent. Die Laufzeit beträgt sechs bis 18 Monate. Ist dieser Kredit vertragsmäßig getilgt, werden auch Folgekredite bis zu 20 000 Euro vergeben. „Es geht um Vertrauen“, macht Steyer deutlich, dass dieses System auf den Personen und deren Geschäftsidee und -tätigkeit basiert.
Sylvia Haslauer wird letztendlich gar keine Zinsen zahlen: Hier kommt eine spezielle Komponente des Mikrokredits über Regios zum Tragen: Wird der Kredit in Regionalgeld genommen, bekommt der Kreditnehmer die Zinsen als Bonus erstattet. Als Mitglied der Regiogeld-Initiative Ammerlechtaler (ALT) liegt ihr Einstiegslimit außerdem bei 3000 Euro beziehungsweise Ammerlechtaler. Für Haslauer eine ideale Lösung, ist sie nach eigener Einschätzung doch der größte Umsetzer des ALT in der Region. „Ich denke es sind 100 bis 200 ALT am Tag“.
Und sie könne ihrerseits Geschäftspartner mit dem Regionalgeld zahlen. „Der Biogroßhandel Ökoring nimmt Ammerlechtaler, wenn ich bei der Gärtnerei Streicher Dekomaterial einkaufe, geht das in ALT und selbst das Computergeschäft Thiemann nimmt das Regionalgeld.“ So schließt sich nun auch beim Kreditsystem für Haslauer der Regionalgeld-Kreis.
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