
Wohnen unter einem der ältesten Dachstühle Landsbergs

Eine Haussanierung im Klösterl in Landsberg: Vom langen Weg, ein passendes Haus zu finden, einer mumifizierten Katze und einem eingelassenen Medaillon.
Jetzt hat das Haus endlich wieder eine Seele. Habe der Nachbar von schräg gegenüber erst neulich gesagt. Hausherr Dr. Christoph Höck führt sichtlich stolz durch das frisch renovierte und restaurierte Haus am Klösterl 57 in der Landsberger Altstadt. Seit Februar lebt er mit seiner Lebensgefährtin und zwei Katzen in einem wahren Schmuckstück: Ein kleines Wohnhaus mit Steilgiebel aus der Zeit um 1464, das in enger Abstimmung mit der Stadt und dem Bayerischen Landesamt für Denkmalschutz komplett saniert wurde. Das LT hat einen Blick hinein werfen dürfen.
Acht Jahre lang hat Höck von Hofstetten aus ein Haus in Landsberg gesucht. Hunderte Besichtigungen absolviert, Gutachter zurate gezogen, mitgeboten, doch „die meisten der Häuser gingen an reiche Münchner.“ Dann stand irgendwann das kleine Häuschen im Klösterl „für eine halbe Stunde bei Immoscout.“ Das war 2017. Ziemlich verwahrlost sei es gewesen, „in einem traurigen Zustand“. 485000 Euro wurden aufgerufen. Eine Woche später telefonierte Höck bereits mit dem Architekten Christian Metzger vom Bau Kunst Haus Epfenhausen (der auch das Schleske-Haus und einige andere in der Altstadt renoviert hat). „Mein Ziel war es“, so erläutert Christoph Höck, „von Anfang an keine Kompromisse beim Denkmalschutz zu machen.“ Der Bauherr beschloss so behutsam und naturgetreu wie möglich, den Charakter des mittelalterlichen Hauses herauszuarbeiten.
In der uralten Treppe lebt der Holzwurm
Gleich zu Beginn führt eine wunderbar charmante, ehemals holzwurmdurchsetzte, abgetretene, uralte Holztreppe hinauf in den Wohnbereich. Andere hätten diese Treppe vielleicht herausgerissen und durch eine neue ersetzt, aber so ist es wie mit sehr alten Autos, im Original restauriert sind sie umso wertvoller und mehr Charakter haben sie allemal.
Die ehemalige „Schwarzküche“ (eine Rauchküche, in der auf offenem Feuer gekocht wurde, sodass die gesamte Decke und die oberen Wände vollkommen verrußt waren) wurde zu einem modernen Bad umgebaut. Da aus Denkmalschutzgründen keine Badewanne verbaut werden konnte, wanderte diese kurzerhand hinter eine gemauerte Abtrennung im Schlafbereich. Die uralten Dielenböden wurden renoviert und da, wo es nicht möglich war, hat Höck eine 500 Jahre alte Eiche bei der Herzogsägmühle fällen lassen und aus ihrem Stamm unterschiedlich breite Dielen gesägt. „Das Holz ist nun so alt wie das Haus, das passt doch gut.“
Das Dach hat sich um acht Grad geneigt
Sein ganzer Stolz (und ebenfalls der der Denkmalschützer) ist der Dachstuhl, nach der Stadtpfarrkirche und einigen anderen Gebäuden der älteste der Stadt. Aufgrund eines vor Urzeiten gebrochenen Balkens hat sich das Dach um acht Grad geneigt. Mit passgenauen, hellen Fichtenhölzern (damit die Rekonstruktion nachvollziehbar bleibe) hat der Zimmermann ganze Arbeit geleistet und die ursprüngliche Struktur erhalten können. „Das ist echte Handwerkskunst“, sagt Christoph Höck.
Überall im Haus gibt es liebevolle Details zu entdecken: Im Dachgeschoss gibt es mystische, runenartige Einkerbungen in den Balken, die bislang niemand entziffern konnte. Ein eingelassenes Medaillon der heiligen Rita aus dem Mittelalter, bei dem der Kopf mit klaren Schnitten entfernt wurde (die einfallenden Schweden, vermutet Höck).
Mauerwerk wurde freigelegt
Bei vorhergehenden Umbauarbeiten aus dem Jahr 1988 hat man neben einer mumifizierten Katze (vermutlich ein mittelalterlicher Aberglaube gegen Hexen, erläutert Höck) auch Mauerwerk freigelegt, das vermutlich noch aus dem 11. Jahrhundert stammt, eine mit Lechkieseln, Nagelfluh (im Allgäuer Volksmund auch „Herrgottsbeton“ genannt) und Ziegeln verschiedener Epochen gemauerte Wand, die Höck beziehungsweise seine Handwerker in ihren Ursprungszustand zurückversetzt haben, „das fand der Denkmalschutz ziemlich cool.“
Überhaupt habe die Zusammenarbeit mit Katja Kaus vom Denkmalschutz der Stadt sowie Dr. Thomas Hermann vom bayerischen Amt für Denkmalpflege hervorragend geklappt, wie Höck nicht müde wird zu betonen. Da wäre beispielsweise die Farbe der Außenfassade: Er hätte im Vorfeld drei Farben ausgesucht, Nachbarn befragt und war erstaunt, mit welch „zielsicherem Auge für Eleganz“ Katja Kaus kurzerhand die Farbpalette aufgefächert und das exquisite Dunkelschlammgrau ausgewählt hat. Auch hätte er viele Tipps für die Beantragung von Fördermitteln erhalten.
Wo es ging, selbst Hand angelegt
Christoph Höck, 53, gebürtig aus Bensberg im Bergischen Land, ist begeisterter Landsberger. Mit 19 Jahren ging er für die Bundeswehr nach Bad Reichenhall und blieb fortan in Bayern. Der promovierte Tierarzt hat in einem zweiten Studium Pharmakologie und Toxikologie studiert und arbeitet seitdem für große Pharmakonzerne im Bereich der Arzneimittelsicherheit. Nebenbei singt er im Kirchenchor von Johannes Skudlik. Wo es ging, „beziehungsweise wo meine Handwerker mich gelassen haben“, hat er im Haus selbst Hand angelegt, hat Putz abgeschlagen, Türen und Böden abgeschliffen. Alles in allem hat die Renovierung ein gutes Jahr gedauert („dank des hervorragenden Bauleiters und seiner Handwerker“) und hinterlässt einen glücklichen Hausbesitzer sowie offensichtlich glückliche Denkmalschützer.
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