
Vom Aussterben bedroht: der Ammersee-Kilch
Dießen (lt) - In dieser Woche wurde in Berlin die aktuelle "Rote Liste der gefährdeten Wirbeltiere Deutschlands" vorgestellt. Diese Liste wird laut Mitteilung von Bernhard Ernst alle zehn Jahre unter Federführung des Bundesamtes für Naturschutz erarbeitet und beschreibt die Gefährdungssituation der verschiedenen Tiere in unserem Land.
Ernst ist Diplom-Biologe, geprüfter Fischwirt, Berufsfischer am Ammersee und Sachverständiger für Gewässerökologie und Fischerei. Ernst macht darauf aufmerksam, dass auch der Ammersee im Fokus dieser Liste steht: "Unter den Tierarten, deren Aussterben mit höchster Priorität verhindert werden muss, ist unter anderem der Ammersee-Kilch aufgeführt. Er wird jetzt in der höchsten Gefährdungsstufe geführt." Die Fischart finde dabei besonders hohe Aufmerksamkeit, weil sich ihr Vorkommen weltweit einzig auf den Ammersee beschränke.
Früher wurden sie mit speziellen Netzen gefangen
Anfang des 20. Jahrhunderts sei der Kilch noch ein bedeutender Speisefisch gewesen. "Die Fische wurden im Ammersee mit eigens gefertigten, etwa 70 Zentimeter hohen Bodennetzen in Tiefen von 60 Metern gefangen. Vor allem in Dießen waren einige Fischer sogar auf die Kilch-Fischerei spezialisiert."
Dann sei der Ammersee-Kilch in seinem Bestand massiv zurückgegangen. Der Wissenschaftler Erich Wagler führte dies laut Bernhard Ernst zu Beginn der 1930er Jahre wesentlich auf die Überfischung der Fischart zurück - die Fischer hätten seinerzeit vor allem der Begradigung der Ammer (Bau der Neuen Ammer) und den dadurch veränderten Lebensbedingungen die Schuld gegeben.
Hinzugekommen sei, dass der Ammersee in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts mit einer enormen Nährstofffracht belastet worden sei. Die Sauerstoffverhältnisse hätten sich in der Tiefe - dem Lebensraum der Kilche - rapide verschlechtert, und der Kilch-Bestand habe weiter abgenommen.
Gleich zwei lange umstrittene Entscheidungen hat der Geltendorfer Gemeinderat in seiner Sitzung am Donnerstagabend wieder gekippt: Die Sperrung der Schulstraße soll aufgehoben werden, zugleich wurde jetzt doch der Bau eines ostseitigen Eingangs zum Gemeindekindergarten beauftragt, der im Sommer abgelehnt worden war.
Im Chiem- und Bodensee schon verschwunden
Obwohl sich die Wasserqualität des Sees inzwischen wieder verbessert hat und der Kilch seit Jahrzehnten nicht mehr befischt wird, konnte sich der Kilch-Bestand im Ammersee bis heute nicht wirklich erholen, wie Ernst berichtet. "Die Fischart ist derweil eine äußerste Seltenheit geworden und man ist froh, wenn im Jahr wenigstens ein Ammerseefischer von einem Kilch zu berichten weiß." Der weltweit einmalige Ammersee-Kilch stehe also am Rande des Aussterbens und es sei zu befürchten, dass ihn ein ähnliches Schicksal wie seinen Anverwandten in Chiemsee und Bodensee ereilt. Denn die dortigen Kilche seien längst ausgestorben.
Die Möglichkeiten, die Population durch Aufzuchtmaßnahmen zu stützen, seien praktisch nicht gegeben, denn die Erfolgsaussichten, laichreife Elterntiere zu fangen, sei praktisch gleich null. Eine Chance zur Rettung des Kilchs bestehe deshalb einzig darin, die Lebensbedingungen in der Tiefe des Ammersees wieder so zu verbessern, dass sie der Fischart einen geeigneten Lebensraum bieten. Denn die Erfahrungen auch beim Saibling, einem häufigen Fisch, der in ähnlicher Tiefe lebt, zeigen laut Ernst, dass die Bedingungen für die Fische dort offensichtlich nicht ideal sind.
Nur wenn sich dies ändere, werde sich der Kilch-Bestand eines Tages wieder erholen können. Voraussetzung hierfür sei freilich, dass es dann im Ammersee noch Kilche gibt. "Man kann also nur hoffen, dass sich die Population in den Tiefen des Ammersees auf dem sehr geringen Niveau stabilisiert hat."
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