
Kritik am Umgang mit den Demonstrationen in Landsberg

Plus Nach langem Hin und Her protestieren in Landsberg erstmals Gegendemonstranten gegen die Corona-Spaziergänger. Die Organisatoren der Gegendemonstration als auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann kritisieren das Vorgehen des Landratsamts.

Am Montagabend fand erneut ein unangemeldeter Protest der sogenannten Montagspaziergänger in Landsberg statt, die damit gegen die Corona-Maßnahmen demonstrierten. Einen erheblichen Unterschied gab es diesmal dennoch: Zum ersten Mal war eine Gegendemonstration zur gleichen Zeit angemeldet. Landrat Thomas Eichinger (CSU) rief mit Beginn der Versammlungen in einer Videobotschaft in den Sozialen Medien dazu auf, aufgrund der pandemischen Lage zu Hause zu bleiben. Gleichzeitig kritisierte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) das Vorgehen des Landsberger Landratsamts. Er äußerte sich im Gespräch mit unserer Redaktion zu den Vorkommnissen: „Eine nicht angemeldete Demonstration kann nicht Vorrang haben vor einer angemeldeten Demonstration. Das geht gar nicht.“
Viele Menschen beteiligen sich an den Protesten in Landsberg
Trotz des Appells aus dem Landratsamt waren am Montagabend laut Polizeiangaben wieder rund 1200 Teilnehmende der Montags-Spaziergänge und 250 Gegendemonstranten in der Landsberger Altstadt. Das Bündnis „Landsberg bleibt bunt“ hatte seine Demonstration nach längerem Hin und Her beim Landratsamt Landsberg noch am Sonntag anmelden können. Der Hellmairplatz vor der Stadtpfarrkirche wurde hierfür abgesperrt. Mit Schildern, Masken und Abstand füllten Protestierende kurz vor 18 Uhr den Platz zur Hälfte, während sich am Hauptplatz wieder einmal die Gegner der Corona-Maßnahmen versammelten. Mehrere Einsatzwagen versperrten in der Ludwigstraße den Weg zum Vorderanger, damit es nicht zu einem Aufeinandertreffen der zwei Gruppen kommen konnte. Sven Sautter stellte sich spontan als Ordner der Gegendemo zur Verfügung. „Ich war entsetzt, dass vergangene Woche so viele am Spaziergang teilgenommen haben“, sagt er. Generell hätte er kein Problem mit dem Protest, wenn keine Rechtsradikalen daran teilnehmen würden. Ähnlich sieht es Torsten G., der mit seiner Teilnahme an der Gegendemonstration „ein Zeichen gegen Rechts“ setzen möchte.
Es bleibt bei verbalen Auseinandersetzungen
In einem Telegram-Chat der „Spaziergänger“ war zuvor thematisiert worden, wie man „das Areal um die Stadtpfarrkirche meiden“ könne. Doch die Initiatoren von „Landsberg bleibt bunt“ hatten einen weiteren Versammlungsort mit der Sicherheitsbehörde und der Polizei vereinbart. Und so kam es doch zum Zusammentreffen der Gruppen. Entlang des Marienbrunnens, direkt am Hauptplatz gelegen, demonstrierten 50 Frauen und Männer. Als sich die Masse zu ihrem Spaziergang aufmachte, buhte die kleine Gruppe sie aus. „Nazis raus!“ und „Geht weg“-Rufe fielen. Die Stimmung war gereizt. Martina H. nahm am Spaziergang teil. Die Rufe und Plakate der Gegendemonstranten hielt sie für unüberlegt und intolerant. Entlang des Marienbrunnens kam es neben verbalen Auseinandersetzungen auch zu friedlichen Gesprächen. Andreas Plischka stand mit Maske und Protestschild am Marienbrunnen. Nur das dünne Absperrband trennte ihn von Spaziergänger Thomas Rinklake. Die beiden Landsberger tauschten Argumente aus. „Man sollte sich trotzdem miteinander unterhalten können“, bekräftigte Rinklake.
Offenbar blieb es bei verbalen Entgleisungen von beiden Seiten. Insgesamt verlief der Aufzug aus polizeilicher Sicht weitestgehend störungsfrei. Die Mehrzahl der Teilnehmenden habe die geltenden Vorschriften befolgt, hieß es. Nur vereinzelt musste während des Aufzugs auf die Einhaltung der Abstandsregeln hingewiesen werden. Die Polizeiinspektion Landsberg war mit größtmöglicher Stärke vor Ort und wurde zudem durch einen Zug der Bereitschaftspolizei unterstützt, wie es im Pressebericht im Anschluss hieß. Polizeihauptkommissarin Anita Graf, Einsatzleiterin, erklärt: „Es war Ziel der Polizei, dass die Teilnehmenden beider Versammlungen störungsfrei nebeneinander ihre Meinung zum Ausdruck bringen konnten. Bei gleichzeitiger Wahrung der notwendigen Hygienevorschriften. Dies ist weitgehend gelungen.“

"Landsberg bleibt bunt"-Organisatoren sind nach Demo frustriert
Viele Spaziergänger trafen sich zum Abschluss wieder am Hauptplatz. Die Polizei forderte die Menge zweimal dazu auf, die Abstände einzuhalten, dem schließlich Folge geleistet wurde. Unabhängig davon erklärten die Einsatzkräfte die Versammlung gegen 19.30 Uhr für beendet. Anderslautenden Medienberichten, dass man die Versammlung aufgelöst habe, widerspricht die Polizei. Auch der SPD-Ortsverein Fuchstal/Kinsau beteiligte sich an der Demonstration und erhebt in einer Pressemitteilung Vorwürfe: „Der eine oder andere Spaziergänger“ habe den Gegendemonstranten einen Hitlergruß gezeigt. Hitlergrüße seien von der Polizei nicht festgestellt worden, sagt hingegen Einsatzleiterin Graf.
Die Organisatoren von „Landsberg bleibt bunt“ zeigten sich über die Umstände der Demonstration unzufrieden. Die Polizei habe während des Protests „ohne Begründung“ die Anzahl der Teilnehmenden am Marienbrunnen von 50 auf 25 Personen halbiert. Einsatzleiterin Graf nannte als Grund nicht eingehaltene Mindestabstände. Schließlich sei nur eine Menschenkette um den Marienbrunnen angemeldet gewesen. Kommenden Montag, kündigt Versammlungsleiter Manuel S. an, wolle man wieder ein Zeichen setzen und das Landratsamt damit in Zugzwang bringen. Ob dann auch wieder die Corona-Spaziergänger unterwegs sind?
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