Apfel, Nuss und Mandelkern mögen alle Kinder gern. Aber auch Erwachsene freuen sich über Weihnachtsgeschenke, und diese hat es zum vergangenen Weihnachtsfest für rund 350 Seniorinnen und Senioren auch wieder von der Gemeinde Greifenberg gegeben. Im Gemeinderat teilten jedoch nicht alle die Freude darüber. Das lag daran, dass der kleinen Aufmerksamkeit eine Karte beilag, auf der auch erwähnt war, wer die Geschenke gepackt hatte: nämlich Mitglieder der Wählergemeinschaft „L(i)ebenswertes Dorf“ (LWD) von Bürgermeisterin Patricia Müller. Bei einigen Gemeinderatsmitgliedern wurde das als „Wahlwerbung“ empfunden.
Nicht zum ersten Mal sind damit Weihnachtsgaben der Gemeinde zum Politikum in Greifenberg geworden. Vor einem Jahr ging es um die Aufmerksamkeiten, die die Bürgermeisterin den Gemeinderatsmitgliedern zukommen ließ. Das konnte mal eine Flasche Wein sein, 2023 war es ein Sachertörtchen im Wert von 14 Euro. Auf Antrag von Gemeinderat Klaus Röder schaffte das Gremium mit Mehrheitsbeschluss diese Weihnachtsgaben vor einem Jahr ab, stattdessen sollte künftig eine Spende an SOS-Kinderdorf geleistet werden.
Der Text auf der Karte erregt bei mehreren Gemeinderatsmitgliedern Anstoß
Heuer nun gerieten die Weihnachtsgaben für alle Greifenbergerinnen und Greifenberger, die älter als 70 Jahre sind, ins Blickfeld. Die Weihnachtspäckchen beinhalteten eine Schale, einen Lebkuchen, Mandarinen, Äpfel und Nüsse sowie weitere Süßigkeiten im Wert von 4,56 Euro, wie aus der Sitzungsvorlage hervorgeht. Der Stein des Anstoßes war dabei eine beigelegte und von der Bürgermeisterin sowie vom Seniorenbeauftragten Fritz Schuller unterzeichnete Karte. Auf dieser wurde unter anderem erwähnt, wer die Päckchen geschnürt und ausgetragen hat: „Mit viel Herz und Engagement haben die Mitglieder des LWDs dieses für Sie zusammengestellt und bringen es Ihnen mit ebenso großer Herzlichkeit persönlich vorbei.“
Mit einem von sechs Gemeinderatsmitgliedern unterschriebenen Antrag kam die Angelegenheit jetzt auf die Tagesordnung des Gemeinderats. Darin heißt es, dass die Weihnachtsaktion zwar erfreulich und dankenswert sei, das Anschreiben werde aber von etlichen Gemeinderatsmitgliedern und Bürgern missbilligt. „Durch die offensichtliche Werbung für die Wählergruppe LWD geht verloren, dass die Grüße im Namen der Gemeinde ausgesprochen werden müssen. Insbesondere, da die Finanzierung durch die Gemeinde getragen wird“, heißt es in dem Antrag.
2021 war schon einmal zu Weihnachten von Wahlwerbung die Rede
Die Unterzeichner erinnern auch daran, dass zu Weihnachten 2021 schon einmal der Versuch unternommen worden sei, für die LWD Werbung zu machen. Damals wurde sogar die Rechtsaufsicht im Landratsamt bemüht: „Dürfen im Namen der Gemeinde von den Referenten für Senioren an alle Senioren über 65 Jahren versendete Grüße zu Weihnachten mit offensichtlicher Wahlwerbung, sprich mit LWD gekennzeichneten Blöcken und Kugelschreiben versendet werden?“, lautete die Frage der Kritiker.
Die Rechtsaufsicht ließ damals wissen: „Die Seniorenbeauftragten der Gemeinde treten mit dieser Veröffentlichung im Auftrag und im Namen der Gemeinde in Erscheinung. Sie unterliegen dem sogenannten Neutralitätsgebot, wonach sich Mandatsträger/Ehrenamtliche in Ausübung ihres Amtes neutral verhalten müssen. Mit dem Beifügen der LWD-Artikel wird dieses Gebot verletzt. Würden aktuell Kommunalwahlen anstehen, so könnte hierin eine unzulässige Beeinflussung nach Art. 20 Abs. 1 GLKrWG liegen, die zur Ungültigkeit der Wahl führen kann“, lautete die rechtliche Einschätzung zu dem damaligen Fall.
Die Bürgermeisterin sagt, sie habe keine Sekunde an Wahlwerbung gedacht
Nachdem in den Weihnachtspäckchen auch dieses Mal die LWD textlich in Erscheinung getreten ist, wollten die Antragsteller nun im Gemeinderat drei Fragen geklärt haben: Wie kann das Vorgehen korrigiert werden? Wie wird künftig Wahlwerbung mit durch die Gemeinde finanzierten Grüßen und Geschenken vermieden? Können zum Beispiel wechselweise die Vereine zur Mitwirkung motiviert werden?

Bei den Weihnachtspäckchen dieses Jahres, betonte Bürgermeisterin Patricia Müller gegenüber unserer Redaktion, „habe ich keine Sekunde an Wahlwerbung gedacht“. Die Helferinnen und Helfer des LWD habe sie „ohne Hintergedanken“ auf der Karte genannt, „ich wollte deren Engagement würdigen“, sagt Müller. Das hätte sie auch gemacht, wenn diese von einem anderen Verein gekommen wären.
Wer in diesem Jahr zum Geschenkpacken eingeladen ist
Das Thema habe sich im Gemeinderat recht schnell „in Wohlgefallen aufgelöst“, berichtete Müller aus der Sitzung. Denn aus dem Gremium kam der Vorschlag, dass ab dem nächsten Weihnachten doch alle Gemeinderatsmitglieder die Päckchen zusammenstellen und an die Senioren verteilen sollen. Und genau so sei das Gremium verblieben.
Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden