Union und SPD haben bei der Grundsteuer einen vernünftigen Kompromiss gefunden. Aber hat die Koalition damit die Zweifel an ihrer Handlungsfähigkeit ausgeräumt?
Der Großen Koalition scheint die Quadratur des Kreises gelungen zu sein. Mit ihrer Einigung auf eine Reform der Grundsteuer hat sie sich jedenfalls in vielen kleinen Schritten auf eine Lösung zubewegt, die in den letzten Wochen, wenn auch nicht undenkbar, so doch in ganz weite Ferne gerückt schien. In einer Marathonsitzung bis in den frühen Montagmorgen hinein einigten sich die Parteien auf eine Kernforderung der Union: Die Ländern sollen über sogenannte Öffnungsklauseln mehr Spielraum bei der Erhebung der Grundsteuer bekommen.
Damit kann die Reform bereits kommende Woche im Bundestag in erster Lesung beraten werden und die Chancen stehen gut, dass die neue Grundsteuer zum Ende des Jahres fertig ist. Das drohende Szenario einer Bundesrepublik ohne Steuern auf Grundstücke, inklusive Mindereinnahmen in Milliardenhöhe, dürfte damit abgewendet sein. Diese Situation hätte ohne Einigung gedroht, denn nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts muss die Grundsteuer bis Jahresende reformiert werden, weil sie derzeit auf jahrzehntealten Berechnungsgrundlagen beruht. So wird im Westen auf Werte aus 1964, im Osten gar auf Werte aus 1935 abgestellt.
Grundsteuer: Eine Niederlage für Olaf Scholz?
Die Öffnungsklausel im neuen Gesetz wird auf Drängen von CDU und CSU eingeführt. Ein erster Denkimpuls wäre jetzt, daraus eine Niederlage für Finanzminister Olaf Scholz und seine SPD zu machen. Denn Scholz hatte Öffnungsklauseln zunächst abgelehnt.
Doch zur Wahrheit gehört, dass die Öffnungsklausel auch in der CDU Gegner hatte. Der jetzt vorliegenden Einigung ging also auch eine Verständigung in den eigenen Reihen voraus, und man sollte sie deshalb nicht als Niederlage von irgendwem, sondern als Ergebnis eines demokratischen Diskussionsprozesses innerhalb der Regierungsparteien sehen. Dass Scholz nachgegeben hat, macht ihn eher zum Gewinner. Zumal CDU und CSU der SPD offenbar beim Solidaritätszuschlag entgegenkamen, um diesen Kompromiss möglich zu machen. Der Soli soll nun doch nur für 90 Prozent der Zahler abgeschafft werden. Die Union wollte ihn eigentlich komplett streichen.
Die drei Regierungsparteien werten die Einigung als Beleg für die Arbeitsfähigkeit der Großen Koalition. Das ist nachvollziehbar, auch wenn beispielsweise beim wichtigen Thema Grundrente eine Einigung noch auf sich warten lässt. Nun müssen allerdings weitere Taten folgen, um aus dem ersten Eindruck eine Gewissheit zu machen. Leicht wird das nicht.
Bloß kein Bürokratiemonster bei der Grundsteuer-Reform!
Denn Union und SPD müssen für die Grundsteuer-Reform noch viele Details regeln. Dazu gehört eine differenzierte Betrachtung von Privat- und Industriegrund–stücken. Für die Novelle braucht es eine Grundgesetzänderung und dafür wiederum sind in Bundestag und Bundesrat Zwei-Drittel-Mehrheiten erforderlich. Und es gilt eine Aufgabe zu stemmen, die wohl noch schwerer zu bewältigen ist: Die neue Grundsteuer darf kein Bürokratiemonster werden, so haben es die Koalitionäre versprochen.
Darüber hinaus hat die Grundsteuer noch eine weitere, von ihrer monetären Funktion völlig losge–löste Bedeutung: Die Reform ist der Gradmesser für die Handlungsfähigkeit der Großen Koalition. Die Abgeordneten müssen die dem Schriftsteller Mark Twain zugesprochene Weisheit widerlegen, dass niemals etwas fertig werden würde, wenn es die letzte Minute nicht gäbe. Die Koalition muss also beweisen, dass sie nicht einfach nur vor dem vom Verfassungsgericht gesetzten Zeitdruck eingeknickt ist. Union und SPD sollten schleunigst Inhalte liefern. Anderenfalls sind sie unglaubwürdig und liefern allen Grund für Neuwahlen.
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(edit/mod)
Es handelt sich hier lediglich um eine "Kann-Regelung" . Das bedeutet , keine Stadt oder Gemeinde ( denn diese sind ja die eigentlichen Kapitäne des Dampfers "Grundsteuer") kann dazu gezwungen werden , auf höhere Grundsteuersätze (und damit auch höhere Mieten) zu verzichten .
Gerade die (zumeist sowieso von SPD, Grünen und Linken regierten) Pleiten-Städte werden natürlich nicht auf die höheren Sätze verzichten , um an Geld zu kommen .
Oder es kommt dann zu einem Deal , daß bei Verzicht auf die Höherbewertung das jeweilige Bundesland den Ausfall kompensiert . Aber auch dies geht dann zu Lasten des Steuerzahlers, der diese dann auf Dauer höheren Aufwendungen durch höhere Steuern wird bezahlen müssen .
So oder so - durch die SPD-Scholz-Reform wird Wohnen und Mieten in Deutschland noch teurer - und dies deutlich .
Dagegen stehen bleibt der Wortbruch der Politik, den Solidaritätszuschlag abzuschaffen . Denn diese Steuer wurde für Alle eingeführt .Dann muß er auch für Alle wieder abgeschafft werden .
Hat sich Herr Lange für die Nachhilfe schon bei Ihnen bedankt?
Die rotgrün regierten Bundesländer können gerne auf die Öffnungsklausel verzichten und den Bürgern die „faire“ SPD Regelung belassen. Das wird sehr unterhaltsam.
Wenn die SPD-Fraktion nicht von allen guten Geistern verlassen ist, verhindert sie diesen neuerlichen CSU-Unfug mit einem Nein zu der notwendigen Grundgesetzänderung, schickt ihre Unterhändler inkl. Scholz schleunigst in die Wüste und beendet diese Koalition mit Anstand..
Immer wenn Dobrindt süffisant grinsend an keinem Mikrophon vorbeikommt, ohne seine Sprüche abzusondern, ist sowieso allergrößtes Misstrauen angebracht.
Das Grundstück mit Häuschen des Rentners an einer viel befahrenen Durchgangsstraße wird in Bayern genauso besteuert wie das Grundstück mit Riesenvilla und Seezugang am Ostufer des Starnberger Sees bzw. ähnlicher Luxuslagen! Das war es ganz sicher nicht, was das BVG erreichen wollte. Die derzeit gültige Regelung mit den veralteten Einheitswerten wäre da noch deutlich gerechter.
Eine Besteuerung völlig unabhängig von Wert und Lage des Grundstücks samt Bebauung nur nach der Größe - auf solchen Irrsinn können nur die Marionetten der vermögenden bay. Schickeria von der CSU kommen.
Die Grundsteuer ist keine Vermögenssteuer sondern eine den Städten und Gemeinden zufließende Steuer für div. kommunale Dienstleistungen. Darum wird diese auch auf die Mieter umgelegt.
PETER P.:
Wer profitiert von kommunalen Aktivitäten /z. B. Verbesserungen der Infrastruktur) vor allem - die Besitzer durch Wertsteigerung - keinesfalls die Mieter. Deshalb die Umlage der Grundsteuer auf die Mieten einfach verbieten.
Gleichmacherei und damit Zentralismus sind alte Anliegen des Sozialismus und funktionieren schon seit 150 Jahren nicht. Somit hier einmal ein Sieg der Vernunft.
MARKUS STADLER:
Gleichmacherei ist exakt das, was die CSU mit der Grundsteuer vorhat und vermutlich ähnlich wie die Ausländermaut enden wird.
Oder halten Sie Gleichmacherei immer dann für angebracht, wenn sie der Oberschicht nützt?
(edit/mod)
Die Grundsteuer wird in Bayern für alle - Sie nennen es Schichten - durchschnittlich niedriger sein. Das kennen wir schon von der Grunderwerbsteuer - niedrigster Steuersatz in Deutschland.
Für verschieden hohe Einkommen gibt es die Einkommensteuer mit Spitzensteuersatz und steuerfreien Grundbeträgen.
(edit/mod)