
Neue Bauordnung sorgt in den Gemeinden für hitzige Debatten

Plus Wie schon in Wiedergeltingen ist die Änderung auch in Buchloe umstritten. Dort soll jetzt eine eigene Satzung zum Abstandsrecht beschlossen werden.
Jede Menge Kritik übten die Mitglieder des Buchloer Bauausschusses an der Novelle der Bayerischen Bauordnung. Wie berichtet, soll diese am 1. Februar in Kraft treten und regelt – unter anderem – das Abstandsrecht neu.
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Dies hatte zuletzt auch in Wiedergeltingen im Gemeinderat für hitzige Diskussionen gesorgt: Während Bürgermeister Norbert Führer eine eigene Satzung wollte, stemmten sich mehrere Gemeinderatsmitglieder vehement dagegen. In Türkheim ließ die neue Bauordnung die Gemüter kalt: Eine eigene Satzung könnte die Behandlung von Bauanträge nur unnötig verkomplizieren und sei daher nicht gewollt, so die dortige Meinung.
Der Freistaat räumt den Kommunen ein Mitspracherecht ein
Immerhin: Der Freistaat räumt Kommunen ein Mitspracherecht ein. Denn der Gesetzgeber sieht auch, dass die Wohnqualität und damit der Wohnfrieden durch zu enges Bauen beeinträchtigt sein kann. Sind die Gemeinden mit den neuen Abstandsregelungen nicht einverstanden, können sie stattdessen eigene Satzungen erlassen.
Dass auch die Stadt Buchloe diesen Weg gehen wird, zeichnete sich in der jüngsten Bauausschusssitzung bereits ab. Eine Entscheidung wird aber erst der Stadtrat in seiner Sitzung am Dienstag, 2. Februar, treffen.
Wie berichtet, möchte der Freistaat das Thema bauliche Nachverdichtung vorantreiben. Minimiert werden soll auch der Flächenverbrauch, erläuterte Barbara Tugemann, die neue Leiterin des VG-Bauamts. Um die Regeln besser zu veranschaulichen, hatte sie eigens ein kleines Pappmodell mitgebracht.
Bislang gilt: Ist ein Haus zehn Meter hoch, müssen auf den beiden Giebelseiten zehn Meter Abstand zur Grundstücksgrenze eingehalten werden und die Hälfte der Traufhöhe auf den beiden anderen Seiten. In Zukunft müssten Bauherren in diesem Beispiel rundherum auf jeder Seite nur noch vier Meter Abstand sicherstellen. Was sich nicht ändert, ist der Mindestabstand zur Grundstücksgrenze: Der bleibt bei drei Metern.
Greifen kann die Regel laut Barbara Tugemann dort, wo es keinen Bebauungsplan mit eigenen Festsetzungen gibt – also vor allem im klassischen innerörtlichen Bereich. Dort gilt auch in Zukunft: Das Gebäude muss sich in die bestehende Umgebung einfügen.
Kommunen sehen sich vor "vollendete Tatsachen" gestellt
„Die Kommunen sind die Leidtragenden“, meinte Franz Lang (FW) zur neuen Berechnungsmethode der Abstände. Er machte sich deshalb dafür stark, „eine Satzung für die Bürger und nicht für die Bauträger“ zu erlassen. Von einer „Erpressung – fast“ sprach Rudolf Grieb (UBI). Die Kommunen würden durch die neue Bauordnung vor vollendete Tatsachen gestellt. Deshalb solle Buchloe „so schnell wie möglich“ eine eigene Satzung erlassen. Dem schloss sich auch Bürgermeister Robert Pöschl an: „Wir sollten sehr zeitnah entscheiden und durch ein Zögern keine unterschiedlichen Rechtspositionen schaffen.“
Das „sozial verträgliche Miteinander“ müsse durch eine eigene Satzung gefördert werden, meinte Thomas Reiter (FDP). „Entsetzt“ über die Novelle zeigte sich Elfi Klein (Grüne): „Da wurde etwas übers Bein gebrochen.“ Lediglich Benjamin Leinsle (CSU) konnte der Novelle auch etwas Gutes abgewinnen: „Der Gesetzgeber lässt uns damit mehr Entscheidungsfreiheit. Jetzt muss jeder von uns überlegen, wie er im Stadtrat entscheidet.“
Die Grundlage einer eigenen Satzung bietet eine Mustersatzung des Bayerischen Gemeindetags.
Städte über 250000 Einwohner – also München, Nürnberg und Augsburg – müssen die Novelle übrigens nicht umsetzen, sondern bekommen Zeit, sich Konzepte zur Nachverdichtung zu überlegen. Denn Städte als Verdichtungsräume sollen nicht zu stark zugebaut werden, so die Idee der Staatsregierung.
Zeit lässt die neue Bauordnung den anderen Kommunen hingegen kaum. Sie wurde – entgegen den Stellungnahmen des Städte- und Gemeindetages – im Dezember im Landtag beschlossen und soll schon ab 1. Februar gelten – ohne Übergangsfrist. „Das hat die Kommunen doch sehr überrascht“, sagt Bauamtsleiterin Tugemann.
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