i
Foto: dpa / Marijan Murat
Foto: dpa / Marijan Murat

Die Kinderstation im Klinikum Memmingen ist in diesen Tagen voll, teils überbelegt. Infektionskrankheiten treffen Mädchen und Jungen derzeit härter als früher. Vor allem das RS-Virus, das die oberen und unteren Atemwege befällt, sorgt für einen Ansturm auf das Krankenhaus.

Memmingen
07.12.2022

Kinderstation am Klinikum Memmingen ist überlastet

Von Andreas Berger

Viele Kinder sind krank, teils treffen sie Erkältungen härter als sonst. Im Klinikum Memmingen bedeutet das: lange Wartezeiten, volle Zimmer, überlastetes Personal.

Leidende Kinder, verzweifelte Eltern, überlastetes Personal: Die Kinderstation im Klinikum Memmingen ist derzeit voll, teilweise überbelegt. Der Grund sind vor allem Erkältungsviren. Die „Flut an Patienten ist kaum noch zu beherrschen“, sagt Kinderklinik-Chefarzt Prof. Dr. David Frommhold. Auch die Kinder-Notaufnahme sei überlastet. Doch nicht jeder Patient sei ein Notfall.

Weiterlesen mit dem PLUS+ Paket
Zugriff auf alle PLUS+ Inhalte. Jederzeit kündbar.
JETZT AB 0,99 € TESTEN
  • RS-Virus und andere Infektionskrankheiten: „Zahlreiche Eltern stellen gerade fest, dass ihre Kinder viel häufiger und auch schwerer krank sind als früher.“ Corona habe auch etwas damit zu tun: „Weil aufgrund der Pandemie das Immunsystem vieler Kinder durch strenge Hygienemaßnahmen kaum trainiert wurde, treffen nun altbekannte Erkältungsviren der kalten Jahreszeit, beispielsweise das RS-Virus, bei Kindern auf ein geschwächtes Immunsystem“, sagt Frommhold. RS-Virus steht für Respiratorisches Synzytial-Virus (RSV). Es befällt die oberen und unteren Atemwege. Bei älteren Kindern verlaufe die Erkrankung oft milde bis symptomlos. Bei Kleinkindern könnten Symptome wie bei einer Grippe auftreten: Fieber, Abgeschlagenheit, Schnupfen, Husten. Noch stärker könne es bei Säuglingen sein: Oft müssten sie im Krankenhaus unter anderem mit Sauerstoff behandelt werden. Viele müssten dann sieben bis zehn Tage in der Klinik bleiben. Ähnlich wie 2021 rolle eine gewaltige Infektwelle durchs Land und überrolle die Kinderkliniken. Vermutlich auch wegen des warmen Herbstes gibt es diese Probleme: Viele Kinder werden erst jetzt bei niedrigeren Temperaturen krank. Früher hätten sich die Fälle auf eine längere Zeit verteilt.
  • Lange Wartezeiten: „Die Stationen sind voll oder überbelegt, in der Notaufnahme sind so viele Patienten, dass sich die Wartezeiten immens verlängern“, sagt Frommhold. Dass es zu wenig Personal gibt, erschwere die Situation. Zu Stoßzeiten könne es vorkommen, dass nicht alle Patienten aufgenommen werden können und an andere Kliniken verwiesen werden. „Ich kann sehr gut verstehen, dass sich Eltern gerade in der jetzigen Zeit Sorgen um ihr krankes Kind machen, aber es gehört zur Entwicklung des Immunsystems, dass es sich mit verschiedenen Krankheitserregern auseinandersetzt.“
  • Notaufnahme für schwerstkranke Patienten: Die Notaufnahme der Kinderklinik habe die Aufgabe, „schwerstkranke Patienten zur stationären Behandlung aufzunehmen“. Dort würden also Kinder untersucht und behandelt, die aus Sicht der Eltern „als stationär behandlungspflichtig“ eingeschätzt werden. „Wir beobachten seit Wochen eine übermäßige Inanspruchnahme der Kindernotaufnahme mit Überlastung der Kinderklinik. Kommen Eltern mit ihren kranken Kindern, ohne zu überlegen, zu jeder Tages- und Nachtzeit in unsere Klinik, sind wir schnell überlastet und nicht mehr in der Lage, alle Patienten angemessen zu behandeln.“ Das gefährde unnötig Menschenleben.

Infektwelle: Wann mit dem Kind wohin?

Eltern können helfen, die Situation in der Kinder-Notaufnahme zu entzerren, wenn sie einige Dinge beachten, sagt Prof. Dr. David Frommhold. 

  • Wann mit dem Kind in die Notaufnahme? Eine pauschale Antwort sei nicht leicht. Einige Warnzeichen gebe es aber. Etwa, wenn ein Säugling extrem angestrengt atmet, längere Atempausen hat oder blau anläuft, müsse er zügig in die Notaufnahme. Kleinkinder mit Fieber und laufender Nase seien keine Notfälle.
  • Wann zum Kinderarzt? „Brauchen die Eltern ärztlichen Rat, sollte gerade in der aktuellen Zeit mit Ruhe der richtige Arzt zur richtigen Zeit aufgesucht werden.“ Eltern sollten also zunächst zu einem niedergelassenen Arzt fahren. Ein Kinderarzt könne bestimmen, ob ein Kind ins Krankenhaus muss oder zuhause behandelt werden kann.
  • Wer keinen Kinderarzt hat: In Zeiten des Ärztemangels gibt es auch solche Fälle. Dann könne der Hausarzt der Eltern weiterhelfen. Wobei Kinderärzte bemüht seien, zumindest Säuglinge immer zu behandeln. Auch dann, wenn das Baby keinen festen Kinderarzt hat.
  • Einfache Mittel: Wenn ein Kind Symptome habe wie Fieber, Husten, Schnupfen, Durchfall, sei das in den meisten Fällen kein Notfall. Oft würden schon einfache Mittel helfen wie fiebersenkende Arznei, viel Flüssigkeit, Ruhe.
  • Kein Notfall, aber wohin? Wochentags, 8 bis 18 Uhr: Kinderarzt. Wochenenden, Feiertage, 9 bis 15 Uhr: Kinderärztliche Bereitschaftspraxis, Bismarckstraße 23, Memmingen. Außerhalb dieser Zeiten: Kassenärztlicher Notdienst, Tel. 116-117.


Facebook Whatsapp Twitter Mail