
Warum ein Salgener einen Ultra-Radmarathon bewältigen will

Plus Daniel Kreher war mit dem Rad schon am Nordkap und in der Wüste. Im Sommer will er von Wien nach Barcelona radeln. Dafür trainiert er mit ausgefeilter Technik.

Daniel Kreher liebt die Freiheit, die schier unendlichen Weiten der Wüste oder des Nordkaps. Fotos im Treppenaufgang seines Hauses in Salgen zeugen davon. Knapp 50 Länder habe er schon bereist, sagt der 34-jährige Familienvater. Kunstvolle Fotos zeigen die Arbeiten in einer Ziegelei in Bangladesch oder ein einsames rotes Zelt im Schnee unter dem grünlichen Polarlicht.
Es sind weniger die Touristenmetropolen, als vielmehr unberührte Ecken der Welt, die Kreher fotografisch festhält. Und er mag das Extreme: Früher machte er Triathlon, den sportlichen Dreiklang aus Schwimmen, Radfahren und Laufen. Mittlerweile hat er sich auf das Radfahren spezialisiert. „Da liegen einfach meine Stärken.“ Doch auch hier ist es nicht einfach mit sommerlichen Familienausflügen zum nächsten Weiher getan.
Mit Frau und Kindern ans Nordkap
2018 radelte Familie Kreher – Daniel und seine Frau Steffi mit zwei der mittlerweile drei Töchter im Fahrradanhänger – vom norwegischen Trondheim aus ans Nordkap. Im vergangenen Jahr benötigte er für genau 724 Kilometer von Hamburg nach Salgen nur 36 Stunden. Seit 2020 ist er zudem aktives Mitglied beim Velo Club Mindelheim und trainierte regelmäßig unter Gleichgesinnten.
Für sein nächstes Projekt aber bereitet er sich intensiv in seinem Keller vor. Was wie ein Widerspruch kling – hier die große Freiheit, dort der spartanisch eingerichtete Raum mit einem Fenster, einer Dusche und einer holzverkleideten Wand – ist dank moderner Technik die perfekte Möglichkeit, sich auf einen sogenannten Ultra-Marathon vorzubereiten. Denn Daniel Kreher hat sich für ein Rennen im Sommer angemeldet. Von Wien geht es nach Barcelona. „2600 Kilometer und 32.000 Höhenmeter“, sagt er.
Für das große Ziel wird im kleinen Kellerraum trainiert
Trainieren wird Kreher dafür zuhause, auf einem sogenannten Smart-Trainer. Eine technische Weiterentwicklung des Rollentrainers, den viele Radsportler zum Training zuhause nutzen. Statt das Hinterrad des Rennrads komplett auf eine Rolle zu montieren, wird es beim Smart-Trainer abmontiert und lediglich die Kette über die am Gerät montierte Kassette gelegt.

Dieser „Kassettentrainer“ hat nun mehrere Vorteile im Vergleich zum Rollentrainer. „Es ist viel leiser“, sagt Daniel Kreher. Außerdem kann man sein Rad nun über spezielle Apps mit virtuellen Plattformen wie etwa Zwift vernetzen – was weitere Vorteile bringt: Man trainiert unabhängig von Wetter und Tageszeit, ist sicher vor Verkehr und Unwägbarkeiten wie regennasse Straßen, und kann das Training anhand der Daten genau steuern.
Vor allem die Leistungsmessung (Watt pro Kilogramm Körpergewicht) und die Widerstandskontrolle machen das Training so realistisch, wie möglich. Auch ist die Simulation von Steigungen, Straßenoberflächen oder dem Wetter möglich. Nur auf den Fahrtwind muss Kreher verzichten: „Dafür habe ich mir einen Ventilator reingestellt. Man schwitzt einfach brutal ohne Fahrtwind“, sagt er.
Von Salgen aus mit der Radsport-Community verbunden
Erhöht wird der Spaßfaktor durch Online-Plattformen wie Zwift, bei der man sich innerhalb der Community mit anderen Fahrern auf verschiedenen virtuellen Strecken sportlich messen kann. Sogar internationale Wettkämpfe sind möglich. Kreher, der seit einem Jahr Mitglied beim Velo Club Mindelheim ist, schätzt diese Funktionen sehr: „Man kann mit den Teamkollegen ein Rennen ausmachen und die Leistung der anderen sehen“, sagt er.

Es gebe zwar auch Nachteile, beispielsweise die Kosten (ein Smart-Trainer kostet zwischen 500 und 1300 Euro), oder die mentale Belastung. „Man fährt ja immer auf der Stelle. Das normale Fahrerlebnis mit Natur, Kurven und Wetter fehlt“, sagt Kreher. Doch als Ergänzung für ein Training, gerade im Winter, sei es perfekt. „Jemand, der nicht ambitioniert Rennrad fährt, wird mit einem Smart-Trainer nicht glücklich werden“, meint Kreher.
Das Workout vor der eigentlichen Arbeit
Er teilt sich immer am Wochenende seine nächste Trainingswoche ein. „Dabei trainiere ich Grundlagen: Ich fahre Intervalle, mache Kraft- und Ausdauertraining.“ Zwei, drei Mal pro Woche trainiert er früh morgens und nüchtern, also ohne etwas gegessen zu haben, auf dem Smart-Trainer. Sein Körper will an die Strapazen des anstehenden Ultra-Marathons gewöhnt werden. „Oft stehe ich um fünf Uhr morgens auf, setzte mich im Keller auf’s Rad und trainiere eine Stunde.“ Workout vor der Arbeit also.
Schon bei seiner Hamburg-Salgen-Fahrt hat er Erfahrungen mit dem Schlafentzug gemacht. Damals reichten ihm drei Mal zehn Minuten Powernapping, um in 36 Stunden anzukommen. Den Ultra-Marathon will er in einer Woche schaffen. „Ich habe ausgerechnet, dass ich dafür jeden Tag 20 Stunden auf dem Rad sitzen muss.“ Alle 100 Kilometer könnte er für eine Viertelstunde Pause machen, um einzukaufen oder auszutreten. Denn die Regeln des Rennens sehen vor, dass die Fahrer komplett auf sich allein gestellt sind – ohne Begleitpersonal. „Du musst dein ganzes Zeug dabei haben“, sagt Kreher. Das an sich ist schon eine Herausforderung. Doch dieser wird er sich erst in den Tagen vor dem Start im Juli stellen.
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