
Eiskünstler am Neu-Ulmer Petrusplatz: Wer hat diese Skulpturen gezaubert?

Plus Am Wochenende sind sie aufgetaucht, am Neu-Ulmer Petrusplatz: Kunstvolle Figuren aus Eis, eine Venus und ein Männchen in einem Kasten. Wer dahinter steckt.

Da steht sie nun und lächelt, ganz versonnen, die Hände wie zum Gebet gefaltet und den Blick gesenkt. Diese Figur ist ganz und gar aus Schnee und Eis und sie wirkt ein bisschen wie die Schwester der Venus von Willendorf. Füllig, weiblich, rund. Als am vergangenen Wochenende solche Figuren rund um den Petrusplatz auftauchten, da staunten viele Bauklötze. Oder besser: Eisklötze. Wer steckt hinter diesen Figuren?

Der Verein Kunstbau Neu-Ulm bringt die Kunst in den öffentlichen Raum
"Wir haben spontan auf den Schnee reagiert", sagt Richard Géczi. Er ist einer der Künstler, die diese Figuren geschaffen haben. Richard Géczi, sein Sohn Emil, dazu Emil Kräß und Alberto Rudolfi. Allesamt gehören sie zum Ulmer und Neu-Ulmer Künstlerkollektiv Kunstbauraum. "Das ist ein Signal, mit dem wir zeigen wollen, dass wir noch da sind", erklärt Géczi. Ziel des Vereins: Künstlern Arbeit und Aufträge zu vermitteln, Arbeitsplätze zu schaffen - in diesen Lockdown-Zeiten eine echte Herausforderung.
"Eigentlich machen wir solche Skulpturen jedes Jahr in Oberstdorf, bei einem Eis- und Schneeskulptur-Symposium", erzählt Géczi. Und nun blicken die Augen der Neu-Ulmer auf seine Kunst. "Viele sind stehengeblieben, haben ein Selfie mit den Figuren geschossen." So verstrickten sich Passanten und Eisbildhauer ins intensive Gespräch, über die Kunst.
Wir haben auf Facebook gefragt: Wie sollen die Eisskulpturen heißen?
Wie sollen diese Skulpturen heißen? Die Venus ist eine glasklare Anspielung, das bestätigt Géczi - aber welchen Namen könnte man dem Mann im Kasten, von Alberto Rudolfi, geben? Die Facebook-Freunde der Neu-Ulmer Zeitung hatten da ein paar Ideen: "Isolation", "Home Office", "Stillstand", "Ausgangssperre" und "Quadratur des Mannes".
Schnee ist vergänglich und das Eis nur am Polarkreis ewig - und wie lange noch, ist die Frage. Aber genau diese Vergänglichkeit inspiriert die Künstler. Der Clou: Kräß und Géczi arbeiten beide als Steinmetze in der Bauhütte des Ulmer Münsters, sie schaffen Werke aus Stein, die Jahrhunderte überdauern könnten. Aber in ihrer freien Zeit, als Künstler? Da schnitzen sie Ideen ins Eis. "Das ist der Reiz, in kurzer Zeit eine riesen Figur zu schaffen", sagt Géczi. Aber natürlich blute einem ein wenig das Herz, wenn die Schmelze einsetzt und das Werk zerfließt.
Neu-Ulmer Eisskulptur-Kunst mit Spachtel und Spaten
Begonnen haben die Männer ihr Werk schon am Tag zuvor, bevor sie am Petrusplatz mit dem Schnitzen begannen. Um wuchtige, große Eisblöcke zu formen, hätten sie Türen mit Spanngurten zusammengeschnürt, erzählt der Bildhauer - dann das Eis mit aller Kraft in die Form gestampft und gepresst. Ihre konkrete Formen schnitzten die Künstler dann am Platz mit Spachtel und Spaten.

Der Verein hat seinen Sitz in Neu-Ulm, im Studio Max, Maxgasse 5. Das Künstlerkollektiv veranstaltet regelmäßig Wettbewerbe, einmal im Jahr, im Juni und Juli, auch eine Ausstellung in der Caponniere. Géczi hofft, dass die Kultur im Jahr 2021 wieder etwas an Freiraum und Sicherheit gewinnt. Dass es kein frostiges, hartes Jahr wird und die Kunst aus dem Winterschlaf der Pandemie erwacht.
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