
Hoffnung auf den Welterbetitel

Über neue Funde aus der Eiszeit und der Kelten wurde bei einem archäologischen Kolloquium berichtet.
Hunderttausend Jahre Menschheitsgeschichte in einem Tag: Im Rahmen eines archäologischen Kolloquiums in Hülben auf der Schwäbischen Alb erläuterte Claus Wolf seine Hoffnung, Präsident des baden-württembergischen Landesamtes für Denkmalpflege, dass die Höhlen der Schwäbischen Alb als Fundorte der ältesten plastischen Kunstwerke der Menschheit im Juli 2017 zu einem Unesco-Weltkulturerbe ernannt werden.
Der durch die Entdeckung dieser Eiszeit-Kunstwerke berühmt gewordene amerikanisch-deutsche Archäologe Nicholas Conard referierte beim Kolloquium über neue Erkenntnisse und neue Funde zur Eiszeitkunst aus der Hohle Fels, der Geißenklösterle-Höhle, der Vogelherdhöhle und der Hohlenstein-Stadelhöhle (wo der im Ulmer Museum gezeigte Löwenmensch entdeckt wurde). Die Herstellung von Schmuck mit dreidimensionaler Formgebung, von figürlichen und mythischen (also nicht real erlebten, sondern in der Fantasie erdachten) Darstellungen und von Musikinstrumenten vor etwa 43000 bis 40000 Jahren sei nicht nur ein weltweit einzigartiges Phänomen; aufgrund ihres Detailreichtums und ihrer Perfektion habe man diese Hochkaräter der Kulturgeschichte lange für jünger gehalten, doch bestätigen neueste internationale Techniken ihre Fertigung im frühen Aurignacien, jener Zeit, in der der Homo sapiens - der anatomisch moderne Mensch - erstmals in Europa nachgewiesen ist.
Diese Funde, so Conard, belegen den Vorsprung, den der Homo sapiens durch seine Kultur und Kommunikation gegenüber dem Neandertaler hatte. Angesichts der Existenz dieser frühen Kunst im Lonetal und im Aachtal stelle sich die Frage, ob nicht auch weitere Flusstäler der Schwäbischen Alb vor 40000 Jahren von solch schöpferischen Menschen bewohnt waren. Die Archäologie habe ursprünglich nicht erwartet, dass zu jener Zeit bereits Musikinstrumente existierten, sagte Conard. Aber allein die Vielfalt der gefundenen Flöten und Flötenfragmente - aus Knochen verschiedener Vögel, aber auch aus Elfenbein - lasse darauf schließen, dass die Instrumente Teil des normalen Lebens waren und nichts Außergewöhnliches. Er gehe davon aus, dass schon im Jungpaläolithikum auch Tanz und Gesang vor den Höhlen der Schwäbischen Alb gepflegt wurden.
Von einem Zufallsfund von überregionaler Bedeutung - einer Bronze-Plastik eines Menschen zu Pferd - aus frühkeltischer Zeit berichtete Claus Wolf.
Im Rahmen einer Rettungsgrabung im Zusammenhang mit dem Bau einer Umfahrung bei Unlingen im Landkreis Biberach wurden im Sommer 2016 frühkeltische Gräber entdeckt; die Reiter-Plastik ist eine der im Herbst/Winter 2016 in den Restaurierungswerkstätten des Landesamtes freigelegten Grabbeigaben. (köd)
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