
Stipendium für Abiturienten aus Ulm und Neu-Ulm: Auf sie warten Überraschungen

Plus Es gibt bequemere Start-Zeitpunkte für ein Auslandsjahr. Trotz Corona und Brexit schickt die Ulmer Alexander-Spohn-Stiftung drei Studenten auf die Reise. Welche Geschichte dahintersteckt.
Am Wochenende ist es bereits losgegangen für zwei der drei ersten Stipendiaten der Alexander-Spohn-Stiftung: Sie reisen für zwei Semester ins Ausland, eine dritte Stipendiatin wird im März ihre beiden Auslandssemester aufnehmen. Finanziert wird das Studienjahr in der Ferne von der noch jungen Alexander-Spohn-Stiftung.
Aus dem Vermögen des 2017 verstorbenen Ulmer Notars Walter Spohn und seiner kurz zuvor ebenfalls verstorbenen Ehefrau Marianne wurde – nach dem testamentarisch festgelegten Willen Spohns – eine Stiftung errichtet. Abiturienten von Ulmer Gymnasien und des Neu-Ulmer Lessing-Gymnasiums, wo Alexander Spohn gelernt und seine Mutter Marianne unterrichtet hatte, können in den Genuss von monatlichen Zuwendungen kommen, um Kosten für Unterkunft, Verpflegung, Unterrichtsmaterialien, Taschengeld, Studiengebühren und Reisekosten zweier Auslandssemester stemmen zu können. Voraussetzung, um Stipendiat der Stiftung zu werden, ist zudem ein aufgenommenes Studium an einer Universität in Deutschland.
Ulm/Neu-Ulm: Jedes Jahr unterstützt die Alexander-Spohn-Stiftung Studenten, die in Ulm Abitur gemacht haben
Annika Lea Hanrieder, Markus Köhler und Simon Schwesig sind die drei ersten Stipendiaten der Stiftung. Sie haben sich in der Auswahlrunde gegen andere Ulmer Bewerber durchgesetzt, ein Abiturient des Lessing-Gymnasiums war nicht unter den Bewerbern. Der 22-jährige Markus Köhler studiert Architektur an der TU München, der 25-jährige Simon Schwesig ist im Masterstudiengang Internationales Recht und Völkerrecht in Erfurt, und Annika Lea Hanrieder studiert im sechsten Semester Medizin an der Universität Ulm. Alle drei eint ein Detail: Es war bei ihnen allen die Mutter, die einen Zeitungsausschnitt über die neue Stiftung und die Bewerbungsmodalitäten auf den Esstisch legte – und alle drei bewarben sich daraufhin. Markus Köhler und Annika Lea Hanrieder kannten sich bereits, ehe sie Stipendiaten der Alexander-Spohn-Stiftung wurden – sie machten gemeinsam Abitur am Humboldt-Gymnasium. Markus Köhler ist am Wochenende nach Mailand geflogen, um am dortigen Politecnico ein Jahr lang in englischer und italienischer Sprache zu studieren. Auch Simon Schwesig, der sein Abitur am Friedrich-List-Wirtschaftsgymnasium machte, ist am Wochenende nach Leiden in den Niederlanden gereist. Die beiden Männer wollen innerhalb des Jahres auch die Sprache des Gastgeberlandes lernen.
Annika Lea Hanrieder wollte eigentlich nach Großbritannien, was aber aufgrund der unsicheren Brexit-Situation nicht möglich ist. Sie hat Bewerbungen an mehreren Universitäten laufen und würde ihr Medizinstudium am liebsten im finnischen Helsinki fortsetzen. Das Fragezeichen der Pandemie hängt bei allen dreien über den beiden Semestern – ob der Betrieb der Unis wirklich wie geplant aufgenommen werden kann, wie viel an Präsenz an den Unis möglich sein wird und wie viel Lehre online wird erfolgen müssen, weiß niemand. Gerhard Semler, Bevollmächtigter des Stiftungsvorstandes, hofft wie Ulms Oberbürgermeister Gunter Czisch, dass die drei Stipendiaten auch etwas vom Studentenleben in den jeweiligen Ländern spüren können und dass die Pandemie den Uni-Betrieb nicht zu stark einschränkt.
Alexander-Spohn-Stiftung: Die ersten drei Stipendiaten aus Ulm starten in ihr Auslandsjahr
Die Stiftung ist nach Alexander Spohn benannt, dem einzigen Kind von Marianne und Walter Spohn. Alexander Spohn starb 1998 im Alter von 16 Jahren bei einem Fahrradunfall. Der zurückhaltende Jugendliche war bei einer Paris-Reise sehr glücklich gewesen. Wohl deshalb vermachte sein Vater sein Millionenvermögen aus Immobilien in der Ulmer Innenstadt, aus Münz- und Gemäldesammlungen und Sportwagen, aus einer Wohnung in Verona und einem Boot am Gardasee der Stadt Ulm mit der Auflage, aus den Erträgen des Vermögens wissenschaftlich qualifizierte Auslandsaufeinhalte für Ulmer Abiturienten und Absolventen des Lessing-Gymnasiums zu finanzieren. Eine finanzielle Unterstützung von Studien in der Schweiz oder in Österreich schloss Walter Spohn ausdrücklich aus: Die Stipendiaten sollen weltoffen sein und bereit, sich auf ein Studium in einer anderen Sprache einzulassen. Über die Vergabe der Stipendien entscheidet der Oberbürgermeister, er darf aber auch Gremien damit beauftragen.
In den nächsten Jahren werden es wohl jeweils drei Stipendiaten sein, die in den Genuss der Unterstützung kommen. Diese Zahl kann sich aber erhöhen, kündigen Gunter Czisch und Stiftungsgeschäftsführer Simon Fosseler an. Die Bewerbungsfrist für das Wintersemester 2021/22 läuft noch bis Mittwoch, 30. September.
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