
Polizistinnen fühlen sich in Neuburg wohl

Plus 1990 wurden in Bayern die ersten uniformierten Polizistinnen zugelassen. Kerstin Huber erzählt, wie es ihr als Frau bei der PI Neuburg geht und warum gemischtgeschlechtliche Teams am besten funktionieren.

30 Jahre ist es her, dass die ersten uniformierten Polizistinnen in Bayern eingestellt wurden. Kerstin Huber aus Rain ist die Frau, die derzeit am längsten in der Polizeiinspektion in Neuburg im Dienst ist. 2006 kam die jetzt 42-Jährige hierher, 1995 hat sie in Königsbrunn ihre Ausbildung begonnen. Sie sagt, heutzutage sei es normal, dass Frauen als Vollzugsbeamte arbeiten, die Inspektionen sind darauf eingerichtet. Wenn Frauen und Männer ein Team bilden, sei das in der Praxis oft von Vorteil.
Seit ungefähr vier Jahren kümmert sich Kerstin Huber nun schon um den Bereich häusliche Gewalt. Dabei stellt sie immer wieder fest, dass sich Frauen, die von Männern Gewalt erfahren haben, lieber einer Frau anvertrauen. Für männliche Kollegen kann es dann schwierig werden, einen Zugang zu diesen Opfern zu finden. Wobei das immer auch Typsache sei, schränkt die 42-Jährige ein.
Es gibt Situationen, da ist Kerstin Huber froh, einen männlichen Kollegen an ihrer Seite zu haben
Es gibt aber auch Situationen, in denen ist es anders herum. Dann ist Kerstin Huber – selbst eher zierlich und nur 1,62 Meter groß – froh, einen männlichen Kollegen an ihrer Seite zu haben. Zum Beispiel bei einem Einsatz in einer überfüllten Bar. Da könne sich ein kräftig gebauter Mann mit tiefer Stimme einfach leichter durchkämpfen und Gehör verschaffen. Eine größer gewachsene Frau würde sich aber vermutlich auch schon leichter tun, vermutet Huber. Ein anderes Beispiel für Fälle, in denen es eine Polizistin alleine schwer hat, sind Konfrontationen mit Männern aus anderen Kulturkreisen. „Die sprechen, wenn ich Pech habe, gar nicht mit mir. Es bringt dann aber auch nichts, das auf Biegen und Brechen zu erzwingen“, erzählt die 42-Jährige. Sie sieht es gelassen. „Dafür sind wir ein Team. Und ich bin gerne ein Teamplayer.“ Empfindlich dürfe man bei der Polizei allerdings nicht sein, fügt Huber hinzu. „Mit einem zarten Gemüt kommt man nicht weit.“ Und noch etwas ist wichtig: Durchsetzungskraft. Da habe sie sich bei ihren männlichen Kollegen durchaus noch etwas abgeschaut, gibt Huber zu. „Als Frau muss man schauen, dass man sich selbst nicht so zurücknimmt.“
Generell hat die Polizeihauptmeisterin nicht das Gefühl, dass Frauen auf Streife weniger ernst genommen werden als Männer. Wobei an eine „nette“ Situation aus ihrer Anfangszeit in Neuburg erinnert sie sich dann doch. Da habe ein älterer Herr bei einer Verkehrskontrolle zu ihrem männlichen Kollegen gesagt: „Ham’s as Madla dabei!“ Darüber habe sie aber gelacht, anstatt sich zu ärgern.
Diskriminierung und Sexismus von Kollegen hat Polizistin Kerstin Huber nie erlebt
Diskriminierung und Sexismus von Kollegen habe sie nie erlebt, sagt Kerstin Huber. „Wir sind ein top Team in Neuburg. Hier gibt es keine Anfeindungen – auch nicht unter den Frauen. Wir können Späße machen, ohne dass es einem der oder die andere krumm nimmt.“ Im Grunde sei man als Frau bei der Polizei zumindest unter den Kollegen schon Mitte der 90er nichts Außergewöhnliches mehr gewesen, meint Huber. Sie schätzt, dass ein Viertel ihres Ausbildungsjahrgangs Frauen gewesen seien. In Königsbrunn habe es damals bereits eigene Toiletten und Duschen für Frauen gegeben. In Neuburg war man da nicht ganz so früh dran. Als Huber nach Neuburg kam, habe es noch keine getrennten Duschen und Umkleidekabinen gegeben, erinnert sich die Polizistin. Das sei aber nie ein Problem gewesen. Inzwischen haben die Frauen – momentan sind laut Polizeichef Norbert Bachmaier in Neuburg zehn von 52 Vollzugsbeamten Frauen – ihre eigenen Räumlichkeiten.
Über eine Entwicklung in den vergangenen Jahren freut sich Kerstin Huber besonders: Als 2018 die neuen blauen Uniformen kamen, waren diese viel besser auf die Figur einer Frau zugeschnitten als die alten, erzählt die 42-Jährige und lacht. Die früheren Modelle seien lediglich für Frauen modifiziert worden, hätten aber nie so richtig gepasst. Einige ihrer männlichen Kollegen trauerten hingegen der alten Uniform hinterher.
Der Dienst bei der Polizei ist für Frauen sehr gut geeignet
Insgesamt findet Kerstin Huber, dass der Dienst bei der Polizei sehr gut für Frauen geeignet sei. Unter anderem, weil es gute Teilzeitmodelle gebe, wenn man eine Familie gründen will. Sie selbst habe diese Möglichkeit genutzt. Die ältere von Hubers zwei Töchtern hat vergangenes Jahr übrigens ebenfalls eine Ausbildung bei der Polizei begonnen. Das freut die Mutter – und den Vater, der auch Polizist ist.
Und was sagen die jungen Kolleginnen? Sybille Hauf ist seit August 2019 bei der PI Neuburg. Die gebürtige Augsburgerin ist erst 23 Jahre alt, aber bereits stellvertretende Dienstgruppenleiterin. Ihr macht die Arbeit bei der Polizei viel Spaß. „Ich wollte einen abwechslungsreichen Beruf, einen bei dem jeder Tag anders ist, keinen klassischen Bürojob.“ Deshalb habe sie sich für den Polizeidienst entschieden. Auch sie sei noch nie wegen ihres Geschlechts benachteiligt oder diskriminiert worden, sagt Hauf. Und sie habe auch noch nie von so einem Fall in ihrem Umfeld gehört. „Das Geschlecht ist überhaupt kein Thema.“ Man hätte allerdings in Bayern schon ein bisschen schneller sein können, uniformierte Frauen bei der Polizei zuzulassen, findet Kerstin Huber. „Aber es braucht eben alles seine Zeit. Die Leute stellen sich nicht so schnell um.“
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