"Unfassbar schöner Tag": Erste Cheftrainerin bei den Männer-Profis debütiert
Sabrina Wittmann ist die erste Frau, die eine Männer-Profimannschaft trainiert. Die Verantwortlichen des FC Ingolstadt trauen der 32-Jährigen viel zu.
Sabrina Wittmanns erste Pressekonferenz beginnt mit einer Entschuldigung: "Ich stand schon etliche Male auf dem Trainingsplatz, aber hier ist alles neu für mich", sagt sie zu den zahlreich erschienenen Medienvertretern. Von heute auf morgen ist die 32-Jährige durch ihre Beförderung bei Fußball-Drittligist FC Ingolstadt ins Rampenlicht gerückt. Denn Wittmann ist die erste Frau, die in Deutschland eine Profi-Männermannschaft in einer der höchsten drei Ligen trainieren darf.
Ihrer Vorreiterrolle will Wittmann keine zu große Bedeutung zukommen lassen. "Für mich ist es besonderer, diese Aufgabe bekommen zu haben, als die erste Trainerin im Profifußball der Männer zu sein." Gegenüber dem DFB hatte das Trainer-Talent Anfang April über die Situation deutscher Trainerinnen gemeint: "Vorbilder sind wichtig, damit andere Frauen erkennen, was alles möglich ist." Von den zwölf deutschen Frauen-Bundesligisten werden elf von Männern trainiert. Umgekehrt ist der Weg viel beschwerlicher. Inka Grings (SV Straelen) und Imke Wübbenhorst (Sportfreunde Lotte) hatten zuvor lediglich Männer-Viertligisten trainiert.
Trainerin beim FC Ingolstadt: Sabrina Wittmann erhält viel Lob
Sabrina Wittmann darf sich nun eine Liga höher versuchen. Die Verantwortlichen des FC Ingolstadt sind jedenfalls von ihrer neuen Cheftrainerin, die bis Saisonende auf den entlassenen Michael Köllner folgt, überzeugt. "Wir gehen nach Qualität, nicht nach dem Geschlecht", sagt Sportdirektor Ivo Grlic und lobt die 32-Jährige: "Mit Sabrina kann man Tag und Nacht über Fußball reden. Sie lebt und liebt den Sport, ist authentisch und stark im taktischen Bereich. Sie kann vor einer Gruppe sprechen und die Spieler mitnehmen." Als Ausbildungsverein, wie sich der Klub selbst sieht, gehe es darum, Talente auszubilden und nach oben zu bringen. Zum einen Spieler, aber auch Trainer.
Dass Wittmann etwas von ihrem Handwerk versteht, hat sie bereits unter Beweis gestellt. Zuletzt coachte die gebürtige Ingolstädterin drei Jahre lang die U19 der Oberbayern in der A-Junioren-Bundesliga und führte sie zur Vizemeisterschaft. Zuvor hatte sie verschiedene Aufgaben im Jugendbereich inne. "Es gibt keinen Ort, an dem ich lieber hätte debütieren wollen", sagt Wittmann. "Ingolstadt ist für mich etwas ganz Besonderes, mein Heimatverein. Hier habe ich vor 19 Jahren angefangen, selbst gespielt und erste Schritte als Trainerin machen dürfen."
Wittmann gibt gegen Waldhof Mannheim Debüt für den FC Ingolstadt
Der größte steht nun mit der Übernahme der Profimannschaft, bei der sie erstmals am Sonntag (19.30 Uhr) im Heimspiel gegen Waldhof Mannheim auf der Bank sitzen wird, an. "Keine Sekunde" habe sie daran gedacht, diese Chance nicht wahrzunehmen, sagt Wittmann zu ihrer Beförderung. Am Mittwochabend habe sie erfahren, dass es eventuell passieren könnte. "Mir gingen viele Gedanken durch den Kopf, es war nicht die erholsamste Nacht", erzählt sie.
Am Donnerstag hatte sie dann Gewissheit. Ihren ersten Arbeitstag als Cheftrainerin bezeichnet sie als "aufregend" und alles in allem einen "unfassbar schönen Tag". Sie habe viele Gespräche mit dem Staff geführt, habe die Mannschaft kennengelernt. Kein Spieler habe "sich gemeldet und Einwände geäußert", sagt Wittmann schmunzelnd auf die Frage nach der Reaktion des Teams. "Ich hatte das Gefühl, dass die Jungs total neugierig waren, was passiert."
Neue Saison in 3. Liga für Ingolstadt: Zukunft der Trainerin ist noch nicht geklärt
Bis zum Ende der Saison, in der es für den FC Ingolstadt sportlich um nicht mehr viel geht, wird Wittmann das Amt nun ausüben. Ihr fehlt noch die Lizenz, die zum Trainieren einer Profimannschaft nötig ist. Der DFB verweigerte ihr zuletzt die Teilnahme am Lehrgang zur Pro-Lizenz, weil sie die Zulassungsvoraussetzung nicht erfüllte. Den Lehrgang will sie nun im kommenden Jahr absolvieren. Doch es gibt Ausnahmen, die es ermöglichen würden, dass sie auch in der kommenden Saison beim Drittligisten die Kommandos gibt. Zumindest schließt Grlic dieses Szenario nicht aus: "Ich habe gelernt, im Fußball niemals nie zu sagen", sagt er. Auch Wittmann selbst hält sich bedeckt. Sie habe "in der Vergangenheit noch nie große Zukunftspläne gehabt, es ist alles immer super gelaufen". Fest stehe einzig, dass sie im erwachsenen Jugend- oder Männerbereich bleiben will. Am liebsten wohl bei den Profis, was ihr weiterhin viel Aufmerksamkeit bescheren würde.
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