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Auf Hüttentour: Brauchen Berghütten WLAN und warme Dusche?

Auf Hüttentour

Brauchen Berghütten WLAN und warme Dusche?

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    Die Landsberger Hütte ist seit 07.Juni geöffnet
    Die Landsberger Hütte ist seit 07.Juni geöffnet Foto: Jacqueline Vogt

    Die Sonne strahlt von einem tiefblauen Himmel, Kuhglocken sind weithin zu hören. „Kemptner Hütte, 45 Minuten“ steht auf dem gelben Schild, man sieht bereits das Dach. Bei der Ankunft wird dann schnell klar: Die Unterkunft ist komplett voll. Hüttenwirt Martin Braxmair steht am Tresen, hakt Namen ab und vergleicht sie mit seiner Reservierungsliste. „Okay, passt alles“, sagt er. „Dein Schlafplatz ist oben im Lager ganz hinten links.“

    Wer keine Reservierungsbestätigung hat, muss ab 22 Uhr mit einem Notlager vorlieb nehmen – zu später Stunde weggeschickt wird in den Bergen niemand. Doch ganz spontan ins Gebirge fahren und einen Platz für die Nacht in einer Hütte ergattern: Diese Zeiten sind in der Hochsaison zumindest in Gegenden wie den Allgäuer Hochalpen vorbei.

    Die Hütte besser schon online reservieren

    Die „Kemptner Hütte“, mit 290 Schlafplätzen ist der größten in den Alpen, liegt am Europäischen Fernwanderweg E5 und gehört zu den meistbesuchten Zielen der Region. „2001 hatten wir pro Saison etwa 10600 Übernachtungen, 2017 waren es mehr als 24000. Da war uns klar: Wir schaffen das nicht mehr so, wie wir das früher gemacht haben“, erzählt Braxmair. Ständig habe das Telefon geklingelt, hunderte Mails kamen an. „An einem Tag waren es 317 Mails in 24 Stunden, das war eine Katastrophe.“ Er habe dann eine Idee aus der Schweiz übernommen. Die eidgenössischen Hüttenwirte arbeiten schon seit 2013 mit einem Online-Reservierungssystem, das seit 2016 mit dem Deutschen, Österreichischen und Südtiroler Alpenverein betrieben wird.

    Um in der „Kemptner Hütte“ zu reservieren, gehen Gäste nun also auf www.huetten-holiday.de und müssen eine Anzahlung in Höhe von zehn Euro leisten. „Wenn ich das mit der Anzahlung nicht mache, renne ich meinem Geld hinterher“, sagt Braxmair. Denn leider kämen viele Wanderer trotz Reservierung wegen schlechten Wetters einfach nicht – und sagten ihre Schlafplätze nicht mal ab. Neben der zunehmend unzuverlässigen Buchungsmoral ärgern Braxmair aber vor allem die überzogenen Erwartungen mancher Gäste. Zwar seien viele Hütten heute moderner als früher und verfügten oft auch über Mehrbettzimmer. „Aber die Ansprüche haben sich enorm verändert. Heute muss die Hütte allen Komfort mit heißer Dusche und exzellentem Handynetz haben – und dann schimpfen sie auch noch über die Preise.“ Dabei funktioniert zum Beispiel das mit der heißen Dusche schon aus technischen Gründen nicht immer: Die meisten Berghütten in den Alpen sind autark und heizen ihr Wasser mit Sonnenenergie. Bei bewölktem Himmel wird also kalt geduscht.

    „Viele Gäste fordern Hotelstandard“

    Auch Markus Karlinger, Wirt im „Waltenbergerhaus“ oberhalb von Oberstdorf, missbilligt die Haltung mancher Gäste: „Viele fordern einen Hotelstandard ein, den ich schlicht nicht leisten kann und auch nicht leisten will – wir sind immerhin oben am Berg.“ Immer wieder müsse er Gästen klar machen: Es gebe nachmittags zwar hausgebackenen Kuchen, eine Konditorei sei man deshalb aber noch lange nicht.

    Irgendwann war es Karlinger und Braxmair zu bunt, und so taten sie sich mit anderen Wirten zusammen. Heraus kam der „Kleine Leitfaden für Alpinisten“. Dieser hängt nun auf vielen Hütten laminiert auf den Toiletten oder ist den Speisekarten beigelegt. Darin wird um respektvolles Miteinander und Einhaltung der Hüttenregeln gebeten. Auch der Hinweis, dass es oben am Berg oft keinen Handyempfang und schon gar kein WLAN gibt, ist vermerkt – mit dem Hinweis auf sicher spannende Gespräche mit anderen Hüttengästen. „Berge sind keine Vergnügungsparks und keine Ware für Freizeitjunkies“, steht da auch.

    Dass viele Wanderer einen immer höheren Komfort wünschen, sieht auch der DAV kritisch. „Bei vielen ist es offenbar noch immer nicht angekommen, dass Berghütten eben keine Hotels sind und daher auch nur über einen entsprechenden Standard verfügen“, sagt Sprecher Bucher. Einen etwas höheren Standard als in einer urigen Hütte finden Wanderer seit 2018 nun zwar auch im modernen Holzbau des „Waltenbergerhauses“. Beliefert werden die Wirtsleute allerdings noch immer über Helikopter, und ein öffentliches WLAN-Netz gibt es in der Hütte bewusst nicht. Dass viele Bergwanderer nach einer Tour als erstes nach dem WLAN fragten, ärgerte Wirt Markus Karlinger irgendwann so sehr, dass er aus einem Stück Holz einen Schlüssel mit der Aufschrift „WLAN-Schlüssel“ schnitzen ließ, der jetzt gut sichtbar für alle auf dem Tresen steht. (dpa)

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