
Gesellschaft
Männlich, weiblich, divers: Wie sich das dritte Geschlecht auf das Ries auswirkt

Plus Nachdem im Geburtsregister eine dritte Geschlechtsoption möglich ist, müssen Betriebe ihre Stellenausschreibungen anpassen. Das sagen Experten in der Region.
Die Anzeigenlandschaft hat sich spürbar verändert – hinter vielen Stellenanzeigen findet sich der Zusatz m/w/d, der für männlich/weiblich/divers steht. Divers bedeutet geschlechtslos, also keinem der beiden anderen Geschlechter männlich oder weiblich zuzuordnen. So finden sich denn auch in unserer Zeitung gehäuft Stellenanzeigen von der Haushaltshilfe bis zum Baggerfahrer, vom Logopäden bis zum Maschinenführer mit dem neuen Zusatz.
Das dritte Geschlecht: Gesetz seit 1. Januar
Hintergrund ist ein Gesetz, das seit dem 1. Januar dieses Jahres Wirkung hat. Es wurde im Oktober 2017 beschlossen vom Ersten Senat des Bundesverfassungsgerichtes und besagt, dass im Geburtenregister eine dritte Eintragsmöglichkeit wie „inter“ oder „divers“ für Menschen beschlossen werden muss, die biologisch weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuzuordnen sind. Generell wurde das Gesetz begrüßt, da es die Offenheit unserer Gesellschaft unterstreicht. Arbeitsrechtler leiteten nun daraus ab, dass es unter anderem in der Arbeitswelt konkret umgesetzt werden muss, zum Beispiel bei Kleidervorschriften oder Minderheitenquoten wie bei der Zusammensetzung des Betriebsrates. Und nun eben auch bei Stellenanzeigen.
Im Alltag wird die Umsetzung durchaus ernst genommen – so erklärte die Ausbildungsbeauftragte der Evangelisch-Lutherischen Verwaltungsstelle Donau-Ries, Andrea Vinzens, dass Sie und andere Mitarbeiter, die mit Personalfragen betraut sind, direkt vom Rechtsreferenten des Landeskirchenamtes München auf die neue Anzeigenform hingewiesen wurde. Ihr sei zwar kein Fall bekannt, dass sich bislang jemand ausdrücklich als geschlechtslos bewarb, doch die zeitgemäße Form der Offenheit für Alle werde selbstverständlich konsequent umgesetzt.
Personalchef und Arbeitsrechtlerin sehen die Gefahr von Abmahnungen
Konrad Endmeier, Personalchef des Wemdinger Möbelhauses Karmann erklärte, die interne Werbeagentur sei nicht nur bei der aktuellen Form der Stellenanzeigen, sondern bei allen verbindlichen Änderungen, beispielsweise Datenschutz-Fragen, immer auf der Höhe der Zeit und setze neue Standards sofort um. „Es gibt ja Vereine und Anwälte, die gezielt auf derartige Formalitäten achten und immer wieder Abmahnungen verschicken“, so Endmeier.
Tatsächlich bestehe theoretisch bereits jetzt die Gefahr von Abmahnungen, sagt Anita Christl, Fachberaterin für Arbeitsrecht bei der IHK Schwaben in Augsburg. Da der Gesetzgeber nicht ausdrücklich Übergangsfristen über den 1. Januar hinaus erlassen hat, sei das Gesetz verbindlich. Die Verantwortung für den Inhalt einer Anzeige trägt immer der Auftraggeber. Lediglich für die Formulierung der Anzeige trägt eine Agentur oder ein Verlag die Verantwortung.
„Wir haben im Moment einfach noch nicht so weit gedacht“, sagte denn auch jemand aus einer Firma, die noch auf den „d“-Zusatz verzichtete. „Das werden wir natürlich künftig berücksichtigen, zumal wir dieses Signal sehr begrüßen.“ Laut IHK-Expertin Anita Christl müsse sich die Rechtssprechung noch zu verschiedenen Details äußern, beispielsweise, wenn das Geschlecht Teil der Berufsbezeichnung ist, wie bei Kaufmann/frau.
Wäre man ganz korrekt, müsste man dann auf die Berufsbezeichnung verzichten und die Tätigkeiten beschreiben. Hier müsse sich aber ein praktikabler Weg erst noch zeigen.
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