Sexueller Kindesmissbrauch: Rieser kommt mit Bewährung davon
Ein Mann muss sich unter anderem wegen Kindesmissbrauchs verantworten. Er stand bereits für einen ähnlichen Fall vor Gericht - trotzdem kommt er mit Bewährung davon.
Erregung öffentlichen Ärgernisses und sexueller Missbrauch von Kindern – das sind die Vorwürfe, mit denen sich ein 65-Jähriger aus dem Ries am Donnerstag vor dem Amtsgericht Augsburg konfrontiert sah. Der Mann hat sich im Juni vergangenen Jahres mehrmals im Gemeinschaftsgarten seines Wohnhauses gut sichtbar für die Nachbarn selbst befriedigt. Zudem soll er ein Nachbarsmädchen, eine Sechsjährige, sexuell missbraucht haben. Doch die Strafe fiel milde aus, obwohl der Mann wegen eines ähnlichen Vorfalls sogar schon im Gefängnis saß.
Mit Fußfesseln und durch eine Handschelle an einen Justizvollzugsbeamten gekettet betrat der 65-Jährige den Saal 146 im Amtsgericht Augsburg. Es dauerte etwas, bis er mit kleinen Schritten seinen Platz auf der Anklagebank erreicht und sich gesetzt hatte. Und dann vergingen kaum fünf Minuten, bevor er den Raum schon wieder verlassen musste. Sein Anwalt bat nämlich um ein Rechtsgespräch, in dessen Zuge sich Verteidigung, Staatsanwaltschaft und Richterin Mayer zusammen mit den beiden Schöffen auf eine Freiheitsstrafe zwischen einem Jahr und acht Monaten und zwei Jahren, auszusetzen auf Bewährung, einigten, sollte der 65-Jährige ein vollumfängliches Geständnis ablegen. Doch was sollte er gestehen?
Missbrauchsvorwürfe: Rieser räumt alles ein
Laut Anklageschrift soll der Mann im Juni 2023 viermal von seinen Nachbarn gesehen worden sein, als er gut einsehbar im Gemeinschaftsgarten seines Wohnhauses onaniert hat. Erregung öffentlichen Ärgernisses lautet hier die Anklage. Damit aber nicht genug: Ebenfalls im Juni soll der 65-Jährige ein sechsjähriges Nachbarsmädchen unsittlich berührt haben. Das Kind befand sich laut Anklage nur mit einer Unterhose bekleidet und in ein Handtuch gewickelt in dem Gemeinschaftsgarten. Der Angeklagte soll unter das Handtuch gefasst und das Mädchen im Bauch-, Rücken- und Brustbereich gestreichelt haben.
All diese Vorwürfe räumte der Verteidiger Jörg Seubert stellvertretend für seinen Mandanten ein. "Es tut ihm leid, er war gerne freizügig und vielleicht etwas zu freizügig in dem Garten unterwegs." Der 65-Jährige habe auch gewusst, dass seine Nachbarn sich dadurch gestört fühlten. Auch bei dem Kind, das sich zu der Zeit nicht im Gerichtssaal aufhielt, entschuldige er sich. "Das wird er künftig nicht mehr machen." Die Zeugen wurden infolge des Geständnisses ohne Aussagen entlassen.
Amtsgericht Augsburg: Angeklagter steht nicht zum ersten Mal vor Gericht
Für den 65-Jährigen, der für verschiedene Tätigkeiten im Alltag wie Wohnungsangelegenheiten oder Behördengänge auf einen Betreuer angewiesen ist, ist es nicht die erste Verhandlung. Insgesamt vier Einträge hat er im Bundeszentralregister, der letzte stammt aus dem Jahr 2014. Damals wurde der Rieser für einen ganz ähnlichen Fall zu einer Haftstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt: Er hatte ein Mädchen in seinen Wohnwagen gelockt, sie gegen ihren Willen aufs Bett gedrückt und geküsst. Mit einer Notlüge konnte sich das Kind befreien.
Es ist dieser Vorfall, den die Vertreterin der Staatsanwaltschaft in ihr Plädoyer mit einbezog. "Es ist natürlich lange her, aber wir haben es gehört, es waren sexuelle Handlungen mit jemandem, der das nicht wollte, und dieser Vorfall hat auch noch Einfluss – wenn auch nicht gewichtig", sagte sie. Zugunsten des Angeklagten spreche, dass er in dem Geständnis Reue gezeigt und zudem der Sechsjährigen erspart habe, vor Gericht aussagen zu müssen. Abgesehen davon sei die Tat im unteren Bereich der Skala des sexuellen Missbrauchs anzusiedeln. Die Staatsanwältin forderte eine Gesamtstrafe von einem Jahr und zehn Monaten auf Bewährung.
Gericht verurteilt den 65-Jährigen zu drei Jahren Bewährung
"Dem kann ich nicht mehr viel hinzufügen", so Verteidiger Seubert. Die Vorverurteilung von 2014 finde man schlimmer als das Vergehen, für das sein Mandant unter anderem heute vor Gericht stehe. Er forderte ein Jahr und acht Monate auf Bewährung.
Richterin Mayer und die beiden Schöffen schlossen sich im Urteil der Forderung der Staatsanwaltschaft an. Ein Jahr und zehn Monate, ausgesetzt auf eine dreijährige Bewährung – und das sei eine Ausnahme, wie Richterin Mayer in der Urteilsbegründung betonte. "Nachdem Sie alles eingeräumt haben, muss ich nicht viel dazu sagen. Es spricht für Sie, dass wir das Kind nicht anhören mussten und dass Sie seit geraumer Zeit in Untersuchungshaft waren." Auch sie sprach an, dass sich die Intensität des Vorfalls im unteren Bereich bewege. Dennoch: "Dagegen stehen Ihre Vorstrafen. Außerdem ist das Mädchen erst sechs Jahre alt." Daher gebe es nur ausnahmsweise eine Bewährung. Sie Richterin verhängte ein Kontaktverbot mit der Sechsjährigen sowie den geschädigten Nachbarn, zudem muss der Angeklagte unverzüglich seine Wohnung verlassen und sich eine neue Bleibe suchen.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
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Es ist ein ungeheures Vorgehen, jemanden, der ein Kind missbraucht hat, nicht für lange Zeit ins Gefängnis zu stecken.