Stark von der aktuellen Bundespolitik und der anstehenden Wahl geprägt war der Neujahrsempfang des DGB-Kreisverbandes Donau-Ries am Wochenende in der Alten Schranne in Nördlingen. Als Hauptredner hatten die beiden Vorsitzenden Wolfgang Peitzsch und Sonja Wust den schwäbischen Bezirksleiter der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IGBCE), Torsten Falke, eingeladen. Er warnte vor rund 50 Gästen vor einem Abbau des Sozialstaates und einer neoliberalen Wirtschaftspolitik durch eine neue Bundesregierung.
Am Anfang seiner Ausführungen stand ein Lob für den Landkreis Donau-Ries. Einige Großbetriebe und viele Mittelständler sorgten hier für Beschäftigung und eine niedrige Arbeitslosenquote. Falkes Einschränkung: Leider seien Arbeitsplätze speziell im Bereich des Mittelstandes oftmals ohne Tarifbindung und sozialen Schutz durch Betriebsräte und Gewerkschaften.
Falke bei DGB-Neujahrsempfang: Hilfreiche Lösungen von Minister Heil
Nach einem Rückblick auf 2024 mit „tollen Tariferfolgen“ widmete sich Falke der politischen Situation im Land. Dabei kamen weder die zerbrochene Ampel-Koalition, noch eine mögliche unionsgeführte Regierung besonders gut weg. Der Ansatz der Ampel, eine soziale und umweltgerechte Transformation in Angriff zu nehmen, sei nicht verkehrt gewesen. „Allerdings war sie handwerklich nicht gut gemacht“, kritisierte Falke. Ein „miesepetriger“ Finanzminister Lindner habe „feige“ den Koalitionsbruch inszeniert, ein Wirtschaftsminister Habeck trotz vieler guter Ideen nicht gerade kompetent über Insolvenzen philosophiert und ein Bundeskanzler Scholz bei vielen Bürgerinnen und Bürgern einen verschlafenen und antriebslosen Eindruck hinterlassen. Hilfreiche und pragmatische Lösungen seien hingegen von Arbeitsminister Heil gekommen. Die eigentlichen Probleme der Regierung hätten bereits mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes begonnen, die Umleitung von Resten des Sondervermögens aus der Corona-Krise für den Klima- und Transformationsfond in den Haushalt als nicht verfassungsgemäß anzusehen.
Dem Gewerkschafter schwant nichts Gutes, wenn er an eine unter einem CDU-Kanzler geführte Regierung denkt: So seien „neoliberale Rezepturen“ in der Wirtschaftspolitik, wie die Entlastung der Spitzeneinkommen, den Rückbau des Sozialstaates und mehr Markt statt Staat zu befürchten. Gleichzeitig würden in einigen Wirtschaftsverbänden und manchen Chefetagen der Unternehmen Entlassungen sowie der Abbau sozialer Standards vorbereitet oder schon umgesetzt, konstatierte Falke. Wenn Liberale, AfD und Teile der Unionsparteien von einem zu teuren Sozialstaat und zu langsamen Entscheidungsprozessen sprächen, meinten sie damit nichts anderes als weniger Rente, längere Arbeitszeiten, keine Lohnfortzahlung mehr und Einschränkungen bei der Mitbestimmung.
Falke kritisiert Führungskräfte beim DGB-Neujahresempfang in Nördlingen
Auf die aktuelle Debatte über den hohen Krankenstand und die Einführung von Karenztagen eingehend, richtete Falke einen deutlichen Seitenhieb an manche Führungskräfte in den Betrieben. Über die angeblich zu faulen Beschäftigten in Deutschland zu philosophieren, sei das eine. Dass aber in Firmen oftmals mangelhaft ausgebildetes Management mit unzureichender Personalführung agiere, darüber werde nicht gesprochen. Von einer künftigen Bundesregierung erwartet Torsten Falke als „Priorität 1A“ ein Konjunkturprogramm mit Maßnahmen gegen die Investitionsschwäche, wettbewerbsgerechte Entlastungen von Unternehmen durch Strukturreformen bei Steuern und Abgaben sowie politisch garantierte Stabilität der Strompriese mit Verzicht auf Zusatzkosten wie Netzentgelte, Stomsteuer oder CO2-Bepreisung.
Frederik Hintermayr von der DGB-Jugend monierte in seinem Grußwort die vielen befristeten Arbeitsverträge ohne Perspektive und Absicherung, gerade für junge Menschen. Bürgermeisterin Rita Ortler hob die Wichtigkeit der Gewerkschaften in der momentan schwierigen wirtschaftlichen Lage besonders hervor. Als Vertreter des Landkreises plädierte der stellvertretende Landrat Erwin Seiler für faire Löhne und gute Arbeitsbedingungen in den Unternehmen. Für die musikalische Umrahmung des Empfangs sorgten Vertreter der Harmonikaschule im Ries.
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