175 Jahre Eisenbahn: Als 65 Stundenkilometer ein Quantensprung waren
1849 wurde die Eisenbahnlinie von Donauwörth nach Nördlingen eingeweiht. Es gab später Gleise auf dem heutigen Bahnhofsvorplatz in Nördlingen. Und es war mehr geplant.
In den vergangenen Jahren war die Berichterstattung über die Riesbahn meist von negativen Ereignissen geprägt – Schienenersatzverkehr, Verspätung, alte Züge, Totalsperrung wegen Bauarbeiten oder fehlende Fahrdienstleiter sind nur einige der häufig gefallenen Schlagwörter. Ganz anders war das sicherlich vor 175 Jahren, als die Eisenbahn von Donauwörth über Nördlingen nach Gunzenhausen gebaut und schließlich am 15. Mai 1849 auf dem Teilstück von Donauwörth nach Nördlingen eröffnet wurde. Ein Blick in die Anfänge der Eisenbahn im Landkreis.
Nur 15 Jahre nach der ersten Deutschen Eisenbahn von Nürnberg nach Fürth waren Donauwörth und Nördlingen nun Stationen der sogenannten „Ludwig-Süd-Nord-Bahn“ von Lindau nach Hof. Zu Beginn kamen bei J.A. Maffei in München gebaute Lokomotiven der Baureihe B1 zum Einsatz, die bereits eine Höchstgeschwindigkeit von 65 km/h erreichten. In Zeiten von Fußmarsch und Postkutsche war dies natürlich ein Quantensprung. Die ersten Lokomotiven in der Region trugen unter anderem die Namen "Hesselberg", "Oettingen", "Donau", "Wörnitz" und "Harburg".
175 Jahre Eisenbahn in Nördlingen: Anfangs gab es Pläne für zwei Gleise
Mit der Eröffnung des Teilstücks von Nördlingen über Gunzenhausen nach Pleinfeld am 1. Dezember 1849 war die Riesbahn auch Teil der Direktverbindung von Augsburg nach Nürnberg. Diesen Status als Hauptbahn kann man noch heute an allen alten Bauwerken erkennen – Bahndämme und Brücken wurden seinerzeit bereits so gebaut, dass ein zweites Gleis Platz finden würde. Der zweigleisige Ausbau wurde jedoch nie realisiert – viel mehr wurde im Jahre 1906 die in der Gründerzeit aufgrund der hohen technischen Anforderungen noch verworfene Direktverbindung von Donauwörth über Treuchtlingen nach Nürnberg eröffnet. Die Folge war, dass die Linie über Nördlingen fortan deutlich an Bedeutung verlor.
Ungeachtet dieser Entwicklung wuchs der Bahnhof Nördlingen über die Jahre zu einem Eisenbahnknoten mit insgesamt fünf abgehenden Strecken, sodass er für das Ries und dessen wirtschaftliche Entwicklung von maßgebender Bedeutung wurde. Nach den Streckeneröffnungen Nördlingen – Aalen im Jahre 1863, Nördlingen – Dinkelsbühl(-Dombühl) im Jahre 1876 und der Stichstrecke nach Wemding im Jahre 1903 hatte der Bahnhof Nördlingen seine größte Ausdehnung erreicht. Gleise lagen zu dieser Zeit sogar über den heutigen Bahnhofsvorplatz und verbanden den bayerischen und den württembergischen Güterbahnhof. Während das heute noch erhaltene Bahnbetriebswerk für die bayerischen Fahrzeuge verantwortlich war, unterhielten die Königlich Württembergischen Staats-Eisenbahnen in der Gabelung der Strecken nach Aalen und nach Dombühl ein eigenes Bahnbetriebswerk. Erst mit der Gründung der Deutschen Reichsbahn Gesellschaft im Jahre 1920 verschwand das Württembergische Bahnbetriebswerk.
Pläne für Erweiterung der Eisenbahn von Nördlingen nach Tapfheim
In der Blütezeit der Eisenbahn arbeiteten bis zu 340 Menschen allein auf dem heutigen Gelände des Bayerischen Eisenbahnmuseums und etwa 800 Familien lebten in und um Nördlingen von der Eisenbahn. Und noch heute schlummern im Nördlinger Stadtarchiv Unterlagen, die von einer geplanten Erweiterung der Eisenbahn zeugen. Neben der Verlängerung der Stichstrecke von Wemding nach Fünfstetten war auch der Bau einer Kesseltalbahn von Nördlingen über Amerdingen nach Tapfheim in Planung – beide Projekte wurden jedoch nicht realisiert.
Im Zweiten Weltkrieg kam es zu einer umfangreichen Zerstörung der Bahnanlagen in Nördlingen. Das Empfangsgebäude wurde ebenso wie weite Teile des Lokschuppens zerstört. Erhalten bleibt der Trakt drei des Rundschuppens, der Wasserturm und die Schlosserei. Nach dem Wiederaufbau führte jedoch ab den 70er-Jahren der zunehmende Individualverkehr und in Folge davon ein stetig sinkender Stern der Eisenbahn schließlich auch rund um Nördlingen dazu, dass die Deutsche Bundesbahn die Nebenstrecken nach Dinkelsbühl, Wassertrüdingen und Wemding aufgeben wollte. Die Einstellung des Personenverkehrs nach Dinkelsbühl und Wassertrüdingen erfolge 1985, der nach Wemding wurde bereits im Jahr 1981 eingestellt.
Güterverkehr nahm im Landkreis Donau-Ries immer weiter ab
Der verbliebene Güterverkehr nahm in den folgenden Jahren weiter ab, sodass die Gesamtstilllegung der Strecken unmittelbar bevorstand. Dies wurde durch die Initiative des Bayerischen Eisenbahnmuseums verhindert, welches 1985 in das ehemalige Bahnbetriebswerk Nördlingen eingezogen war. Der bereits 1969 in München gegründete Verein übernahm die Strecken nach Dombühl und Wassertrüdingen und etablierte in den folgenden Jahren einen Betrieb mit historischen Dampfzügen. Die Strecke nach Wemding hingegen konnte aufgrund des mangelhaften Zustands einiger Brücken und einer schlechten Verkehrsprognose nicht erhalten werden – der Abbau erfolgte durch die Deutsche Bahn ab 2001.
Darüber hinaus hat die Bayernbahn GmbH als Tochterunternehmen des Bayerischen Eisenbahnmuseums in den vergangenen 20 Jahren viele Gleisanschlüsse reaktiviert und mit den Anschließern Güter zurück auf die Bahn gebracht. So gibt es heute im deutschlandweiten Vergleich im Ries überproportional viel Güterverkehr auf der Bahn. Firmen wie Schwarzkopf & Henkel (Wassertrüdingen), Agro Donau-Ries (Nördlingen und Rain), BayWa (Feuchtwangen), Märker (Harburg), Roman Mayer (Nördlingen) und Rettenmeier (Wilburgstetten) nutzen die Eisenbahn als Standortvorteil für den zuverlässigen Transport von Gütern.
Jubiläum wird im Bayerischen Eisenbahnmuseum gefeiert
Zudem ist es für alle Beteiligten eine große Freude, dass in diesem Jubiläumsjahr – genauer gesagt am 15. Dezember 2024 – auch noch die Reaktivierung des Schienenpersonennahverkehrs auf dem Streckenabschnitt Wassertrüdingen – Gunzenhausen erfolgen wird. Dabei handelt es sich um die erste dauerhafte Reaktivierung im ländlichen Raum dieser Art im Freistaat Bayern seit langer Zeit. Ein Erfolg dieser könnte eine Signalwirkung für die Durchbindung von Wassertrüdingen über Oettingen nach Nördlingen erzielen.
Das 175. Jubiläum wird am 6. Mai mit einem Festakt unter Teilnahme von Christian Bernreiter, Bayerischer Staatsminister für Wohnen, Bau und Verkehr im Bayerischen Eisenbahnmuseum begangen. Vom 9. bis 12. Mai wird dann im Rahmen des 3. Nördlinger Eisenbahnfestes das Jubiläum mit einem bunten Rahmenprogramm im Eisenbahnmuseum und mit Sonderfahrten von Nördlingen nach Donauwörth und Wassertrüdingen gefeiert.
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