
Die Boscs Flaschenbirne ist eine wertvolle Sorte

Diese Birne zählte einst zu den Reichsobstsorten. Das hatte nicht nur einen Grund. Kompott aus den Früchten schmeckt sehr gut.
Ein Autofahrer ruft: „Die Affen steigen.“ Der Zusammenhang wird schnell klar, wenn man in diesen Wochen wie er Waghalsige auf Bäumen erblickt, die ihren Winter- oder Frühjahrsschnitt ausführen, sofern körperliche Verfassung und vor allem die Familie das erlauben. Doch viele, die diese Kunst sicher beherrschten, nahmen ihr Wissen und langjährige Erfahrung längst mit ins Grab. Unter ihnen gab es auch reichlich Sortenkenntnisse und solche, die Bäume der Boscs Flaschenbirne (auch „Kaiser Alexander“) anpflanzten.
Zumindest in der Nähe von Donauwörth, aber auch in Gunzenheim stehen solche Bäume, deren Sorte ausdrücklich für Garten wie Streuobstanbau empfehlenswert ist. Die Herkunft ist umstritten: Geht der erste Birnbaum dieser Art auf einen belgischen Züchter im Jahr 1807 zurück, der sie nach dem damaligen Direktor des Pariser Botanischen Gartens benannt hat? Der war Naturforscher und hieß Louis Augustin Guillaume Bosc. Andere meinen, man habe einen Sämling 1793 bei Apremont in Frankreich gefunden.
Die Birne ist wenig druckempfindlich
Bäume dieser Art sind an sich weit verbreitet. Die späten Herbstbirnen schmecken sehr gut, sind wenig druckempfindlich und lassen sich daher recht gut transportieren. Kein Wunder, dass die Sorte 1922 zu den für das Deutsche Reich zum Anbau empfohlenen Reichsobstsorten gehörte. Bei den Birnen waren dies noch „Williams Christ“ und die „Köstliche aus Charneux“.
Außer zum Direktverzehr eignen sich die Früchte vorzüglich für Kompott und Dörren. Sie sind tatsächlich langachsig flaschenförmig. Der Name steht also für einen ganz bestimmten Charakter. Weil die Blüte lang anhält und wenig anfällig für Spätfröste ist, ist die Boscs Flaschenbirne wohl zu den Sorten zu zählen, die sich für den Klimawandel eignen. Der zeigt an, dass der Spätfrost zwar pünktlich kommt, die Knospen jedoch tendenziell deutlich früher austreiben als etwa in den vergangenen Jahrzehnten.
Leute mit wachsamem Auge haben schon seit dem Jahreswechsel erschreckt festgestellt, wie weit teilweise die Knospen schon sind. Veredelungskundige haben sich daher rechtzeitig mit Reisern versorgt, um den Erfolg ihrer Vermehrungsarbeit sicherzustellen.
Steckbrief:
- Baum: Wuchs mittelstark, breit pyramidal (Zwischenveredelungen auf Quittenunterlagen unumgänglich), später Ertrag bei regelmäßig mittleren Ernten
- Blüte: spät, lang andauernd, wenig anfällig für Spätfröste, sehr guter Pollenspender
- Schale: grün bis gelb, dabei meist sortentypisch mit zimtfarbigem Rost überzogen
- Frucht: feinkörnig bis schmelzend saftig bei feinem Aroma
- Pflückreife: ab Mitte September
- Genussreife: Oktober
- Haltbarkeit: November
- Ralf Hermann Melber ist Mitglied im Deutschen Pomologenverein und Obstbaumpfleger.
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