Startseite
Icon Pfeil nach unten
Nördlingen
Icon Pfeil nach unten
Lokalsport
Icon Pfeil nach unten

RN-Interview: „Aufstieg in die ProA wäre kein Thema gewesen“

RN-Interview

„Aufstieg in die ProA wäre kein Thema gewesen“

    • |
    Viel Grund zur Freude: Giants-Manager Jürgen Kohl (links) sieht die gerade beendete Basketballsaison als überaus erfolgreich an, was auch der engagierten Mitarbeit seines Funktionärskollegen Leo Emmert (rechts) zu verdanken sei.
    Viel Grund zur Freude: Giants-Manager Jürgen Kohl (links) sieht die gerade beendete Basketballsaison als überaus erfolgreich an, was auch der engagierten Mitarbeit seines Funktionärskollegen Leo Emmert (rechts) zu verdanken sei. Foto: Jochen Aumann

    Herr Kohl, mit der Teilnahme an den Playoffs und sogar dem Erreichen des Viertelfinales haben die Giants als Aufsteiger in die ProB alle Erwartungen übertroffen. Wie fällt Ihre persönliche Saisonbilanz aus?

    Kohl: Wir sind sehr zufrieden mit dem, was die Mannschaft in ihrem ersten Jahr in der ProB erreicht hat. Ziel war der Klassenerhalt, geworden ist es weit mehr. Die Mannschaft hat aber auch den Zuschauern weit mehr gegeben, als man erwarten konnte, und richtig ansehnlichen Basketball gespielt.

    Könnte es sein, dass Sie über das Ausscheiden im Viertelfinale gar nicht so traurig waren, weil es die Verantwortlichen vor schwierigen Aufstiegsüberlegungen bewahrt hat?

    Kohl: Das kann man so nicht sagen. Mir tut es immer leid für die Mannschaft, wenn sie ausscheidet, zumal dann, wenn noch mehr möglich gewesen wäre. Auf der anderen Seite kann man aber natürlich nicht verhehlen, dass ein Aufstieg in die ProA kein Thema gewesen wäre, weil wir das sponsorenmäßig wahrscheinlich nicht stemmen können.

    Das eingespielte Team wird nächstes Jahr unser Vorteil sein

    Kapitän Fabian Brütting hat nach dem letzten Saisonspiel zu den Fans gesagt, dass die Giants nächste Saison noch stärker wiederkommen werden. Würden Sie das unterschreiben?

    Kohl: Tatsache ist, dass wir den Kern der Mannschaft bis 2014 zusammen haben. Klarer Vorteil der neuen Saison wird also sein, dass wir eine eingespielte Truppe haben werden. Kommende Woche werden wir die nächste Vertragsverlängerung für drei Jahre bekannt geben ...

    Mit wem?

    Kohl: Mit Harald Debelka. Er wird eine Ausbildung zum Speditionskaufmann bei der Firma Döderlein beginnen. Damit haben wir nur noch mit zwei Akteuren des aktuellen Kaders keinen Vertrag.

    Da bleiben nur Jason Jamerson und David Rotim.

    Kohl: Richtig. Für David Rotim, der halbtags in der Giants-Geschäftsstelle gearbeitet hat, steht jetzt nach Abschluss seines Studiums der Einstieg ins Berufsleben im Vordergrund. Da stehen die Zeichen eher auf Abschied. Bei Jason Jamerson sehe ich die Chancen nicht so schlecht, dass wir ihn weiterverpflichten können. Ich denke, das wird sich in den nächsten vier Wochen entscheiden.

    Modie Johnson hat dagegen schon frühzeitig seinen Vertrag verlängert ...

    Kohl: Das beweist nach meiner Auffassung zweierlei: dass er sich wohlfühlt in Nördlingen und dass es innerhalb der Mannschaft stimmt. Das Team harmoniert dermaßen gut, dass es eine reine Freude ist. Die Vertragsverhandlungen mit Johnson haben genau fünf Minuten gedauert.

    Mit Jamerson und Johnson haben Management und Trainer auf den Ausländerpositionen heuer zwei absolute Leistungs- und Sympathieträger für das Team gewinnen können. Wie schwierig ist es, da immer die richtige Wahl zu treffen?

    Kohl: Man kann viele Dinge auswerten, die im sportlichen Bereich liegen. Die menschliche Komponente ist schon weit schwieriger zu überprüfen. Die Aufgabe, mit Trainern, Mannschaftskollegen und den Spielern selbst zu telefonieren, übernimmt bei uns weitgehend Leo Emmert. Bei Johnson und Jamerson hatten wir den Vorteil, dass beide schon in Deutschland gespielt haben. Da sind dann die Informationen deutlich einfacher zu bekommen.

    Also ein echter Glücksgriff?

    Kohl: Mir gefällt in diesem Zusammenhang das Wort Glück nicht, weil hinter den Verpflichtungen wirklich harte Arbeit steckt.

    Wie zufrieden waren Sie mit dem Zuschauerzuspruch? Trainer und Spieler haben nach unserem Eindruck mitunter fast ein wenig penetrant von der Öffentlichkeit gefordert, dass die Halle doch endlich voll werden müsse …

    Kohl: Da gibt es zwei Sichtweisen. Einerseits haben wir einen der höchsten Zuschauerschnitte in der gesamten Pro B ...

    ... wie viel genau?

    756 Zuschauer pro Spiel sind weit über dem Ligadurchschnitt

    Kohl: Moment, das dauert zwei Sekunden – wir hatten exakt 756 Zuschauer im Durchschnitt. Der Schnitt der gesamten Pro B liegt bei 515. Die Mannschaft hat jeden einzelnen Zuschauer aber auch verdient, weil sie schönen, attraktiven Basketball gespielt hat. Jeden, der nicht gekommen ist, kann man nur bedauern, weil er etwas verpasst hat. Es waren mehr Zuschauer, als wir kalkuliert haben.

    Sie haben unter dem Motto „Back to the Roots“ in der Vergangenheit immer wieder betont, dass eigene Nachwuchsleute eine Chance bekommen sollen. In den entscheidenden Spielen hat man davon nichts gemerkt, denn die sechs, sieben Halb- oder Vollprofis mussten fast durchspielen. Reicht die Qualität der eigenen Leute für die ProB nicht aus?

    Kohl: Die Statistik stimmt nur bedingt. Florian Sefranek hatte im Schnitt rund zwölf Minuten Einsatzzeit, war in der Schlussphase der Saison allerdings verletzt. Mit Philipp Leitner ist ein wichtiger, ursprünglich eingeplanter Spieler weggefallen, weil er einen mehrmonatigen Neuseeland-Aufenthalt angetreten hat. Die übrigen Akteure des Kaders sind noch sehr jung und müssen in ihre Aufgaben erst hineinwachsen. Sie lernen täglich im Training dazu, aber man muss sie langsam an das höhere Niveau heranführen.

    Vor allem mit Joschka Ferner reift ein U16-Nationalspieler und Rohdiamant heran, nach dem bereits andere Vereine ihre Fühler ausgestreckt haben. Welche Anstrengungen unternehmen die Giants, um ihn in Nördlingen halten zu können?

    Kohl: Es wäre schön, wenn Joschka bis zum Abitur in Nördlingen bleiben würde und sich erst dann neue Herausforderungen sucht. Ich denke, es wäre seiner Entwicklung nicht hinderlich, weil er hier mit erstklassigen Trainern zusammenarbeiten und hochklassig spielen kann. Vorgesehen ist er für die Position von David Rotim; wir würden jedenfalls keinen anderen Spieler für diese Position verpflichten, wenn Joschka in Nördlingen bleibt. Nicht vergessen darf man in diesem Zusammenhang aber auch seinen Zwillingsbruder Lukas, der in der U16 einen Superjob macht und Ehrgeiz, Einsatz und Willen mitbringt sowie einige weitere große Talente der JBBL-Mannschaft. Mario Matic wird mit diesen sogenannten Perspektivspielern im Sommer individuell arbeiten, um sie weiter zu bringen.

    Stichwort Trainer: Mario Matic ist nicht nur ein erfolgreicher, sondern im Vergleich zu allen auswärtigen Lösungen sicherlich auch ein kostengünstiger Trainer. Wie zufrieden sind Sie mit seiner Arbeit?

    Der Trainer holt sehr viel aus dem Potenzial der Mannschaft heraus

    Kohl: Mario ist im zweiten Jahr unser Trainer und er hat uns zur Meisterschaft in der Regionalliga und zum zweiten Platz der ProB-Hauptrunde geführt, das sagt Vieles. Wir sind mit seiner Arbeit sehr zufrieden, weil er aus dem Potenzial der Mannschaft sehr viel herausholt und die Mannschaft mit seiner Arbeit einverstanden ist. Was will man mehr?

    Zurück zu den Finanzen. Sie standen vor zwei Jahren bei der Entscheidung, freiwillig in die Regionalliga zurück zu gehen, vor einem sechsstelligen Schuldenberg. Wie erfolgreich waren Sie beim Abbau der aus der Erstligasaison 2008/2009 stammenden Altlasten?

    Kohl: Wir sind de facto schuldenfrei. Übrig sind nur noch auf dreieinhalb Jahre abgeschlossene kleinere Privatdarlehen im Bereich von weniger als 10 000 Euro. Nächstes Jahr sind diese Belastungen endgültig abgetragen. Aber auch wenn wir daran eine Zeit lang zu knabbern hatten: Ich denke, es gibt in Nördlingen niemand, der die ProA-Meisterschaft und die BBL-Saison missen möchte.

    Ist angesichts dieser sportlich und wirtschaftlich positiven Entwicklung in absehbarer Zeit auch ein Aufstieg in die ProA wieder ein anzustrebendes Ziel?

    Kohl: Die Weiterverfolgung unseres Konzeptes ist uns wichtiger als die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Liga. Wir haben in der ProB ein Level gefunden, das für uns richtig und wichtig ist. In den nächsten Jahren kommen junge Spieler mit einer sehr guten Grundausbildung nach, von denen wir hoffen, dass sie den Sprung in die erste Mannschaft schaffen. Das ist in der ProB deutlich einfacher als in der ProA. Insgesamt ist unser Konzept mittelfristig angelegt, so etwas geht nicht in einem Jahr.

    In der Vergangenheit hat es immer wieder Reibereien zwischen dem Frauen- und Männerbereich des Nördlinger Basketballs gegeben, die auch nach der Gründung der BG Donau-Ries und damit der organisatorischen Trennung vom Stammverein TSV Nördlingen nicht beendet waren. Ist es nicht Zeit, dass hier endlich Ruhe einkehrt?

    Kohl: Insgesamt kommt man nicht an der Erkenntnis vorbei, dass der Markt der Sponsoren begrenzt ist und dass wir im Konkurrenzkampf stehen – nicht nur mit der BG, sondern auch mit der KTV Ries oder den TSV-Fußballern. Solange dabei mit fairen Mitteln gearbeitet wird, ist das in Ordnung.

    Auch Sie persönlich waren eine Zeit lang Zielscheibe harter und zum Teil diffamierender Kritik, vor allem im Jahr des Abstiegs aus der ProA. Wie hart haben Sie solche zum Teil anonym verbreiteten Äußerungen, in denen vom allein herrschenden Tribun die Rede war, getroffen?

    Unterscheiden zwischen Ehrenamt und Profimanagern

    Kohl: Diejenigen, die damals diese Flugblätter verteilt haben, sind durch Überwachungskameras erwischt worden. Man muss mit Kritik leben und ich bin der Letzte, der nicht eingesteht, dass in der damaligen ProA-Saison Fehler gemacht worden sind. Aber man sollte schon unterscheiden zwischen ehrenamtlich Tätigen und Profimanagern beispielsweise im Fußball, die für ihre Arbeit Hunderttausende von Euros einschieben.

    Ich habe für den Basketball ehrenamtlich viel Zeit und Energie verwendet, was zulasten meines Berufes und meiner Gesundheit gegangen ist. Insofern war das schon eine harte Zeit. Ich habe damals aber auch sehr viel Zuspruch bekommen und Aufgeben war für mich sowieso nie ein Thema.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden