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Debatte nach Herrmann-Äußerung: Roberto Blanco: "Über das Wort Neger wird so ein Theater gemacht"

Debatte nach Herrmann-Äußerung

Roberto Blanco: "Über das Wort Neger wird so ein Theater gemacht"

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    Roberto Blanco sieht die Debatte um die Äußerung von Joachim Herrmann gelassen.
    Roberto Blanco sieht die Debatte um die Äußerung von Joachim Herrmann gelassen. Foto: Horst Ossinger (dpa)

    Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) bedauert seine umstrittene "Neger"-Äußerung über den Sänger Roberto Blanco. Bei einer vom Radiosender Antenne Bayern arrangierten Aussprache sagte Minister Herrmann dem 78-jährigen Entertainer am Telefon: "Ich möchte noch mal sagen, dass ich Sie wirklich sehr, sehr schätze und ich auch klar sonst die Verwendung dieses Wortes absolut ablehne. Das will ich Ihnen noch mal ausdrücklich sagen und dass ich dies ausdrücklich bedauere."

    Roberto Blanco nimmt "Neger" von Joachim Herrmann nicht persönlich

    Roberto Blanco antwortete in dem Gespräch am Dienstag, er bedanke sich dafür, dass Herrmann das Wort "wundervoll" verwendet habe, und fügte hinzu. "Ich stehe über dieser Sache und ich habe das nicht persönlich genommen, und ich weiß, Sie haben das nicht so gemeint. Über dieses Wort "Neger" wird so ein Theater gemacht."

    Joachim Herrmann hatte eine Debatte ausgelöst, als er in der Sendung "Hart, aber fair" im WDR am Montagabend sagte: "Roberto Blanco war immer ein wunderbarer Neger, der den meisten Deutschen wunderbar gefallen hat."

    Entgleisung im Fernsehen: Bayerns Innenminister Joachim Herrmann erfreut sich an dem «wunderbaren Neger» Roberto Blanco.
    Entgleisung im Fernsehen: Bayerns Innenminister Joachim Herrmann erfreut sich an dem «wunderbaren Neger» Roberto Blanco. Foto: Karlheinz Schindler (dpa)

    Herrmann erklärte im ZDF-Morgenmagazin am Dienstag, er habe damit nur auf einen Anrufer in der Sendung reagiert. Der hatte gesagt, er wolle "Neger überhaupt nicht haben." Herrmann sagte auch, dass er das Wort sonst überhaupt nicht verwende.

    Gegenüber Focus online sagte Schlagersänger Roberto Blanco: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass er das böse gemeint hat. Schlauer wäre hingegen gewesen, wenn er nicht das Wort Neger genutzt hätte, sondern Farbiger."

    Ist das Wort "Neger" rassistisch? Die Wissenschaft ist sich da nicht ganz so einig. Während Sprachwissenschaftler Albrecht Plewnia vom Institut für Deutsche Sprache Herrmann zumindest teilweise in Schutz nimmt, sieht der Würzburger Sprachwissenschaftler Matthias Schulz das etwas anders. Eines der Fachgebiete des Professors an der Universität Würzburg ist die "Koloniallinguistik".

    Eine Person, die das Wort "Neger" verwendet, ist nach Einschätzung Plewnias nicht automatisch ein Rassist: "Dennoch ist Neger kein wertneutrales Wort und ist mit einer Reihe von Negativassoziationen besetzt". Deshalb gebe es einen breiten öffentlichen Konsens, dieses Wort nicht zu verwenden. Darin seien sich normalerweise alle politischen Amtsträger einig. Der bayerische Innenminister habe auf einen rassistischen Anruf in der Echo-Form reagiert und dabei wahrscheinlich unüberlegt gehandelt. "Man könnte Herrmann vorwerfen, nicht adäquat auf den Anruf reagiert zu haben."

    "Neger"-Debatte: Ein Signalwort reicht aus, um einen Shitstorm auszulösen

    Plewnia beklagt eine reflexhafte Reaktion in den sozialen Netzwerken auf bestimmte Begriffe. "Ein Signalwort reicht aus, um einen Shitstorm auszulösen." Der Sprachwissenschaftler kritisierte, dass die Debatte nur auf einen kurzen Ausschnitt in der Sendung bezöge und "nicht genau hingeschaut wird". Man solle Begriffe nicht aus dem Kontext lösen. Auch die mangelnde Empörung der anderen Sendungs-Gäste über die Aussage Herrmanns zeige, dass die Runde das Wort in dem Kontext als "harmlos" und "unproblematisch" empfunden habe.

    Schulz sagte, das Wort "Neger" habe seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges einen enormen Bedeutungswandel erfahren. Während in den 1960er Jahren die Verwendung des Wortes noch unproblematisch gewesen sei, werde es im 1977 in der DDR erschienenen Wörterbuch der Gegenwartssprache bereits als "heute oft abwertend" beschrieben. Im heutigen Duden werde es als "stark diskriminierend" bezeichnet. "Wenn heute jemand eine Person mit dunkler Hautfarbe auch in einer sehr positiven Aussage als 'Neger' bezeichnet", dann sei das "wenig sprachsensibel", selbst wenn es nicht abwertend gemeint sei.

    SPD und Grüne hatten am Dienstag nicht so viel Verständnis mit Herrmann. SPD-Landtagsfraktionchef Markus Rinderspacher sprach von einer "ungeheuerlichen Entgleisung". Herrmann setze in der Asyldebatte nicht auf eine besonnene Wortwahl, sondern heize die Stimmung mit Beleidigungen auf: "Das ist verantwortungslos und seines Amtes nicht würdig." Grünen-Fraktionschefin Margarete Bause warf dem Minister sogar vor, seinem verantwortungsvollen Job nicht gewachsen zu sein. Die Verwendung des rassistischen Begriffes "Neger" offenbare Herrmanns "dumpfe Geisteshaltung".

    Scharfe Kritik kam auch vom Arbeitskreis Panafrikanismus München e.V.: "Gerade zu einem Zeitpunkt, an dem rassistische Hetze und geistige wie materielle Brandstiftung einen neuen Höhepunkt erlangt haben, und der Staat und sein Sicherheitapparat überfordert sind, ist eine derartige rassistische Äußerung von einem Innenminister nicht zu dulden", meinte Hamado Dipama. "Für uns, die afrikanische Community in Bayern, Schwarze Menschen und solche, sich aktiv gegen Rassismus, Diskriminierung, Rechtsextreminismus und Ausländerfeindlichenkeit zur Wehr setzen, kann die Äußerung von Hermann nicht ohne Konzequenzen bleiben, denn der bayerische Innenminister hat sich klar geoutet." AZ, dpa, epd

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