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Telford: Der nächste Missbrauchsskandal erschüttert England

Telford

Der nächste Missbrauchsskandal erschüttert England

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    Mehr als 15 Jahre lang sollen in der englischen Industriestadt Rotherham – hier im Bild – etwa 1400 Mädchen sexuell ausgebeutet und wie Gefangene gehalten worden sein. Jetzt ermitteln Polizei und Behörden in einer weiteren Stadt. „Telford ist das neue Rotherham“, titeln erste Medien.
    Mehr als 15 Jahre lang sollen in der englischen Industriestadt Rotherham – hier im Bild – etwa 1400 Mädchen sexuell ausgebeutet und wie Gefangene gehalten worden sein. Jetzt ermitteln Polizei und Behörden in einer weiteren Stadt. „Telford ist das neue Rotherham“, titeln erste Medien. Foto: Will Oliver, dpa

    Mit stockender Stimme erzählt die junge Frau, wie sie von einem Mann mit dessen Gürtel geschlagen wurde. Wie er sie zwei oder drei Mal pro Nacht verkauft hat. Wie Männer sie in einem Vergewaltigungs-Haus zum Sex gezwungen haben. Damals lebte sie in der mittelenglischen Stadt Telford, war erst 14 Jahre alt, eingeschüchtert und verunsichert. Heute gehört die Britin, die anonym bleiben will, zu einer Gruppe dutzender Frauen, die den Mut haben, an die Öffentlichkeit zu gehen.

    Missbrauchte Mädchen in Telford stammten aus prekären Verhältnissen

    Seit Tagen berichten diese von Gruppenvergewaltigungen, erzwungenen Abtreibungen und Drohungen, von Ausbeutung und Gewalt. Erschüttert erneut ein Missbrauchsskandal die Insel? In Telford in der Grafschaft Shropshire sollen seit den 80er Jahren bis zu tausend Mädchen Opfer eines Pädophilen-Rings geworden sein, enthüllte die Sunday Mirror. Dahinter stecke ein Netzwerk pädophiler Täter oft asiatischer Herkunft, die weiße, verletzliche Jugendliche insbesondere aus prekären Verhältnissen im Visier gehabt hätten. Einige der Mädchen seien sogar ermordet worden.

    Der Bericht sorgte für Empörung im Königreich ebenso für Reaktionen der Behörden. So bezeichnete der zuständige Polizeichef Tom Harding das geschilderte Ausmaß des sexuellen Missbrauchs als sensationsheischend: Er denke nicht, „dass Telford schlimmer ist als irgendein anderer Ort in England oder Wales“. Doch die britische Regierung kündigte Ende vergangener Woche eine offizielle Untersuchung an. Seitdem melden sich immer mehr Frauen zu Wort. Ihr Postfach werde überschwemmt mit Nachrichten von Frauen, die ihre schrecklichen Erfahrungen schildern, sagte die konservative Abgeordnete Lucy Allan. Sie vertritt den Wahlkreis und spricht zwar nicht von bis zu tausend, aber von hunderten betroffener Mädchen. Die Polizei in Telford geht dagegen von 46 Betroffenen aus.

    Haben die englischen Behörden versagt?

    Haben wieder einmal die Behörden versagt? Laut Sunday Mirror hätten Beamte die Einschätzung abgegeben, dass der Sex in den meisten Fällen einvernehmlich stattgefunden habe. Einige der missbrauchten Minderjährigen seien als Prostituierte abgestempelt worden. Obwohl die Parlamentarierin Lucy Allan bereits vor zwei Jahren Ermittlungen gefordert hatte, ist nichts geschehen: Die örtlichen Behörden sahen keinen Handlungsbedarf.

    Seit Jahren wird Großbritannien regelmäßig von Missbrauchsskandalen erschüttert. Es traf die Entertainment-Branche genauso wie die Sportwelt, doch einer der abgründigsten Fälle passierte im nordenglischen Rotherham, wo von 1997 bis 2013 etwa 1400 Kinder Opfer von Sexualverbrechern, überwiegend südasiatischen Einwanderern, wurden. Experten erkennen etliche Parallelen. Eine Untersuchung soll nun klären, wie die Behörden die Opfer hätten schützen können. Es gehe, so hieß es aus dem Innenministerium, auch um Lektionen für die Zukunft. Wieder einmal.

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