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"Earth Overshoot Day": Erdüberlastungstag: Ab sofort lebt die Menschheit auf Kosten der Natur

"Earth Overshoot Day"

Erdüberlastungstag: Ab sofort lebt die Menschheit auf Kosten der Natur

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    Vom Welterschöpfungstag an werden Ressourcen verbraucht, die nicht mehr im Lauf des Jahres nachwachsen, dieses Jahr fällt er auf den 29. Juli.
    Vom Welterschöpfungstag an werden Ressourcen verbraucht, die nicht mehr im Lauf des Jahres nachwachsen, dieses Jahr fällt er auf den 29. Juli. Foto: Nasa/Goddard Space Flight Center, dpa

    Jetzt ist Schluss! Ab 29. Juli lebt die ganze Menschheit auf Pump. Dabei geht es nicht um Geld. Die Währung ist viel wertvoller: Unsere Erde, ihre Rohstoffe, unsere Natur.

    Earth Overshoot Day (deutsch: Erdüberlastungstag) bezeichnen Forscher diesen Tag. Das bedeutet: Weltweit sind ab jetzt alle Ressourcen, die nachwachsen können und uns rechnerisch für dieses Jahr zur Verfügung stehen, aufgebraucht.

    Und trotzdem leben wir weiter, als würden wir endlose Ressourcen haben, der Brunnen aus dem wir uns seit Jahrzehnten über die Maßen bedienen, nie versiegen. Und wir zahlen nie etwas zurück. Im Gegenteil. Unser Schuldenberg wird immer größer.

    Zum Vergleich: 1987 war der Earth Overshoot Day erst am 19. Dezember. Seitdem rückt das kritische Datum immer weiter nach vorne. Letztes Jahr war es der 1. August. Heuer sind wir nochmal drei Tage früher dran. Inzwischen wirtschaftet die Weltbevölkerung, als hätte sie 1,75 Erden zur Verfügung.

    "Wir haben nur eine Erde und können nicht 1,75 Erden einsetzen, ohne die zerstörerischen Konsequenzen zu spüren", sagt Mathis Wackernagel, Miterfinder des Ecological Footprint Accounting und Gründer des Global Footprint Network. "Die Übernutzung wird ein Ende finden. Die Frage ist nicht "ob", sondern "wie". Die Übernutzung endet per Desaster oder per Design: daher sollten wir uns jetzt entscheiden, ob wir Ein-Planeten-Elend oder Ein-Planeten/Wohlstand wollen."

    Wie berechnet sich der Earth Overshoot Day 2019?

    Das Global Footprint Network, eine Nachhaltigkeitsorganisation, bestimmt dieses Datum mit Hilfe des ökologischen Fußabdrucks sowie mit der sogenannten Biokapazität.

    Der ökologische Fußabdruck stellt dar, welche natürlichen Ressourcen die Bevölkerung einer Region, eines Landes oder der Welt in Anspruch nimmt, um ihren Bedarf zu decken: Das sind zum Beispiel pflanzliche Nahrungsmittel, Pflanzenfasern, die Tierhaltung und Fischprodukte, Holz und Raum für städtische Infrastruktur.

    Auf der anderen Seite hat eine Region, ein Land oder die Welt eine gewisse Biokapazität: eine Oberfläche von biologisch produktivem Land oder Wasser, die sich innerhalb einer bestimmten Zeit regenerieren kann. Sowohl der Verbrauch als auch die Oberfläche werden in globalen Hektaren (gha) gemessen.

    Ein Vergleich des Fußabdrucks mit der Biokapazität zeigt, wann die ökologischen Reserven aufgebraucht sind.

    Weltweit stehen etwa 12,2 Milliarden gha an Biokapazität zur Verfügung. Der durchschnittliche Pro-Kopf-Verbrauch beträgt 3,3 gha. Bei rund 7,1 Milliarden Menschen auf der Erde reichen die Ressourcen damit nur bis zum 29. Juli.

    Wie sieht es mit dem World Overshoot Day 2019 in Deutschland aus?

    In Deutschland waren die Ressourcen noch deutlich früher aufgebraucht als im weltweiten Durchschnitt. In diesem Jahr schon am 3. Mai. Wir verbrauchen unsere jährlichen Ressourcen also schon binnen fünf Monaten.

    Laut Zahlen aus dem Jahr 2016 (aktuellere liegen noch nicht vor) beträgt die Biokapazität in Deutschland 1,6 gha. Der ökologische Fußabdruck aber 4,9 gha. Damit verbrauchen wir deutschen 3,3 gha mehr als wir eigentlich zur Verfügung haben. Immerhin haben die Deutschen ihren Verbrauch in den vergangenen Jahren deutlich gesenkt. Ende der 1980er Jahre lag er noch bei 5,8 gha.

    Dennoch: Würden alle Erdenbewohner so leben wie wir Deutschen, würden wir laut Global Footprint Network aktuell drei Erden benötigen, um den Bedarf zu decken. Damit liegt Deutschland auf Platz vier des weltweiten Rankings. Spitzenreiter sind die USA mit fünf verbrauchten Erden pro Jahr.

    Diese Ressourcen verbrauchen wir am meisten

    Besonders bei den CO₂-Emissionen ist die Menschheit zu verschwenderisch. Sie machen 60 Prozent des ökologischen Fußabdrucks aus. Grund dafür ist der enorme Verbrauch von fossilen Energieträgern. Und die Landwirtschaft verursacht derzeit bis zu 80 Prozent des weltweiten Waldverlusts. Der Anbau von Palmöl, Soja für die Tierfütterung, Kautschuk, Kakao sowie die Rinderhaltung heizt die Rodungen weltweit an.

    Ist diese Entwicklung noch zu stoppen?

    Die gute Nachricht: Ja, die Entwicklung kann gestoppt werden. Laut Mathis Wackernagel wäre es möglich, schon 2050 wieder so zu leben, dass die Menschheit mit den nachwachsenden Ressourcen ein komplettes Jahr auskommt. Dazu müsste man den Earth Overshoot Day nur jährlich um fünf Tage hinausschieben.

    Wie das gelingen kann, hat der Forscher auf der Homepage von Global Footprint Network zusammengefasst:

    Die Ersetzung von 50 Prozent des Fleischkonsums durch eine vegetarische Ernährung würde das Datum des Überschreitungstages um 15 Tage hinausschieben (davon zehn Tage für die Reduzierung der Methanemissionen allein von Nutztieren).

    Die Reduzierung der Fossilenergie-bedingten CO₂-Emissionen um 50 Prozent würde das Datum des Earth Overshoot Days um 93 Tage hinausschieben.

    • Die Ersetzung von 50 Prozent des Fleischkonsums durch eine vegetarische Ernährung würde das Datum des Überschreitungstages um 15 Tage hinausschieben (davon zehn Tage für die Reduzierung der Methanemissionen allein von Nutztieren).
    • Die Reduzierung der Fossilenergie-bedingten CO₂-Emissionen um 50 Prozent würde das Datum des Earth Overshoot Days um 93 Tage hinausschieben.

    Vereinfacht ausgedrückt: Weniger Fleisch essen und weniger Autofahren würde unserem Planeten einen großen Dienst erweisen – und die Ökoschulden schnell verringern. (AZ)

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