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Interview: Eckart von Hirschhausen: "Das Netz macht nur die Schlauen schlauer"

Interview

Eckart von Hirschhausen: "Das Netz macht nur die Schlauen schlauer"

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    Zwei Tage im Gefängnis: Was macht das mit einem Menschen? Der Arzt Eckart von Hirschhausen hat versucht, es in einem Experiment herauszufinden.
    Zwei Tage im Gefängnis: Was macht das mit einem Menschen? Der Arzt Eckart von Hirschhausen hat versucht, es in einem Experiment herauszufinden. Foto: WDR, Bilderfest GmbH

    Für Ihre neue TV-Reportage „Hirschhausen im Knast“, die am heutigen Montagabend in der ARD gesendet wird, haben Sie sich zwei Tage in ein Gefängnis einsperren lassen. Was haben Sie bei dem Aufenthalt hinter Gittern für sich persönlich gelernt?

    Eckart von Hirschhausen: Dass es Türen gibt, die man nicht von innen öffnen kann. Und wie seltsam es ist, nicht nur Gitter vor dem Fenster zu haben, sondern auch vor der Dachluke. Ich wollte ein Gefühl dafür bekommen, wie das ist, eingesperrt zu sein, isoliert, weg vom Fenster. Was macht das mit einem selber, wie verändert das Menschen, Beziehungen, Lebensläufe. Da kann man schon ins Grübeln kommen, wie sinnvoll manche Strafmaßnahme ist. Ich hatte ja Zeit nachzudenken, denn ich musste wie jeder andere auch mein Handy abgeben, was einem ja sonst pausenlos das eigene Denken abnimmt.

    Für eine andere Reportage haben Sie mehrere Tage in einem Hospiz verbracht. Was hat Sie dort besonders bewegt?

    Hirschhausen: In meiner Ausbildungszeit hatte ich als angehender Arzt in der Kinderneurologie wenig mit dem Tod zu tun, und daher war das Hospiz für mich echtes Neuland. Mich hat beeindruckt, dass dort keine durchgehende Grabesstimmung herrscht, sondern es viele herzliche und auch leichte Momente gibt, die wir erleben und einfangen konnten. Vor allem hat mich berührt, mit welcher Liebe und Hingabe dort Ärzte, Pflegekräfte, Ehrenamtliche und Angehörige zusammenarbeiten, um der letzten Lebensphase Würde und Fülle zu geben.

    Eckart von Hirschhausen: "Ich glaube an ein Leben nach dem Tod"

    Verdrängen wir den Tod zu sehr aus unserem Alltag?

    Hirschhausen: Wir kommen aus Staub, wir werden zu Staub, deshalb meinen die meisten, es müsse im Leben darum gehen, viel Staub aufzuwirbeln. Angesichts des Todes wird sehr viel von dem, wonach wir alle lange streben und womit wir unglaublich viel Zeit verdödeln, total unwichtig. Und davor haben wir Angst: dass wir einsehen müssten, die falschen Prioritäten gehabt zu haben. Keiner hat doch auf dem Sterbebett jemals gesagt: Ich hätte mehr Zeit im Büro verbringen sollen oder mit Social Media. Alles was am Ende zählt, ist nicht mit Geld aufzuwiegen.

    Glauben Sie selber an ein Leben nach dem Tod?

    Hirschhausen: Ich glaube an ein Leben nach dem Tod, zumindest in Teilen, und bin deshalb erklärter Organspender.

    Sie propagieren stets das Lachen als Medizin, den Humor als Wunderwaffe. Sind existenzielle Situationen wie Hospiz und Knast aber nicht Lebenslagen, in denen es nichts mehr zu lachen gibt?

    Hirschhausen: Von Karl Valentin stammt der weise Satz: „Wenn es regnet, freue ich mich. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch.“ Humor ist überhaupt nichts Oberflächliches, sondern das tiefe Einverständnis in die Widersprüchlichkeit, in die Absurdität und die unauflösbaren Rätsel unserer Existenz. Der Humor wurde uns geschenkt als Ausweg und Trost, damit wir über Dinge, die wir nicht ändern können, nicht verrückt werden oder verzweifeln.

    Sie haben in einer aktuellen Umfrage als beliebtester Quizmaster nach Günther Jauch abgeschnitten. Wollten Sie eigentlich schon immer ins Fernsehen?

    Hirschhausen: Ganz im Gegenteil. Mit vier wollte ich Feuerwehrmann werden, dann Lokführer und Zoodirektor und während des Studiums Entwicklungshelfer. Heute unterstütze ich die Welthungerhilfe und Ärzte ohne Grenzen, bin mit der Bahn unterwegs, arbeite zwar nicht gegen Feuer, aber gegen Burnout und setze mich für seelische Gesundheit ein, stehe auf der Bühne und mache mich zum Affen, bin dabei aber mein eigener Direktor. Ich finde, ich habe ziemlich viel von meinen Kindheitsträumen verwirklicht. Zumindest keinen verraten.

    Hirschhausen: "Mein elftes Gebot: Du sollst nicht googeln!"

    Sind die Leute heute dank des Internets in Gesundheitsfragen aufgeklärter als früher?

    Hirschhausen: Mein elftes Gebot: Du sollst nicht googeln! Das Netz macht nur die Schlauen schlauer. Man muss wissen, wonach man sucht, und die Quellen einordnen können. Jede Pharmafirma und jeder Quacksalber kann alles behaupten, ohne Beweise liefern zu müssen. Deswegen sich unbedingt an vertrauenswürdige Institutionen wenden, zum Beispiel den Krebsinformationsdienst, die Verbraucherzentralen oder die Krankenkassen, die manchmal besser sind als ihr Ruf.

    Gesundheit ist Ihr Lebensthema. Welches sind Ihre wichtigsten Tipps für ein langes, gesundes Leben?

    Hirschhausen: Ganz einfach, lassen Sie einfach alles weg, was es verkürzt. 15 Jahre unseres Lebens hängen am Lebensstil. Es gibt keine Tablette, keine Operation und erst recht keine Creme, die uns besser schützen als ganz einfache Dinge des Alltags: nicht rauchen, bewegen, Gemüse – erwachsen werden und Kind bleiben.

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