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Gewalt: Ferngesteuerter Kindesmissbrauch

Gewalt

Ferngesteuerter Kindesmissbrauch

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    Der Mann soll den Kindesmissbrauch live per Webcam verfolgt haben. Gegen Geld soll er Täter und Opfer Handlungsanweisungen gegeben, gewissermaßen Regie geführt haben. Anfang des Monats kam ein 48-Jähriger aus dem oberbayerischen Landkreis Altötting deshalb in Untersuchungshaft.

    Die Staatsanwaltschaft Traunstein und das Bundeskriminalamt (BKA) schreiben von einem „noch neuen Modus Operandi“, einer neuen Art, wie Kriminelle handeln. Sie sprechen vom „Webcam Child Sex Tourism“ (WCST), also Sex-Tourismus per Webcam. Das Phänomen gibt es erst seit wenigen Jahren. Genaue Zahlen nennt das BKA nicht. Es gebe eine hohe Dunkelziffer, sagt Matthias Wenz vom Referat zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen. WCST könne eine Alternative für den tatsächlichen Sextourismus sein, bei dem Täter ins Ausland fahren, um sich an Kindern zu vergehen. „Wir vermuten, dass der eine oder andere mit Webcam-Sex die Zeit bis zur nächsten Reise überbrücken will“, sagt Wenz. Das Kinderhilfswerk Terre des hommes betont: „WCST ermöglicht Missbrauchern den direkten Zugang zu ungeschützten Kindern gegen ein geringes Entgelt, was bedeutet, dass sie Opfer in anderen Ländern leichter und häufiger missbrauchen können als je zuvor.“ Zehn bis 100 US-Dollar zahle ein Kunde im Schnitt pro „Show“.

    40000 öffentliche Chatrooms gebe es, in denen Kindesmissbraucher aktiv seien, berichtet das Kinderhilfswerk Terre des hommes unter Berufung auf das FBI. Dessen Fachleute in den Niederlanden haben vor Jahren mit einem gefälschten Internet-Account 1000 Kunden identifiziert, darunter 44 aus Deutschland. Auch Frauen seien unter den Tätern. Die Kunden seien meist in reichen Ländern zu Hause, die Opfer in ärmeren. Von einem sozial-wirtschaftlichen Gefälle spricht auch Wenz: Es gebe sogar Familien, die „in vollem Bewusstsein ihre Kinder anbieten, um Geld zu verdienen und somit zu überleben“.

    Wird ein WCST-Kunde in Deutschland gefasst, macht er sich in gleichem Maße strafbar wie der Missbraucher vor Ort. Dem Mann aus Oberbayern etwa drohen nach Angaben der ermittelnden Staatsanwaltschaft Traunstein zwei bis 15 Jahre Freiheitsstrafe. (dpa)

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