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Filmfest Cannes: Goldene Palme von Cannes für Flüchtlingsdrama "Dheepan"

Filmfest Cannes

Goldene Palme von Cannes für Flüchtlingsdrama "Dheepan"

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    Jacques Audiard mit der Goldenen Palme.
    Jacques Audiard mit der Goldenen Palme. Foto:  Ian Langsdon (dpa)

    Das Flüchtlingsdrama "Dheepan" des französischen Regisseurs Jacques Audiard ist beim Filmfestival von Cannes mit der Goldenen Palme ausgezeichnet worden. Die von den US-Regisseuren Joel und Ethan Coen geleitete Jury kürte den Film über das schwierige Leben von drei Bürgerkriegsflüchtlingen aus Sri Lanka in einer Pariser Problem-Vorstadt am Sonntagabend zum besten Wettbewerbsbeitrag. Das Holocaust-Drama "Son of Saul" erhielt den Großen Preis der Jury.

    "Son of Saul" erhält Großen Preis der Jury

    "Diesen Preis von den Coen-Brüdern zu bekommen ist etwas ziemlich Einmaliges" zeigte sich Audiard tief bewegt. "Ich bin Euch unendlich dankbar." Der 62-Jährige gilt als einer der großen Regisseure des zeitgenössischen französischen Kinos. Für seine ebenso packende wie düstere und brutale Gefängnisstudie "Ein Prophet" war er 2009 in Cannes mit dem Großen Preis der Jury ausgezeichnet worden.

    Dheepan: "Was ist eine falsche Familie?"

    In dem ebenfalls düsteren Drama "Dheepan" erzählt Audiard die Geschichte von drei Bürgerkriegsflüchtlingen aus Sri Lanka, die versuchen, sich in Frankreich ein neues Leben aufzubauen. Dheepan, ein früherer Kämpfer der Rebellenbewegung der Tamilen-Tiger, eine junge Frau aus dem Bürgerkriegsland und ein neunjähriges Mädchen geben sich in Frankreich als Familie aus, obwohl sie sich kaum kennen. Sie versuchen, sich in einer Pariser Problem-Vorstadt zu integrieren, werden aber mit dem gewalttätigen Alltag, mit Drogenhandel und kriminellen Banden konfrontiert.

    "Mich hat die Frage interessiert 'Was ist eine falsche Familie?', und am Ende ist es eine richtige Familie geworden", hatte Audiard in Cannes über seinen Film gesagt. "Dieser Mann kämpfte einst aus politischen Gründen. Später wird er für die kämpfen, die er liebt."

    "Dheepan" galt nicht als Favorit für Goldene Palme

    Dass die Goldene Palme an "Dheepan" geht, ist eine Überraschung - als Favorit hatte der Film nicht gegolten. Leer gingen zwei Spielfilme aus Italien aus, denen gute Chancen auf die begehrte Auszeichnung eingeräumt worden waren: die Tragikkomödie "Youth" von Paolo Sorrentino und das Drama "Mia Madre" von Nanni Moretti. Insgesamt waren 19 Filme im Rennen um die Goldene Palme; ein deutscher Beitrag war wie auch in den Vorjahren nicht darunter.

    Gleich für seinen Erstlingsfilm "Son of Saul" (Sauls Sohn) wurde der ungarische Regisseur Laszlo Nemes mit dem Großen Preis der Jury ausgezeichnet. Der schockierende Film über das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau handelt von einem Juden, der als Mitglied eines Sonderkommandos bei der Verbrennung vergaster Juden eingesetzt wird. Als er unter den Leichen seinen eigenen Sohn entdeckt, setzt er alles daran, diesen vor den Flammen zu bewahren. Den Preis der Jury bekam der Grieche Yorgos Lanthimos für "The Lobster".

    Das ist das Filmfestival von Cannes 2015

    In die offizielle Auswahl von Cannes haben es dieses Jahr 53 Spielfilme geschafft. 19 davon laufen im Hauptwettbewerb und können sich somit Chancen auf die begehrte Goldene Palme für den besten Film ausrechnen. Ebenso viele Filme laufen im Nebenwettbewerb »Un certain regard» (Ein gewisser Blick). Dort werden häufig ungewöhnlichere und gewagtere Filme meist weniger bekannter Regisseure gezeigt als im Hauptwettbewerb.

    Außer Konkurrenz laufen dieses Jahr unter anderem der Eröffnungsfilm »La Tête Haute» mit Catherine Deneuve, der Endzeit-Actionkracher »Mad Max: Fury Road» und der Woody-Allen-Film »Irrational Man». Auch gibt es in Cannes Sonder- und Mitternachtsvorführungen sowie die Reihe »Cannes Classics», bei der restaurierte Fassungen von Filmklassikern gezeigt werden.

    Im Hauptwettbewerb entscheidet in diesem Jahr eine von den legendären Regie-Brüdern Joel und Ethan Coen geleitete Jury über die Vergabe der Goldenen Palme. Neben den Coen-Brüdern sitzen in der neunköpfigen Jury unter anderem der kanadische Regisseur Xavier Dolan, die Schauspielerin Sophie Marceau und Hollywood-Star Jake Gyllenhaal.

    Sie entscheiden nicht nur über den Hauptpreis, sondern auch über die anderen Auszeichnungen, etwa für die beste Regie, das beste Drehbuch, den besten Darsteller und die beste Darstellerin. Die Jury des Wettbewerbs »Un certain regard» wird von der Schauspielerin und Regisseurin Isabella Rossellini geleitet.

    Die berühmte Trophäe »Palme d'Or» feiert dieses Jahr ihren 60. Geburtstag, sie wurde 1955 erstmals verliehen. In den Jahren zuvor bekam der Regisseur des besten Films in Cannes eine Urkunde und dazu ein Kunstwerk oder eine Vase. Die Goldene Palme besteht aus 19 Blättern aus 18-karätigem Gold und hat einen Wert von rund 20.000 Euro. Im vergangenen Jahr ging sie an den türkischen Regisseur Nuri Bilge Ceylan für sein Familiendrama »Winterschlaf».

    Vom offiziellen Plakat des diesjährigen Filmfestivals von Cannes lächelt die 1982 verstorbene schwedische Schauspielerin Ingrid Bergmann. Mit »Casablanca» zur Legende geworden, wäre Bergmann dieses Jahr 100 Jahre alt geworden. Im vergangenen Jahr hatte ein Porträt des italienischen Schauspielers Marcello Mastroianni das Cannes-Plakat geziert.

    Der Auflauf an internationalen Stars in Cannes ist für viele Kinofans mindestens ebenso wichtig wie die Filme an sich. Auf dem Weg zum Filmpalast laufen die Stars und Sternchen über den 60 Meter langen berühmten roten Teppich zum Filmpalast und erklimmen dabei - begleitet von einem Blitzlichtgewitter der Fotografen - 24 Stufen.

    Während des Filmfestivals platzt Cannes aus allen Nähten: Leben in der Regel 74.000 Menschen in der Mittelmeerstadt, sind es in den kommenden Wochen mehr als 200.000. Aus beruflichen Gründen akkreditiert haben sich 36.000 Menschen, darunter rund 4500 Journalisten. 800 Polizisten sollen während des Festivals für Sicherheit sorgen. (afp)

    Der Preis für die beste Regie ging an den Taiwanesen Hou Hsiao-Hsien für das Kampfkunst-Epos "The Assassin". Als bester Drehbuchautor wurde der Mexikaner Michel Franco für "Chronic" geehrt.

    Rooney Mara und Emmanuelle Bercot als beste Schauspielerinnen ausgezeichnet

    Als beste Darstellerinnen wurden bei der 68. Ausgabe des Festivals an der südfranzösischen Mittelmeerküste gleich zwei Schauspielerinnen ausgezeichnet: Die US-Schauspielerin Rooney Mara für ihre Rolle in dem Lesben-Drama "Carol" und die Französin Emmanuelle Bercot für ihre Darstellung einer bei einem Skiunfall schwer verletzten Anwältin im Film "Mon Roi" (Mein König).

    Als bester Darsteller wurde mit Vincent Lindon ebenfalls ein Franzose geehrt. In dem Sozialdrama "La Loi du Marché" (Das Gesetz des Marktes) spielt er einen Arbeitslosen, der schließlich in einem Supermarkt als Sicherheitsmann angestellt wird und Kassiererinnen überwachen muss. afp/AZ

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