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Interview: G.G. Anderson: "Der Hit fiel mir auf der Toilette ein"

Interview

G.G. Anderson: "Der Hit fiel mir auf der Toilette ein"

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    Auf der Bühne ist G.G. Anderson ein alter Hase – aber seinen größten Hit schrieb er auf der Toilette. Denn Melodien fallen ihm immer und überall ein.
    Auf der Bühne ist G.G. Anderson ein alter Hase – aber seinen größten Hit schrieb er auf der Toilette. Denn Melodien fallen ihm immer und überall ein. Foto: Manfred Esser

    Herr Anderson, Sie haben in Ihrem Leben schon über 1000 Lieder geschrieben. Von Mireille Mathieu bis Roland Kaiser bedienten sie die halbe Schlagerwelt. Für den britischen Frauenversteher Engelbert haben Sie mit „The Spanish Night Is Over“ einen Welthit geschrieben. Sie sind so fleißig, könnte es sein, dass Sie heute schon einen Hit geschrieben haben?

    G.G. Anderson: Nein, ich habe heute noch nichts geschrieben. Das hängt damit zusammen, dass ich gerade die Werbetrommel für mein neues Album rühre.

    „Summerlove“ kommt im Juli auf den Markt. Was erwartet Ihre Fans?

    Anderson: Da ist die Art von Musik drauf, die mich in den 80er Jahren bekannt gemacht hat. Da sind viele Sommertitel dabei. Ich bin ja auch so ein Sommermensch. Von mir aus bräuchte es keinen Winter. Ich liege gerne am Strand, lese ein schönes Buch und lass die Wellen rauschen. Das ist auch die Stimmung des Albums. Die ersten Reaktionen sind ungewöhnlich gut. Die Plattenfirma kann sich gar nicht entscheiden, welche Single sie rausbringen will.

    Warum ist Ihnen diesmal so ein Wurf gelungen?

    Anderson: Schwer zu sagen. Ich will mich um Gottes willen nicht mit Abba vergleichen, aber ich habe mal ein Interview mit Björn Anderson gelesen, der sagte: „Wenn wir zwölf Songs aufgenommen haben, waren das zwölf A-Seiten.“ Das ist bei mir diesmal auch der Fall. Normal sind drei Kracher, garniert mit ordentlichen LP-Nummern.

    Wie gehen Sie beim Komponieren vor?

    Anderson: Mir fallen Melodien immer ein. Irgendwo im Auto, unter der Dusche, im Garten – plötzlich merke ich, das ist eine Melodie. Heutzutage kann ich die einfach festhalten und sie aufs Handy singen. Früher brauchte man dazu ein Diktiergerät. Bei mir ist das sogar nachts neben dem Bett gelegen.

    Das ist eher ungesund für den Schlaf.

    Anderson: Mag sein, tatsächlich aber fallen mir oft nachts Melodien ein, wenn ich aufwache. Und wenn ich sie dann nicht gleich aufnehme, sind sie bis zum Morgen weg. Witzig ist auch, wie der Riesenhit „The Spanish Night Is Over“, den ich für Engelbert schrieb, zustande kam.

    Wie war das?

    Anderson: Da saß ich gerade auf der Toilette, als ich plötzlich die Melodie im Ohr hatte (er singt sie laut vor). Ich bin raus und habe einem Freund zugerufen, er soll sofort mit dem Diktiergerät kommen. Mir war klar: Das wird ein Hit!

    Ihre Texte handelten meist vom süßen Leben am Meer. Verbringen Sie da auch gerne Ihre Urlaube oder singen Sie das nur, weil es ein immer funktionierendes Sehnsuchtsmotiv ist?

    Anderson: Ich bin ein Meeresfan und gerne auf Mallorca oder in Italien. Mein Traumziel sind die Malediven. Aber dorthin habe ich es noch nicht geschafft, weil ich tierische Flugangst habe. Aber irgendwann werde ich das schaffen, irgendwann wird es eine Pille geben, die einen zehn Stunden ruhig schlafen lässt.

    Sie haben sich beruflich nie auf eine Musikrichtung beschränkt. Was hört der private G.G. Anderson gerne?

    Anderson: Ich bin so ein Alleshörer. Je nach Stimmung und Laune. Auf Feiern mag ich gerne Stimmungslieder, in der Disco gerne Hip-Hop. Ich bin ja ein Junge der 60er Jahre, darum gehören für mich die Beatles und Stones auch zu den ganz Großen. Ich höre aber, wenn ich morgens bei mir im Schwimmbad meine Bahnen ziehe, auch gerne klassische Musik. Nur Jazz mag ich nicht.

    Sie haben früher in der Begleitband von Michael Holm gespielt. Wie sind Sie denn da reingeraten?

    Anderson: Unsere Band, die Blue Moons, war über die Grenzen Göttingens bekannt. Aber Kohle hatten wir nicht. Dann kam die Anfrage des Managements von Michael Holm und wir haben zugesagt. Ich durfte damals als Schlagzeuger die zweite Stimme singen – war eine schöne Zeit.

    Aus Ihrer eigenen Band ging das Duo Wildegger Herzbuben hervor. Hätten Sie „Herzilein“ auch gerne gesungen?

    Anderson: Ich habe den ja angeboten bekommen. Das war ein furchtbares Demo. Ich habe trotzdem erkannt, dass es ein Knaller werden könnte. Dann habe ich es den beiden Dicken (Wilfried Gliem und Wolfgang Schwalm, d. Redaktion) vorgespielt und Ihnen zugeraten, das zu machen. Am Ende gab es die Wildegger Herzbuben und G.G. Anderson hatte keine Band mehr.

    Der Titel eines Ihrer Evergreens heißt „Am Strand von San Angelo“. Wie fühlt sich das an, wenn man einen Song in die Welt gesetzt hat, der einfach nicht wieder verschwindet?

    Anderson: Das merke ich bei einigen Songs. Wenn ich nach den Konzerten Autogramme gebe und die Leute sagen: „Ach, Sie haben meine ganze Jugend begleitet.“ Da bekomme ich schon manchmal Gänsehaut.

    Sie heißen bürgerlich Gerd Willi Grabowski. Wie sind Sie auf G.G. Anderson als Künstlername gekommen?

    Anderson: Ich habe ja früher schon einige Künstlernamen ausprobiert. Doch die liefen alle nicht. Ich schrieb zwar schon für andere Hits, aber bei mir selber klappte das nicht. Dann wollte ich mich nach dem US-Countrysänger B. G. Thomas benennen. Da sagte ein Freund: „Warum denn B. G. Thomas? Du heißt doch Gerd Grabowski. Das muss G.G. Thomas heißen.“ Der Chef der Plattenfirma damals war wiederum Fan von Abba und meinte, man sollte doch was mit Anderson machen. G.G. Anderson – das klinge. Da war der Name geboren.

    Vor vier Jahren jagten Sie Ihren Fans einen Riesenschrecken ein. Sie hatten einen doppelten Schlaganfall. Sind Sie wieder vollständig genesen?

    Anderson: Ich bin wieder vollständig gesund. Aber 2013 und 2014 habe ich eine Menge gesundheitliche Probleme bekommen. Das war die Pest. Depressionen, zwei kleine Schlaganfälle und eine Darmoperation. Dazu ein Oberschenkelhalsbruch am Silvester-Vormittag. Wenn das wenigstens nachts im Suff passiert wäre, dann hätte ich es ja noch verstehen können. Aber morgens? Und dann gab es noch eine Rückenoperation. Da dachte ich mir: Du musst etwas vom Gas gehen!

    Und wie sah das aus?

    Anderson: Ich habe aufgehört zu rauchen und deutlich weniger Alkohol getrunken. Auch gestaltete ich mein Leben stressfreier. Leider ist man irgendwann wieder im alten Fahrwasser. Trotzdem fühle ich mich wieder richtig gut. Zweimal die Woche gehe ich aber zum Osteopathen und ich schwimme regelmäßig.

    Zur Person G.G. Anderson alias Gerd Willi Grabowski wurde 1949 im hessischen Eschwege geboren. Er lernte nach dem Realschulabschluss eigentlich Elektriker und trat nur nebenbei als Sänger und Schlagzeuger auf. 1973 startete er seine Solokarriere unter dem Namen Alexander Marco. Seit 1980 heißt er G.G. Anderson.

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