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TV-Kritik: Haha? Gähn! Die ZDF-"heute-show" wirkt nach zehn Jahren müde

TV-Kritik

Haha? Gähn! Die ZDF-"heute-show" wirkt nach zehn Jahren müde

Daniel Wirsching
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    Oliver Welke moderiert die „heute-show“. Und das ist zunehmend keine Freude mehr. Wie die gesamte Nachrichtensatire, die Ende Mai 2009 erstmals im ZDF lief.
    Oliver Welke moderiert die „heute-show“. Und das ist zunehmend keine Freude mehr. Wie die gesamte Nachrichtensatire, die Ende Mai 2009 erstmals im ZDF lief. Foto: Sascha Baumann, ZDF, dpa

    Zum Beispiel vergangene Woche: Die Kamera fährt auf Moderator Oliver Welke zu, das Studiopublikum johlt. Dann geht es los mit der Kalauer-Parade. Hinter Welke sieht man Andrea Nahles (SPD) und Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) in einer Fotomontage mit zu Grimassen verzerrten Gesichtern. Eingeblendet wird in Lila der Text: „Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs“.

    SPD und CDU befinden sich nach der Europawahl in der Krise, und Welke witzelt über die beiden Parteivorsitzenden (Nahles war es da noch). Es sähe so aus, als würden demnächst zwei interessante Stellen frei. „Kann irgendjemand so einen tiefen Fall nachempfinden?“, fragt Welke. Es folgt, was folgen muss – ein Einspieler, in dem der frühere SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz lacht und sagt: „Ja klar.“ Aus Welkes Mund kommen die Laute: „Haha, hhhhhhhh“.

    Die ZDF-"heute-show" war mal besser

    So funktioniert der Humor der „heute-show“ im ZDF. Nach dem Motto: Nur keine Gefangenen machen. Kalauer erkannt, Kalauer gebannt. Witz-Elfmeter sicher verwandelt. „Haha, hhhhhhhh“.

    Nach zehn Jahren voll des öffentlichen Lobes – und voller Auszeichnungen – für das ZDF-Freitagabend-Unterhaltungs-Flaggschiff muss man feststellen: Oliver Welkes „heute-show“ war auch mal besser.

    Hat man sich zu ihren besseren Zeiten geärgert, wieso sie sich denn schon wieder für Monate in die Sommerpause verabschiedet, freut man sich inzwischen darauf. Man hofft: Es kann ja nur aufwärtsgehen. Ähnlich dachte wahrscheinlich der stets kritische Fernsehkritiker Hans Hoff einst. Vorbei. Seine Geduld ist am Ende. In einem offenen Brief im Branchendienst DWDL.de erklärte er kürzlich, dass er nicht mehr einschalte. Und weil er über das Ende seiner langen Beziehung zur „heute-show“ so schön schrieb, hier eine längere Passage seines Textes:

    „Ich finde halt, du hast es dir in den letzten Jahren ein bisschen zu bequem gemacht auf deiner Comedy-Couch. Du hast dich gehen lassen, und die Klamotten, die du trägst, die waren schon vor fünf Jahren nicht modern. Nun sind sie so abgewetzt, dass man durch sie durchschauen kann und entdeckt, dass sich darunter nicht sehr viel versteckt. Du schluderst rum, du verlotterst, und du machst ganz offensichtlich keinerlei Anstalten, das zu ändern.“

    Während Hans Hoff sich selbst in eine immerwährende „heute-show“-Sommerpause schickte, gehen Welke und sein Team nach der Ausgabe an diesem Freitagabend in ihre sendungsfreie Zeit. Ausgabe 18 in diesem Jahr ist die vorerst letzte.

    Liebe „heute-show“, bitte werde wieder überraschender!

    Die erste Sendung dagegen verhieß Gutes, und phasenweise brachte die „heute-show“ sogar sehr Gutes zustande. Wie die Reportagen eines Lutz van der Horst oder Martin Sonneborn. Nur zum Beispiel. Die erste Sendung wurde am 26. Mai 2009 ausgestrahlt, dienstags, und zunächst einmal im Monat. Von 2010 an witzelten Welke und Co. wöchentlich und zu einer super Sendezeit. Den Freitagabend hatte bereits „Die Wochenshow“ auf Sat.1als „funny friday“ etabliert. Ein bisschen Witzischkeit am Ende einer langen Arbeitswoche.

    Moderator Oliver Welke wenige Tage vor der ersten Ausgabe der „heute-show“ im Jahr 2009.
    Moderator Oliver Welke wenige Tage vor der ersten Ausgabe der „heute-show“ im Jahr 2009. Foto: Rolf Vennenbernd, dpa (Archiv)

    Die „heute-show“ hatte allerdings den Anspruch, mehr zu sein. Satire eben. Gesellschaftskritik. Sie war anders. Und das kam an. Gab es doch zuvor überwiegend Sketch-Formate oder Altmänner-Politkabarett. In der Tat: Die „heute-show“ bot in den vergangenen Jahren häufig mehr, man darf nicht ungerecht sein. Das Problem ist: Die Dampfhammer-Methode greift längst auf die gesamte Sendung über. In Gernot Hassknechts Schimpftiraden wie in Dietmar Wischmeyers „Logbuch der Bekloppten und Bescheuerten“. Alles erwartbar. Noch scheint es zu funktionieren. Im Schnitt lagen die Quoten 2019 bei 4,26 Millionen Zuschauern. Dies hier ist übrigens keine Publikumsbeschimpfung. Eher ein Appell, den man – wie Hans Hoff – im Offener-Brief-Stil eines enttäuschten ehemaligen „heute-show“-Liebhabers vielleicht so formulieren könnte: „Liebe ,heute-show‘, bitte werde wieder überraschender, weniger ausrechenbar, weniger schenkelklopfend! Du kannst es doch!“

    Denn eines muss man auch sagen: Es ist prinzipiell schön und gut, dass es ein Format wie die „heute-show“ im deutschen Fernsehen gibt. Die Zeiten sind hochpolitisch, und ohne Satire wären sie manchmal nicht auszuhalten. Zugleich sind ein Jan Böhmermann oder „Die Anstalt“ nicht jedermanns Sache. Weil: zu erhobener-Zeigefinger-haft. Prinzipiell ist das Konzept der „heute-show“ nach wie vor großartig: beständig wechselnde Comedians und Kabarettisten bereichern die Sendung mit ihrer eigenen Art und ihren Eigenarten. Was im Falle eines Nico Semsrott oder Olaf Schubert gelang. Aber das ist, wie vieles, Geschmackssache. Am 6. September wird die „heute-show“ aus ihrer Sommerpause zurückkehren. Mal sehen, ob und wie sie sich erholt hat. Zuletzt wirkte sie recht müde. Haha? Gähn!

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