Startseite
Icon Pfeil nach unten
Panorama
Icon Pfeil nach unten

Umfrage: Hassliebe unter Fast-Nachbarn: So sehen Italiener die Deutschen

Umfrage

Hassliebe unter Fast-Nachbarn: So sehen Italiener die Deutschen

    • |
    Der Gartenzwerg – typisch deutsch? Eine Studie sollte das Deutschlandbild der Italiener ergründen.
    Der Gartenzwerg – typisch deutsch? Eine Studie sollte das Deutschlandbild der Italiener ergründen. Foto: Martin Schutt, dpa

    Wenn von „Italienern“ und „Deutschen“ die Rede ist, dann handelt es sich dabei um ziemlich abstrakte Größen. Es gibt Südtiroler und Sizilianer, Menschen, die aus dem Bayerischen Wald oder aus der Hansestadt Hamburg stammen. Möglicherweise finden sich unter diesen Gruppen dann gar Leute, die überhaupt nicht den jeweiligen Klischees entsprechen, die man sich üblicherweise von ihnen erschafft. Die deutsche Botschaft in Rom jedenfalls wollte sich trotz dieser Risikofaktoren ein Bild machen vom Bild, das Italiener von Deutschland haben. Das Ergebnis der Umfrage des Institutes Piepoli unter 1018 volljährigen Italienern fiel aber ambivalent aus.

    So haben 62 Prozent der Italiener sehr viel oder großes Vertrauen in Deutschland. Die gerade in größten politischen Schwierigkeiten steckende Bundeskanzlerin schneidet noch besser ab. 64 Prozent der Befragten haben großes Vertrauen in Angela Merkel. Obwohl sie derzeit auch in Italien als besonders schwach wahrgenommen wird.

    Aber das Deutschlandbild der Italiener ist auch von großer Skepsis gekennzeichnet. Viele Italiener halten Deutschland für eigennützig und unflexibel. Mehr als die Hälfte der Interviewten bewerten das Verhältnis der beiden Länder zueinander als „wenig positiv“ (42 Prozent) oder „gar nicht positiv“ (zehn Prozent).

    Berlusconi beleidigte Merkel und Schulz

    Natürlich prägen zwischenstaatliche Historie und aktuelle Politik die Meinung über den jeweiligen Nachbarn. Zu denken ist etwa an die Wehrmachtsverbrechen aus dem Zweiten Weltkrieg und vor allem auf italienischer Seite entstandene Traumata, die (insbesondere deutsche) Historiker seit den 1990er Jahren aufarbeiten. Die Ära Berlusconi setzte das deutsch-italienische Verhältnis einem erneuten Stresstest aus. Der umstrittene Staatschef hatte etwa den früheren Präsidenten des EU-Parlaments, Martin Schulz, als wohlgeeignet für die Filmrolle eines KZ-Kapos bezeichnet. Und angeblich soll er Angela Merkel tatsächlich einmal in einem abgehörten Gespräch (je nach Übersetzung) als „Pferdearsch“ bezeichnet haben.

    Und wie sieht es heute aus? Die Populisten von Fünf-Sterne-Bewegung und Lega bezichtigen Deutschland einer verantwortungslosen Hegemonie in Europa. Und in Deutschland gibt es Politiker, deren liebstes Hobby es scheint, Italien auf finanzpolitische und sonstige Verfehlungen hinzuweisen. Das wird in Italien sehr wohl wahrgenommen. Zuletzt sorgte in Italien ein Interview des deutschen EU-Kommissars Günther Oettinger vor der Parlamentswahl für Entsetzen. „Die Märkte werden die Italiener lehren, das Richtige zu wählen“, wurde Oettinger zitiert. In Wahrheit hatte sich der Politiker differenzierter ausgedrückt. Das Zitat wäre so aber untergegangen.

    Das Resümee der Beziehung Italien - Deutschland wirkt vertraut

    Das Beispiel zeigt, dass gerade auch die Vermittlungsfähigkeit vieler Medien für das deutsch-italienische Verhältnis mangelhaft ist. Immer wieder werden Stereotype aufgewärmt: auf der einen Seite die liebenswürdigen, aber unzuverlässigen Italiener, im Norden die hochnäsigen und kühlen Rechthaber. Und doch gibt es bei uns eine heimliche Bewunderung der Italiener, die Robert Gernhardt einst treffend im folgenden Aphorismus beschrieb: „Italiener sein, verflucht!/Ich hab’ es oft und oft versucht/ – es geht nicht.“ Zugleich kursiert bei uns gern das Bild vom stets unzulänglichen, aber doch unwiderstehlichen Mittelmeerland, das zwischen dem Unglückskapitän Schettino, der Mafia, eingestürzten Brücken und einer unwiderstehlichen Portion Spaghetti carbonara hin- und herpendelt.

    Wie sieht nun das Resümee aus? Eines kann man konstatieren: „Die Italiener schätzen die Deutschen, aber sie lieben sie nicht. Die Deutschen lieben die Italiener, aber sie schätzen sie nicht.“ So lautet die heute wohl immer noch zutreffende Beschreibung des Nachbarschaftsverhältnisses.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden