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Cannes 2015: Jacques Audiard gewinnt mit Flüchtlingsdrama in Cannes

Cannes 2015

Jacques Audiard gewinnt mit Flüchtlingsdrama in Cannes

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    Diese Goldene Palme von Cannes ist nicht der erste Triumph für den 63-jährigen französischen Regisseur und Drehbuchautor. Schon 1996 wurde er dort für sein Drehbuch „Das Leben: Eine Lüge“ mit einer Palme gewürdigt. Dann, vor sechs Jahren, folgte der „Große Preis der Jury“ für sein Gefängnisdrama „Ein Prophet“. Und bei den „Césars“, den französischen Oscars, war Audiard bereits ein halbes dutzend Mal nominiert, während er für den Europäischen Filmpreis schon dreifach ins Rennen ging.

    Das ist das Filmfestival von Cannes 2015

    In die offizielle Auswahl von Cannes haben es dieses Jahr 53 Spielfilme geschafft. 19 davon laufen im Hauptwettbewerb und können sich somit Chancen auf die begehrte Goldene Palme für den besten Film ausrechnen. Ebenso viele Filme laufen im Nebenwettbewerb »Un certain regard» (Ein gewisser Blick). Dort werden häufig ungewöhnlichere und gewagtere Filme meist weniger bekannter Regisseure gezeigt als im Hauptwettbewerb.

    Außer Konkurrenz laufen dieses Jahr unter anderem der Eröffnungsfilm »La Tête Haute» mit Catherine Deneuve, der Endzeit-Actionkracher »Mad Max: Fury Road» und der Woody-Allen-Film »Irrational Man». Auch gibt es in Cannes Sonder- und Mitternachtsvorführungen sowie die Reihe »Cannes Classics», bei der restaurierte Fassungen von Filmklassikern gezeigt werden.

    Im Hauptwettbewerb entscheidet in diesem Jahr eine von den legendären Regie-Brüdern Joel und Ethan Coen geleitete Jury über die Vergabe der Goldenen Palme. Neben den Coen-Brüdern sitzen in der neunköpfigen Jury unter anderem der kanadische Regisseur Xavier Dolan, die Schauspielerin Sophie Marceau und Hollywood-Star Jake Gyllenhaal.

    Sie entscheiden nicht nur über den Hauptpreis, sondern auch über die anderen Auszeichnungen, etwa für die beste Regie, das beste Drehbuch, den besten Darsteller und die beste Darstellerin. Die Jury des Wettbewerbs »Un certain regard» wird von der Schauspielerin und Regisseurin Isabella Rossellini geleitet.

    Die berühmte Trophäe »Palme d'Or» feiert dieses Jahr ihren 60. Geburtstag, sie wurde 1955 erstmals verliehen. In den Jahren zuvor bekam der Regisseur des besten Films in Cannes eine Urkunde und dazu ein Kunstwerk oder eine Vase. Die Goldene Palme besteht aus 19 Blättern aus 18-karätigem Gold und hat einen Wert von rund 20.000 Euro. Im vergangenen Jahr ging sie an den türkischen Regisseur Nuri Bilge Ceylan für sein Familiendrama »Winterschlaf».

    Vom offiziellen Plakat des diesjährigen Filmfestivals von Cannes lächelt die 1982 verstorbene schwedische Schauspielerin Ingrid Bergmann. Mit »Casablanca» zur Legende geworden, wäre Bergmann dieses Jahr 100 Jahre alt geworden. Im vergangenen Jahr hatte ein Porträt des italienischen Schauspielers Marcello Mastroianni das Cannes-Plakat geziert.

    Der Auflauf an internationalen Stars in Cannes ist für viele Kinofans mindestens ebenso wichtig wie die Filme an sich. Auf dem Weg zum Filmpalast laufen die Stars und Sternchen über den 60 Meter langen berühmten roten Teppich zum Filmpalast und erklimmen dabei - begleitet von einem Blitzlichtgewitter der Fotografen - 24 Stufen.

    Während des Filmfestivals platzt Cannes aus allen Nähten: Leben in der Regel 74.000 Menschen in der Mittelmeerstadt, sind es in den kommenden Wochen mehr als 200.000. Aus beruflichen Gründen akkreditiert haben sich 36.000 Menschen, darunter rund 4500 Journalisten. 800 Polizisten sollen während des Festivals für Sicherheit sorgen. (afp)

    Audiards cineastisches Talent liegt in der Familie: Vater Michel Audiard war ein bekannter Filmemacher in Frankreich, dessen Spektrum von „Kommissar Maigret“ bis zum „Käfig voller Narren III“ reichte. Der Sohn allerdings hatte sich zunächst geweigert, in die Fußstapfen des berühmten Papas zu treten. Er wollte lieber Lehrer werden. So studierte Audiard Literatur und Philosophie an der berühmten Sorbonne in Paris. Bei einem Praktikum als Cutter kam er dann doch auf den Filmgeschmack. Er brach das Studium ab und wechselte in den Schneideraum. Dort sammelte er Erfahrungen bei Regie-Größen wie Roman Polanski und Patrice Chéreau.

    Jacques Audiard konzentrierte sich auf das Schreiben

    1983 verfasste er, gemeinsam mit dem Vater, das Drehbuch des Psychothrillers „Das Auge“, den Krimi-Spezialist Claude Miller mit Michel Serrault und Isabelle Adjani inszenierte. Elf Jahre später wagte Audiard sein Regie-Debüt mit dem Thriller „Wenn Männer fallen“, der von einem Handelsvertreter erzählt, der einen Mord aufklärt.

    Prompt wurde dieser Erstling mit drei Césars ausgezeichnet, unter anderem für das Beste Debüt. Für sein zweites Werk, „Das Leben: Eine Lüge“, das von Familiengeheimnissen während des Zweiten Weltkriegs handelt, gewann Audiard wie gesagt die Palme für das Drehbuch 1996.

    In der Folgezeit konzentrierte sich der Künstler auf das Schreiben. Unter anderem war er Autor der Erfolgskomödie „Schöne Venus“, mit der Audrey Tautou zum Star wurde. 2001 verfilmte er mit „Lippenbekenntnisse“ sein eigenes Drehbuch, Vincent Cassel gibt darin einen Kriminellen, der mit Hilfe einer hörgeschädigten Sekretärin andere Ganoven betrügt.

    Sein Meisterstück aber lieferte Audiard vor sechs Jahren mit dem Gefängnisdrama „Ein Prophet“. Die Geschichte um einen Waisenjungen maghrebinischer Abstammung ging sogar als französischer Beitrag ins Oscar-Rennen. Wird sich solch eine Empfehlung wiederholen nach dem vorläufigen Triumph für Audiard mit der Goldenen Palme? Ja, die Erfolgsgeschichte des Meisterregisseurs dürfte sich bei den nächsten Oscar-Wettbewerben fortsetzen.

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