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Katholische Kirche: Von wegen Ruhe im Kloster: Viele Nonnen leiden an Burnout

Katholische Kirche

Von wegen Ruhe im Kloster: Viele Nonnen leiden an Burnout

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    Nonnen stehen ganz unten in der Kirchen-Hierarchie. Deswegen sind sie Priestern und Oberinnen oft mehr oder weniger ausgeliefert.
    Nonnen stehen ganz unten in der Kirchen-Hierarchie. Deswegen sind sie Priestern und Oberinnen oft mehr oder weniger ausgeliefert. Foto: Peter Kneffel, dpa (Symbolbild)

    Burnout ist nicht nur ein Phänomen, mit dem gestresste Geschäftsleute oder Eltern zu tun haben. Auch die katholische Kirche kennt das Thema. Jetzt steht eine Profession im Fokus, das man auf den ersten Blick nicht unbedingt mit krankhaften Erschöpfungszuständen in Verbindung bringen würde: die Nonnen.

    Bereits im vergangenen November fand in Rom ein Seminar der Internationalen Vereinigung der Generaloberinnen mit dem Titel „Vorbeugung des Burnout und Resilienz im religiösen Leben“ statt. Nun wird auch in der Beilage „Donne Chiesa Mondo“ der Vatikanzeitung Osservatore Romano über das Thema berichtet. Daraus geht hervor, warum insbesondere Ordensschwestern vom Burnout betroffen sind: Sie stehen ganz unten in der kirchlichen Hierarchie.

    Von Burnout bis Missbrauch: Vielen Nonnen geht es nicht gut

    Seit einiger Zeit ist Bewegung in das Thema gekommen. In einem Leitartikel vor exakt einem Jahr machte „Donne Chiesa Mondo“ erstmals auf das Problem der sexuellen Gewalt durch Priester und Ordensleute gegen Nonnen aufmerksam. Papst Franziskus bestätigte das Phänomen.

    Auf der Amazoniensynode im Oktober diskutierten die Bischöfe über eine stärkere Berücksichtigung von Frauen im kirchlichen Leben. Während Missbrauch die Spitze der Gewalt gegen Nonnen in aller Welt darstellt, gehören die Erschöpfungszustände offenbar zum Alltag der Ordensschwestern. „Burnout, das Syndrom der Überlastung am Arbeitsplatz, ist eine Krankheit, die viele Ordensschwestern betrifft“, heißt es in „Donne Chiesa Mondo“. 2017 gab es weltweit insgesamt rund 650.000 Nonnen, Tendenz abnehmend.

    Der Workshop im November sollte ein erster Schritt sein. Die Vereinigung der Generaloberinnen beschloss zudem die Einrichtung einer Kommission, die in drei Jahren Leitlinien erarbeiten soll, um das Phänomen in den Griff zu bekommen. Damit rühren die Generaloberinnen an ein Tabu. Über die Lebensbedingungen von Ordensschwestern wurde lange Zeit offiziell gar nicht gesprochen. Die Leiterin des Workshops im November war die australische Ordensschwester Maryanne Loughry, eine ausgebildete Psychologin, die unter anderem als Forscherin am Boston College sowie an der Universität Oxford tätig ist. Loughry sagt: „Die Geschlechterungleichheit ist eines der Grundprobleme.“ Man müsse das gesamte System betrachten, in dem Ordensschwestern tätig seien und nicht nur die Einzelfälle. Die katholische Kirche hat eine strenge Hierarchie. Nonnen sind der Willkür ihrer Vorgesetzten in vielen Fällen schlicht ausgeliefert und stehen ganz unten in der Befehlskette.

    Ordensschwestern stehen ganz unten in der kirchlichen Hierarchie

    „Es ist unerlässlich, dass eine Nonne weiß, was sie verlangen kann und was von ihr verlangt werden kann“, sagt Loughry. Klare Regeln dafür gibt es bisher nicht. Aufgrund der hierarchischen Unterschiede wagen es offenbar viele Ordensschwestern nicht, den Vorgesetzten von ihrer Überlastung zu berichten.

    Ordensschwestern sind oft nicht nur überarbeitet, sie können von ihren Oberinnen beliebig versetzt werden, sie wissen oft nicht, wie lange sie an einem Ort sein werden oder wann sie Ferien machen können. „Keine Kontrolle über das eigene Leben zu haben, nicht planen zu können, schädigt die mentale Gesundheit“, sagt Loughry. Deshalb seien klare Standards im Hinblick auf Urlaub, Sabbaticals, Bezahlung und Unterbringung notwendig. In den Bilanzen der Orden müssten Geldmittel für Therapien oder Fortbildungen bereitgestellt werden.

    Unter Franziskus ist Bewegung in das Thema gekommen. Erst vor wenigen Tagen ernannte der Papst Francesca Di Giovanni zur Untersekretärin im vatikanischen Staatssekretariat. Erstmals hat damit eine Frau eine Führungsposition in der Regierungszentrale des Papstes inne. Auch der Chef der zuständigen Kongregation im Vatikan, der Brasilianer Joao Braz de Aviz, zeigt sich kooperativ. „In vielen Fällen herrscht schlicht Angst, vor allem unter den Frauen, sie haben Angst vor den Oberinnen“, sagt Braz de Aviz. Wahrer Gehorsam hingegen sei das Gegenteil: „Es ist notwendig, das zu sagen, was der Herrgott uns innerlich rät.“

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