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Künstlertod: Kolorist Gotthard Graubner stirbt mit 82

Künstlertod

Kolorist Gotthard Graubner stirbt mit 82

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    Bremen 2006: Gotthard Graubner - wie immer mit Taschenuhr - vor drei Farbraumkörpern aus seiner Hand.
    Bremen 2006: Gotthard Graubner - wie immer mit Taschenuhr - vor drei Farbraumkörpern aus seiner Hand. Foto: Ingo Wagner, dpa

    An seinem Violettgelb, das wolkenhaft schwebt, hat sich schon mancher Bundespräsident und – unbewusst oder bewusst – schon mancher „Tagesschau“-Zuschauer gewärmt: Wenn es offiziell wurde am Amtssitz im Berliner Schloss Bellevue, wenn der erste Mann des Staates vor Kamera und Mikro trat, dann leuchtete im Hintergrund eine große Malerei voller Farb-Licht-Energie, ein Gemälde des 1930 im Vogtland geborenen Gotthard Graubner.

    Nun ist sein Schöpfer tot. Graubner, der einstige Documenta- und Biennale-Venedig-Teilnehmer, der ehemalige Düsseldorfer Kunstakademie-Professor, starb 82-jährig, wie die Stiftung Insel Hombroich in Neuss am Rhein bestätigte, wo der Künstler sein Atelier hatte.

    Nebelräume und Farbraumkörper

    Was macht die Größe von Graubners Kunst aus? Es ist einerseits die Verräumlichung von Farbe in „Kissenbildern“, „Nebelräumen“ und „Farbraumkörpern“. Und es ist andererseits die Delikatesse der eingesetzten Farbvaleurs und Lasurtechniken, die zum Eintritt, zum Verlieren, zur Meditation des Betrachters laden. Graubner war – mit Tizian, Rothko, Turner – ein bestechender Kolorist. Und so sei auch noch mal folgende schöne wahre Geschichte um Raum und Farbe und Graubner erzählt:

    Es war auf der Art Cologne 2005. Ein Kunstfreund sah ein kleines ungewöhnliches Aquarell in Altrosaviolett mit Graubners Signatur, und kurz darauf diesen selbst, wie er – allzeit in feinem Tuch und feinem Habitus – über die Messe streifte. Die Gelegenheit war günstig, der Kunstfreund konfrontierte Graubner mit dem ungewöhnlichen, weil differenziert-tachistischen Blatt. Was er heute, nach Jahren, zu diesem Aquarell meine?

    "Da muss ich besoffen gewesen sein"

    Die Reaktion war verblüffend. Graubner erklärte kategorisch: „Unmöglich von mir!“ So hob man das Blatt aus dem Rahmen. Graubner prüfte, erkannte das Papier an zwei Eigenarten, erklärte, von ihm noch heute einige Bögen im Atelier liegen zu haben und stellte fest: „Da muss ich besoffen gewesen sein!“

    Dann dachte er nach und schlug vor, das Aquarell zu überarbeiten, damit „er dazu stehen könne“. Er ließ sich Wasser geben, ein Schminkkästchen von einer Galeristin und einen Schminkpinsel und machte sich wischend und tupfend an die Arbeit. 15 Minuten später beurteilte er das entstandene Farbfeld mit den Worten: „Nun kann ich damit leben, nun wirkt es räumlich!“

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