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Kommentar: "Wetten, dass..?": Das Sterben eines TV-Dinos

Kommentar

"Wetten, dass..?": Das Sterben eines TV-Dinos

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    Abschiedsgeste: Markus Lanz in der Baden-Arena in Offenburg.
    Abschiedsgeste: Markus Lanz in der Baden-Arena in Offenburg. Foto: Sebastian Kahnert (dpa)

    Überraschend kam das Aus für „Wetten, dass ..?“ nicht. Es ist schließlich keine üble Idee, die ZDF-Unterhaltungsshow ab Dezember aus dem Programm zu werfen. Das Format ist hoffnungslos veraltet. Die Zuschauer flüchten. Die Produktionskosten in Höhe von etwa zwei Millionen Euro rechnen sich nicht mehr. Das muss sogar ein öffentlich-rechtlicher Sender akzeptieren, der sich aus dem Füllhorn der Zwangsgebühren nährt.

    "Wetten, dass...?" wärmte über Jahrzehnte wie ein Kachelofen

    Bemerkenswert ist das große Interesse an dieser Entscheidung. Das Sterben des TV-Dinos dominierte am Sonntag die Nachrichten und beschäftigte vermutlich viele Stammtische. War „Wetten, dass ..?“ etwa mehr als eine einfache Show? Ja, das Format wärmte über Jahrzehnte wie ein Kachelofen, wenn sich die Familie am Samstagabend vor der Flimmerkiste versammelte. Auch wenn das Sofa inzwischen oft leer bleibt. Viele Familien erinnern sich an diesen Fernseh-Ofen wie an eine gute alte Zeit.

    Wetten, dass..? - Twitter-Reaktionen zum Aus der ZDF-Show

    «»Wetten dass...» wird abgesetzt, wird jetzt der Rundfunkbeitrag billiger?» @olafgutting

    «ZDF macht Schluss mit Wetten dass, geht aber noch dreimal auf Sendung. Das ist ja wie mit meinen Ex-Freundinnen» @hf_sports

    «Wetten dass eingestellt? Da hat man ja jetzt mehr Sendeplatz für die wirklich wichtigen Sendungen. Wie Traumschiff. Und Rosamunde Pilcher.» @DonSchnulze

    «Gestern Abend wohl doch noch #Kurzkrimi verpasst. Tatort: Abspann. Täter bekannt. Motiv: keine Lust mehr. Die Tote: 33 Jahre. #Wetten dass?» @KrimiToGo

    «Wisst Ihr schon, i Dezember, w Medienredakteure schreiben, dass Lanz sich b #wettendass gesteigert hat & es Fehler ist, die Show zu beenden?» @tknuewer

    «Wetten,daß.. in der letzten Sendung am 6.Dezember in Nürnberg Thomas Gottschalk als »Überraschungs»-Nikolaus aus'm Lebkuchen hüpft?Nu is gut» @SuedStimme

    «Wetten, dass mir die Sendung nicht fehlen wird!» @ramtoka

    «Jetzt hörn sie mit »Wetten, dass...» auf. Und ich hab's seit 30 Jahren nicht mehr gesehen.» @pfarrerpohl

    «#Wetten, dass...? Dann haben ja die Medien erreicht was sie wollten!» @ThomasAndersGoM (Sänger Thomas Anders)

    Heute hat kaum noch ein TV-Beitrag die Kraft, Sofas zu füllen und Straßen leer zu fegen. Es sei denn, die deutsche Fußball-Nationalmannschaft greift nach dem WM-Pokal. Und selbst dann trifft sich die Generation Internet lieber auf der Straße – beim Public Viewing – und veröffentlicht „Selfie“-Fotos bei Facebook oder Whatsapp.

    Auf dem Sofa liegen Laptop oder iPad

    Das Internet löst das Fernsehen, wie wir es bislang kannten, als Massenmedium Nummer eins ab. Für viele Jüngere ist das Pantoffelkino schon lange nicht mehr ausreichend unterhaltsam. Sie sitzen zwar auch vor dem Bildschirm. Aber auf dem Sofa liegen auch Laptop oder iPad. Beim Tatort-Schauen diskutieren sie via Internet über Mordverdächtige oder witzeln mit Freunden über Pannen in TV-Shows.

    Während in der Tagesschau noch eindimensional der Beitrag über Putins Großmachtstreben läuft, wird im Web schon darüber diskutiert. Ein demokratischeres Medium hat es noch nie gegeben. Das treibt sogar Staatspräsidenten wie Recep Tayyip Erdogan zur Weißglut, der Twitter in der Türkei zeitweise sperren ließ.

    "Wetten, dass ..?" wirkt auf die Generation Internet öde

    Die digitale Vielfalt der sozialen Netzwerke, Entertainment- und Wissenskanäle hat tatsächlich neue Standards gesetzt. Im Vergleich dazu wirkt Einbahnstraßen-Unterhaltung wie bei „Wetten, dass ..?“ auf die Generation Internet öde. Sie will Einfluss nehmen, gestaltet lieber selbst, während die gute alte Flimmerkiste stoisch ihr Programm abspult.

    Doch für die öffentlich-rechtlichen TV-Sender muss die Änderung des Mediennutzungsverhaltens kein Beinbruch sein. Zum einen können sie sich auf ihr Stammpublikum verlassen, das keine Lust verspürt, während der Sendung auf der Tastatur des Laptops zu klimpern. Zum anderen könnten ARD und ZDF darin eine Chance sehen, ihr Selbstverständnis für die Zukunft neu zu definieren.

    "Wetten dass..?": Zahlen und Fakten

    Insgesamt gab es schon über 200 Sendungen "Wetten dass..?".

    Die meisten Sendungen wurden von Thomas Gottschalk moderiert, 39 von Frank Elstner, 9 von Wolfgang Lippert. Jetzt moderiert Markus Lanz.

    Knapp 1000 Wetten wurden bis heute realisiert.

    Das ZDF-Team umfasst etwa 250 bis 300 Mitglieder.

    Für den Aufbau der Bühne wird eine Fläche von etwa 48 mal 27 Metern benötigt.

    8 Kameraleute sind beim Dreh im Einsatz.

    Etwa 1000 Wettvorschläge werden nach jeder Sendung beim ZDF eingereicht.

    Über 10.000 Kartenanfragen gibt es pro Sendung.

    Je nach Halle gibt es etwa 1500 bis 3500 Zuschauerplätze. Auf Mallorca sind es mehr.

    Augsburg war schon fünf Mal Gastgeber für "Wetten dass..?", zuletzt im Dezember 2013.

    Im April 2014 wurde das Aus für "Wetten, dass..? zum Jahresende verkündet.

    Doch was ist die Rolle des öffentlich-rechtlichen Fernsehens in der digitalen Welt? Eine Richtungsentscheidung wurde vor Jahren getroffen. Mit ihren Mediatheken, Facebook-Seiten und Twitter-Einbindungen gehen die TV-Macher dahin, wo viele Internet-Nutzer sind. Diesen Rückkanal zum Fernsehprogramm auszubauen, ist eine lohnendere Aufgabe, als den Verlagen mit Nachrichtenportalen online Konkurrenz zu machen.

    Die wichtigste Antwort auf die Herausforderung Mediendschungel aber lautet: Qualität. Wenn Info-Portale, Facebook-Fans und Privatsender den Bildschirm mit paarungswilligen Landwirten und Top-Models fluten, müssen sich die Sender auf das Hochwertige konzentrieren. Und hochwertig war „Wetten, dass ..?“ am Ende wirklich nicht mehr.

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