Startseite
Icon Pfeil nach unten
Panorama
Icon Pfeil nach unten

Terror in Frankreich: Mögliche Komplizen von verhindertem Attentäter in Paris gefasst

Terror in Frankreich

Mögliche Komplizen von verhindertem Attentäter in Paris gefasst

    • |
    Kirche im Visier: Sid Ahmed Ghlam soll einen Anschlag auf die Kirche Saint-Cyr und Sainte-Julitte geplant haben.
    Kirche im Visier: Sid Ahmed Ghlam soll einen Anschlag auf die Kirche Saint-Cyr und Sainte-Julitte geplant haben. Foto: Ian Langsdon/dpa

    Im Zuge der Ermittlungen gegen den verhinderten islamistischen Attentäter Sid Ahmed Ghlam in Frankreich hat die Polizei drei mögliche Komplizen festgenommen. Wie aus Polizeikreisen verlautete, wurden zwei Verdächtige am Sonntag gefasst, ein weiterer sei bereit am Samstag festgenommen worden.

    Ghlam soll einen Anschlag auf mindestens eine Kirche im Pariser Vorort Villejuif geplant haben. Außerdem soll er eine 32-Jährige getötet haben.

    Im Pariser Vorort Saint-Ouen wurde nach Angaben aus Polizeikreisen ein 27-jähriger Franzose festgenommen. Auf einer in der Wohnung von Ghlam gefundenen Haarbürste sei die DNA des mutmaßlichen Komplizen nachgewiesen worden.

    Bislang stehe nicht fest, ob er ein Komplize von Ghlam sei, hieß es weiter. Ein Verdächtiger, der Ghlam logistisch unterstützt haben könnte, wurde den Angaben zufolge ebenfalls am Sonntag festgenommen.

    Sid Ahmed Ghlam: Wer sind seine Komplizen?

    Islamistischer Terror in Europa

    Seit den Terroranschlägen in den USA vom 11. September 2001 gab es auch in Europa eine Reihe islamistischer Attentate. Manche Pläne konnten gerade noch vereitelt werden. Beispiele:

    Dezember 2016: Ein Attentäter raste mit einem Lastwagen in einen Weihnachtsmarkt in Berlin und tötete zwölf Menschen. Der Islamische Staat bekannte sich zu dem Anschlag.

    März 2016: Terroristen haben Sprengsätze am Flughafen und in der U-Bahn der belgischen EU-Hauptstadt Brüssel gezündet. Es gibt zahlreiche Tote und Verletzte.

    November 2015: Bei einer Serie von Terroranschlägen in Paris sterben rund 130 Menschen. Zu den Attentaten bekennt sich wenig später der sogenannte "Islamische Staat".

    Januar 2015: Bei einem Attentat auf die Redaktion des islamkritischen Satiremagazins Charlie Hebdo in Paris sterben zwölf Menschen.

    Mai 2014: Im Jüdischen Museum in Brüssel erschießt ein französischer Islamist vier Menschen. Kurz darauf wird der Mann festgenommen.

    Dezember 2013: Bei Selbstmordanschlägen in der russischen Stadt Wolgograd sterben 34 Menschen im Bahnhof und in einem Bus. Islamisten aus dem Nordkaukasus bekennen sich zu den Attentaten.

    März 2011: Ein Kosovo-Albaner erschießt am Frankfurter Flughafen zwei US-Soldaten und verletzt zwei weitere schwer.

    Januar 2011: Bei einem Selbstmordanschlag auf dem internationalen Moskauer Flughafen Domodedowo sterben mindestens 37 Menschen. Die Ermittler machen Islamisten aus dem Nordkaukasus verantwortlich.

    Dezember 2010: Bei einem Sprengstoffanschlag in der Stockholmer Fußgängerzone stirbt der Attentäter. Hintergrund war vermutlich der Einsatz schwedischer Soldaten in Afghanistan.

    März 2010: Die vier Mitglieder der islamistischen Sauerland-Gruppe müssen wegen geplanter Terroranschläge in Deutschland für bis zu zwölf Jahre ins Gefängnis.

    Januar 2010: Gut vier Jahre nach der Veröffentlichung seiner Mohammed-Karikaturen in der Zeitung «Jyllands-Posten» entkommt der dänische Zeichner Kurt Westergaard nur knapp einem Attentat.

    Juli 2006: Im Kölner Hauptbahnhof werden in zwei Zügen Bomben gefunden, die wegen eines technischen Fehlers nicht explodierten. Der «Kofferbomber von Köln» wird zu lebenslanger Haft verurteilt.

    Juli 2005: Vier Muslime mit britischem Pass zünden in der Londoner U-Bahn und einem Bus Sprengsätze. 56 Menschen sterben, etwa 700 werden verletzt.

    März 2004: Bei Sprengstoffanschlägen auf Pendlerzüge in Madrid sterben 191 Menschen, etwa 1500 werden verletzt.

    Bereits am Samstag war nach Angaben aus Ermittlungskreisen ein Mann im Großraum Paris festgenommen worden. Am Sonntag war er weiterhin in Gewahrsam. Seine DNA sei sowohl in Ghlams Wohnung als auch in einem gestohlenen Auto gefunden worden, das in Aulnay-sous-Bois entdeckt wurde. In diesem soll Ghlam sein Waffenarsenal oder zumindest Teile davon besorgt haben. Eine am Mittwoch festgenommene junge Frau aus Ghlams Umfeld wurde nach zwei Tagen Gewahrsam wieder auf freien Fuß gesetzt.

    Der 24-jährige algerische Student Ghlam war am 19. April in Paris festgenommen worden, nachdem er unter bislang ungeklärten Umständen durch eine Kugel am Bein verletzt worden war und selbst einen Krankenwagen gerufen hatte. Bei einer Durchsuchung seines Autos und seiner Wohnung fand die Polizei ein großes Waffenarsenal sowie detaillierte Pläne für einen Anschlag auf mindestens eine Kirche im Pariser Vorort Villejuif. Die Größe des Waffenarsenals - vier Kalaschnikow-Gewehre, eine Pistole und ein Revolver - legt den Verdacht nahe, dass Ghlam mit Komplizen einen Anschlag verüben wollte.

    Ghlam wird überdies zur Last gelegt, eine 32-jährige Frau erschossen zu haben. Ihre Leiche wurde in Villejuif in ihrem Auto gefunden. Das Tatmotiv ist noch unklar, möglicherweise wollte Ghlam ihr Auto stehlen. Seine DNA wurde in dem Auto gefunden. Am Sonntag versammelten sich vor dem Rathaus von Caudry, dem Heimatort der Frau, rund 3000 Menschen, um der Toten zu gedenken.

    Nach Charlie Hebdo: Weitere islamistische Anschläge geplant

    Am Freitag wurde gegen Ghlam ein Ermittlungsverfahren wegen Mordes und eines Terrorvorhabens eingeleitet. Der Student handelte nach Einschätzung der Ermittler im Auftrag von Dritten. Die Staatsanwaltschaft sprach von einer Person, die sich womöglich in Syrien aufhalte und Anschläge auf Kirchen angeordnet habe. Aus Polizeikreisen verlautete, der oder die Auftraggeber hätten Ghlam mitgeteilt, wie er sich die Waffen beschaffen kann und wo er die Schlüssel des in Aulnay-sous-Bois gefundenen Autos findet.

    Der nicht vorbestrafte Ghlam war den französischen Geheimdiensten bekannt, weil er auf seiner Facebook-Seite davon gesprochen hatte, in den Dschihad nach Syrien zu ziehen. Der vereitelte Anschlagsplan knapp vier Monate nach der islamistischen Anschlagsserie vom Januar mit 17 Todesopfern zeigt nach Einschätzung der Pariser Regierung, wie groß die Bedrohung für Frankreich ist. AZ/AFP

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden