Startseite
Icon Pfeil nach unten
Panorama
Icon Pfeil nach unten

München: Konzert in München: Die besten Red Hot Chili Peppers aller Zeiten?

München

Konzert in München: Die besten Red Hot Chili Peppers aller Zeiten?

    • |
    Der Sänger Anthony Kiedis und der Bassist Michael "Flea" Balzary von den Red Hot Chili Peppers in Aktion. (Archivbild)
    Der Sänger Anthony Kiedis und der Bassist Michael "Flea" Balzary von den Red Hot Chili Peppers in Aktion. (Archivbild) Foto: Britta Pedersen (dpa)

    Wenn das mal keine Geburtstagtorte ist? Als nach eineinviertel Stunden an diesem Dienstagabend die Red Hot Chili Peppers die Bühne verlassen und sich die Begeisterung in der Münchner Olympiahalle langsam vom Abfeiern der letzten Partypeitsche namens "By The Way" langsam in einen mächtigen Ruf nach Zugaben verwandelt, gehen zwischendurch erst mal alle Kerzen an. Ein Gutteil der etwa 12.000 Fans im großen Oval zückt und schwenkt die Smartphone-Lampe – eine lebende Torte, aus der dann eine singende wird: "Happy Birthday" für Sänger Anthony Kiedis, der an diesem Abend 54 wird.

    54?! Wenn so ein Mittfünziger aussehen kann und das nach einem zeitweise doch ganz schön wilden Leben an diesem Abend, dann scheint Musik vielleicht doch zum Elixir der Unsterblichkeit zu taugen. Und als wollte Kiedis das noch mal bestätigen, kommt er zu den Zugaben dann auch so wieder, wie Bass-Berserker Flea längst unterwegs ist: Nein, nicht mehr nackt, mit bloß ner Socke ums Gemächt, wie einst, aber doch oben ohne. Sänger, willst du ewig leben? Doch letztlich übertrafen zwei andere Ewigkeitskandidaten an diesem Abend die Wirkung noch. Dazu gleich.

    Red Hot Chili Peppers waren noch nie eine richtig gute Live-Band, aber...

    Aber zunächst muss es gesagt sein: Eine so richtig gute Live-Band waren die Red Hot Chili Peppers eigentlich noch nie. Früher, in der Hochzeit ihrer wunderbaren Funk-Rock-Bretter, konnte es gerne mal passieren, dass die damals ja noch verpeilten Herren Songs immer wieder mehrfach anspielen mussten, bevor sie einigermaßen beieinander waren. Später, als das popmelodische Midtempo die Klangführung bei den Peppers übernahm, war dem Herr Kiedis doch deutlich anzumerken, dass ihm das Singen von Songs vor allem der Alben "Californication" und "Stadium Arcadium" in den hohen Lagen doch ganz schön Schwierigkeiten bereitet.

    Und schließlich war es auch auf der Bühne kaum zu übersehen, was für ein fragiles Miteinander diese Band war, als Gitarren-Held und Diva John Frusciante noch an Bord war, da wackelte ein Abend stimmungsmäßig gerne mal bedrohlich. Und das zu all den Show-Untauglichkeiten der Chilis obendrauf. Denn dass diese Band eigentlich immer schon aus Autisten bestand, von denen keiner auch nur einen starken, lustigen oder auch nur okayen Satz ins Mikro zu den tausenden Fans sprechen kann, wird sich nie ändern. Kiedis stumm, Flea irre, fertig. Und im besten Fall belustigend ist auch das grobmotorische Rumpelstilzchen, das Kiedis vermeintlich tanzend auf der Bühne abgibt, während Flea daneben grimassiert und post.

    Aber jetzt, wo die Herren ja nüchtern und eingespielt sind, Kiedis offenbar einen Weg gefunden hat, auch in der Kopfstimme zumindest hinreichend Kraft und Tonsicherheit zu finden, und Frusciante auf seinen schön-schrägen Solo-Pfaden wandelt und dafür Josh Klinghoffer die Gitarre mit mehr Teamgeist und Poserfreude in Szene setzt, und wo auch das erste Album der Band ohne Produzentengott Rick Rubin ein gutes geworden ist – was stünde da einem großen Abend noch im Wege?

    Show der Red Hot Chili Peppers in München beeindruckt

    Und tatsächlich: Nach einem bei den Chilis so gerne live praktizierten Jamen von Flea und Josh mit Schlagzeuger Chad Smith, erklingt das Gänsehaut-Riff von "Can’t Stop" und es gibt kein Halten mehr. Denn dann folgen "Dani Caifornia" und "Otherside", die Arena ist beglückt, und auch der neuste Hit, "Dark Necessities" kann in dieser Songfolge bestehen. Und über der folgenden Mischung aus Neuem von "Go Robot" bis "The Getaway" und Älterem von "Soul To Squeeze" bis zum (immer noch leicht wackligen) "Californication" – und da, war das nicht das Uralte "Nodody Weird Like Me"? – schwebt eine wirklich bezaubernde Effektidee.

    2016: Die besten Red Hot Chili Peppers aller Zeiten?
    2016: Die besten Red Hot Chili Peppers aller Zeiten? Foto:  Nils Meilvang (dpa)

    Von der Hallendecke nämlich sind tausende Leuchtstäbe einzeln und in unterschiedlichen Farben blinkend bis zur Bühne absenkbar – und die ergeben in ihren steten Bewegungen weit in den Publikumsbereich hinein mal wellenförmige fließende, mal zackig blinkende 3-D-Effekte – sehr fein, Hut ab! Das ist zu den meist die Band mit Bühnen-Live-Bildern einfangenden Großleinwänden ein starker optischer Auftritt, am Schluss gekrönt dadurch, dass sich die Leuchtstäbe schräg vor der Bühne aufstellen und das Band-Logo 20 Meter hoch und leuchtend Rot in den Raum stellen. Stark!

    Aber zuvor waren ja noch die beiden anderen Unsterblichen zu feiern. Ins Finale vor den Zugaben hatte Flea eingeführt mit den lapidaren Worten, dass sie das folgende Lied 1990 aufgenommen hätten: "And it was fun." Es folgt die wuchtige Peitsche "Suck My Kiss", danach spielt Klinghoffer eine tatsächlich längst aus dem Rockballadenhimmel kommende Melodie an, die von "Under The Bridge", und am Ende des Abends, nach gut hundert Minuten rasten Band und Masse noch einmal zu "Give it away" aus. Und so liegt der späte Schwerpunkt des Abends auf jenem Album, das den Legendenstatus dieser Band begründet hat und vor 25 Jahren erschien – ein äußerst lebendiges Silberjubiläum für "BloodSugarSexMagic", hooray!

    Ja, ein sehr guter Abend also, vielleicht waren die Red Hot Chili Peppers noch nie so gut live wie jetzt, 2016. Und dann, in gerade diesem Jahr, zu Beginn der Zugabe noch einen anderen Unsterblichen zu ehren, das zeugt von Größe. Josh Klinghoffer kommt allein auf die Bühne, er mag nicht das Charisma von John Frusciante haben, dessen Fähigkeit als Zweitstimme nicht annähernd erreichen und optisch noch immer befremdlich wie ein Lehrling der Band wirken – aber jetzt singt er solo zur Gitarre David Bowies "Heroes" und liefert damit noch einen starken Moment, der über den Zeiten steht.

    “Though nothing, will keep us together We could steal time, just for one day We can be heroes, forever and ever What'd you say?”

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden