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Porträt: Ferdinand von Schirach: Der Autor mit dem Hang zum Dunklen

Porträt

Ferdinand von Schirach: Der Autor mit dem Hang zum Dunklen

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    Bestsellerautor Ferdinand von Schirach.
    Bestsellerautor Ferdinand von Schirach. Foto: Jörg Carstensen, dpa

    Im Film „A Bigger Splash“ gibt es eine Szene, in der der Schauspieler Ralph Fiennes ausgelassen zu einem Song von Mick Jagger tanzt. Es ist einer dieser Filmmomente, bei denen man unweigerlich lächeln muss, die einen für ein paar Minuten froh machen können. Und eine der Lieblingsstellen von Ferdinand von Schirach. Wenn es ihm ganz schlecht geht, dann schaut er sich manchmal die Szene an. Lässt sich mittragen von der Ausgelassenheit, fühlt sich mit dem Rest der Menschen verbunden. Weniger allein.

    Woher man das weiß? Aus dem neuen Buch des Schriftstellers mit dem Titel „Kaffee und Zigaretten“, das Anfang März erschienen ist und wochenlang auf Platz eins der Belletristik-Charts stand. Schirach, Jahrgang 1964, war erfolgreicher Strafverteidiger in Berlin, zu seinen Mandanten zählten unter anderem SED-Funktionär Günter Schabowski oder die Familie Kinski, bevor er mit seinem Debüt „Verbrechen“, in dem er seine spektakulärsten Fälle literarisch verarbeitete, zum erfolgreichen Schriftsteller wurde. Genauer gesagt: Zu einem der erfolgreichsten des Landes.

    In von Schirachs Theaterstück dürfen Zuschauer am Ende abstimmen

    Sein Theaterstück „Terror“, in dem er das Publikum am Ende über die Frage der Schuld abstimmen lässt, ist eines der meistgespielten an deutschen Theatern. „Kaffee und Zigaretten“ ist sein zehntes Buch, kein Ernährungsberater, wie er scherzhaft sagt, sondern eine Sammlung aus biografischen Stücken, Erinnerungen, Anekdoten und, auch diesmal, merkwürdigen Rechtsfällen und Begebenheiten. Und es ist sein persönlichstes Buch.

    Ferdinand von Schirach – der sich selbst als Mensch beschreibt, der Partys meidet und noch niemals von sich aus auf jemanden zugegangen sei, um sich vorzustellen – erzählt von entscheidenden Momenten seines Lebens. Wie er zu dem wurde, der er ist. Von den ersten Tagen als knapp Zehnjähriger im Internat St. Blasien im Schwarzwald und der Hoffnung, dass ihn, wenn er nur tapfer sei, irgendwer wieder nach Hause bringen werde.

    Kaffee und Zigaretten sind von Schirachs Laster

    Wie er als 15-Jähriger nach dem Tod seines Vaters versuchte, sich das Leben zu nehmen: Die Schrotflinte packte, unter den Baum setzte, den der Vater zur Geburt des Sohnes gepflanzt hatte, abdrückte. So sturzbetrunken aber war, dass er vergessen hatte, die Patrone einzulegen… Auch von seinem Großvater schreibt er, dem NS-Reichsjugendführer Baldur von Schirach, und von seiner Veranlagung zur Depression. Als seine Freundin den 18-Jährigen fragt, warum er so sei, wie er sei, denkt er: „Wie soll ein heller Mensch das Dunkle begreifen?“

    Warum er nicht früher mit dem Schreiben begonnen hat? Zukunftsangst, sagt Ferdinand von Schirach. Deswegen das Jurastudium. Dass er dann noch zum Autoren wurde, liegt am schlechten Schlaf und nächtlichen Wachphasen. „Dann habe ich mich irgendwann hingesetzt und angefangen zu schreiben. Das ist alles sehr unspektakulär.“ In seinem Leben übrigens gibt es nur zwei Laster: „Kaffee und Zigaretten...“

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