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Prozess gegen Strauss-Kahn: Prostituierte: "Ich wurde Politikern als Geschenk angeboten"

Prozess gegen Strauss-Kahn

Prostituierte: "Ich wurde Politikern als Geschenk angeboten"

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    Sex sells: Der Prozess um Ex-IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn wirft ein Schlaglicht auf diese weitverbreitete Praxis, über die nur ungern öffentlich gesprochen wird.
    Sex sells: Der Prozess um Ex-IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn wirft ein Schlaglicht auf diese weitverbreitete Praxis, über die nur ungern öffentlich gesprochen wird. Foto:  Shawn Thew (dpa)

    "Sex sells" - der Spruch, wonach nackte Haut ein erfolgreiches Verkaufsargument ist, gilt nicht nur in der Werbebranche. In der Geschäftswelt wird "Sex sells" immer wieder auf die Spitze getrieben: Prostituierte werden engagiert, um Kunden zu umgarnen, Vertragsabschlüsse zu erleichtern, Betriebsräte hörig zu machen und Kontakte zur Politik zu pflegen.

    Der Prozess um Ex-IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn, der am Dienstag in eine entscheidende Phase tritt, wirft ein Schlaglicht auf diese weitverbreitete Praxis, über die nur ungern öffentlich gesprochen wird.

    Der Ex-Baumanager David Roquet, einer der Mitorganisatoren der Sexpartys um den einstigen französischen Spitzenpolitiker Strauss-Kahn, schätzte es nach eigenen Worten, "einen Nachmittag mit jemandem zu verbringen, der als IWF-Chef die Nummer 2 der Welt und der künftige französische Präsident ist". Mit den Partys habe er "berufliche Ziele" verfolgt, beteuerte Roquet im Sender BFMTV, um "ein Mittagessen mit Herrn Strauss-Kahn und meinen großen Chefs zu organisieren".

    Sein Anwalt Eric Dupond-Moretti wirft all jenen Scheinheiligkeit vor, die sich über die Verflechtung von Unternehmerwelt und Prostitution erstaunt zeigen. Bei Geschäftsabschlüssen seien "in 80, vielleicht 70 Prozent" der Fälle Escortgirls im Spiel.

    Die frühere Prostituierte Carole hat mit solchen Praktiken ausgiebig Erfahrung. "Ich wurde Unternehmenschefs und Politikern als Geschenk dargeboten", erzählt die 41-jährige Französin. Einmal wurde sie von einem Fahrzeughändler engagiert - ein Unternehmensvertreter sollte zum Kauf mehrerer Lastwagen bewegt werden. "Ich sollte das Notwendige tun, damit er unterschreibt", sagt Carole trocken.

    "Es ist im Geschäftsmilieu weithin akzeptiert, dass eine Vertragsvereinbarung mit Hilfe einer angebotenen Prostituierten geschlossen wird, vor allem bei Verträgen zwischen öffentlichem und privatem Sektor und bei Ausschreibungen", sagt der französische Prostitutionsexperte Grégoire Théry. Der Szenekenner Jean-Sébastien Mallet verweist auf Branchen, die ohnehin für Korruption bekannt sind, etwa den Bausektor, den Bereich Import-Export und die Erdölbranche. "In manchen arabischen Ländern wird sich ein Geschäftsmann, der in seinem Hotelzimmer kein Mädchen vorfindet, weigern, einen Vertrag zu unterzeichnen", sagt Mallet.

    Auch in Deutschland gibt es immer wieder Affären um Konzerne und Prostitution: So hielt sich die Führung des Autobauers Volkswagen den Betriebsrat über Jahre mit Schmiergeldern und Lustreisen etwa nach Brasilien gewogen. Und 2007 belohnte die Versicherung Hamburg-Mannheimer ihre besten Vertreter mit einer Party mit Prostituierten in Budapest - die Vergnügungsreise flog 2011 auf und sorgte für Schlagzeilen.

    In Frankreich wurde Mitte der 90er Jahre der bekannte italienische Modemacher Francesco Smalto wegen Zuhälterei verurteilt. Er hatte Gabuns damaligem Staatschef Omar Bongo zu den bestellten Anzügen Callgirls mitgeliefert.

    Strauss-Kahns Vorliebe für Sexparties war kein Geheimnis

    Prostituierte werden aber auch eingesetzt, um Geschäftsleute erpressbar zu machen. Lassen sich etwa verheiratete Manager mit einem von der Gegenseite bezahlten Callgirl ein, kann es für sie schnell brenzlig werden.

     Auch die Ex-Prostituierte Carole hat mit solchen Methoden Erfahrung gemacht. "Wir wurden in eine Bar oder in ein Restaurant geschickt, wo die Zielperson alleine oder mit Kollegen war", erzählt Carole. "Wir mussten unser Opfer verführen, damit es einen Fehler macht" - und so erpressbar wurde.

    Strauss-Kahn, soviel steht fest, musste sich nicht erst verführen lassen, seine Vorliebe für ausschweifende Sexpartys ist schon lange kein Geheimnis mehr. Er beteuert aber, nicht gewusst zu haben, dass die Frauen bei den Sexpartys Callgirls waren. Am Dienstag wird er weitere Einblicke über die Verbindungen zwischen Politik, Geschäftswelt und Prostitution geben müssen - dann wird er beim Zuhälterei-Prozess im nordfranzösischen Lille erstmals ausführlich befragt. afp

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