Startseite
Icon Pfeil nach unten
Panorama
Icon Pfeil nach unten

Rundfunkbeitrag: Regisseur Nico Hofmann: 17,50 Euro Beitrag sind ein echtes Schnäppchen

Rundfunkbeitrag

Regisseur Nico Hofmann: 17,50 Euro Beitrag sind ein echtes Schnäppchen

    • |
    Nico Hofmann ist Geschäftsführer der Ufa - seit Jahrzehnten prägt er die deutsche Film- und TV-Landschaft.
    Nico Hofmann ist Geschäftsführer der Ufa - seit Jahrzehnten prägt er die deutsche Film- und TV-Landschaft. Foto: Jens Kalaene, dpa

    Herr Hofmann, Ihnen sollte an diesem Freitag der „Carl Laemmle Produzentenpreis“ verliehen werden. Wegen der Ausbreitung des Coronavirus ist die Preisverleihung allerdings abgesagt. Wie auch immer: Sie werden – mit 60 Jahren – für Ihr Lebenswerk geehrt. Ist das nicht etwas früh?

    Nico Hofmann: Der Preis kommt genau zum richtigen Zeitpunkt. Ich betrachte ihn als Würdigung für meine Arbeit der letzten 20 Jahre, in denen ich mit meinem Team für 450 Produktionen verantwortlich war. Dieser Lebensabschnitt endete mit meinem Eintritt in die Geschäftsführung der UFA.

    Sie waren mit Leib und Seele Produzent. Können Sie wirklich so einfach loslassen?

    Hofmann: Es gibt einige ausgewählte Produktionen, die ich weiterhin betreuen werde, darunter „Siegfried & Roy“ unter der Regie von Michael Bully Herbig und „Die Porsche-Saga“, die Dorothee Schön für uns geschrieben hat. Aber davon abgesehen ist die Gesamtverantwortung für die UFA derart mannigfaltig, dass in der Tat keine Zeit für neue Projekte bleibt. Außerdem sind die aktuellen Herausforderungen gigantisch. Wir erleben derzeit den größten Umbruch in der deutschen Medienlandschaft seit Einführung der Privatsender vor gut 25 Jahren.

    Ist das gut oder schlecht?

    Hofmann: Ich empfinde das als große Chance, weil es nun natürlich wesentlich mehr Anbieter von Bewegtbildern und damit auch mehr Abnehmer für unsere Produktionen gibt. Auf diese Weise ergeben sich für die gesamte Produktionsbranche unfassbar viele Möglichkeiten.

    Welche Folgen wird dieser Umbruch für ARD und ZDF haben?

    Hofmann: Ich gebe das Spiel für ARD und ZDF noch lange nicht verloren, selbst wenn die Senderverantwortlichen einen echten Spagat hinbekommen müssen: Einerseits stehen sie unter großem wirtschaftlichen Druck, andererseits müssen sie programmlich auf der Höhe der Zeit sein. ARD und ZDF haben sich in den letzten Jahren massiv darum bemüht, inhaltlich eine gewisse Marktdominanz zu erringen, sie verzeichnen in den Mediatheken eindrucksvolle Abrufzahlen. Und wenn man sich die Abo-Kosten für Sky oder Netflix anschaut, sind die 17,50 Euro Rundfunkbeitrag für die Bandbreite des öffentlich-rechtlichen Fernsehens mit seinen 18 Programmen und dem riesigen Hörfunkangebot ein echtes Schnäppchen.

    Kann es sein, dass Sie in dieser Frage nicht ganz unbefangen sind?

    Hofmann: Das muss ich tatsächlich einräumen. Ich bin ein klassisches Ziehkind des öffentlich-rechtlichen Fernsehens, ich habe meine gesamte Karriere dem ehemaligen Südwestfunk zu verdanken. Die großen UFA-Erfolge der letzten 20 Jahre – „Dresden“, „Die Flucht“, „Nicht alle waren Mörder“, das Scientology-Drama „Bis nichts mehr bleibt“, die Tellkamp-Verfilmung „Der Turm“, „Unsere Mütter, unsere Väter“, „Ku’damm 56/59“, die Serie „Charité“ und viele mehr – die sind ausnahmslos für ARD und ZDF entstanden.

    Wenn die Deutschen – wie 2018 die Schweizer – über ihren öffentlich-rechtlichen Rundfunk abstimmen könnten: Wie würde das ausgehen?

    Hofmann: Ich bin überzeugt, dass die Abstimmung wie in der Schweiz mit einem klaren Bekenntnis zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk ausfallen würde. Auf der anderen Seite kann ich aber auch die Position der Gegenseite nachvollziehen. Die UFA ist schließlich Teil des Bertelsmann-Konzerns, der mit der RTL-Gruppe auch privatwirtschaftliches Fernsehen betreibt. Anders als öffentlich-rechtliche Sender mit ihrem Rundfunkbeitrag können Privatsender nicht mehr Geld ausgeben, als sie durch Werbung einnehmen. Großes Verständnis habe ich auch für die Verlage, die gegen die Ausweitungen von ARD und ZDF in Richtung Printjournalismus protestieren.

    Wird sich diese Konkurrenzlage zwischen ARD und ZDF auf der einen Seite und den Verlagen und dem Privatfernsehen auf der anderen Seite in Zukunft noch verschärfen?

    Hofmann: Wir sollten in Deutschland darüber nachdenken, wie wir zu einer viel stärkeren Kooperation zwischen den verschiedenen Gruppierungen kommen. Ich sehe die Konkurrenzsituation nicht zwischen privatem und öffentlich-rechtlichem Fernsehen, sondern vielmehr zwischen der deutschen Rundfunkfamilie und dem Rest der Welt. Die größten Bedrohungen gehen im Moment von den Amerikanern aus, weil US-Konzerne mit Macht auf den europäischen Markt vorstoßen. Zum Teil findet bereits ein echter Verdrängungswettbewerb zuungunsten der einheimischen Anbieter statt. Das gilt vor allem für Länder, in denen es – anders als bei uns in Deutschland – keinen starken frei empfangbaren Rundfunk gibt. In diesem Zusammenhang sehe ich auch die Aufgabe der kürzlich gestarteten „Bertelsmann Content Alliance“. Sie sieht eine Zusammenarbeit aller Inhalte-Geschäfte des Konzerns vor: RTL-Mediengruppe, RTL Radio, UFA, Verlagsgruppe Random House, Gruner + Jahr sowie das Musikunternehmen BMG. Das ist ausdrücklich keine Einrichtung, die sich gegen irgendwen richtet. Sie deckt sich vielmehr mit einer Vision, nach der ich schon immer gestrebt habe: Wie können wir ein europäisches Powerhouse werden?

    Deutsches Fernsehen wurde vom Weltmarkt lange nicht ernst genommen. Hat sich das geändert?

    Hofmann: Das hat sich massiv geändert, und ich bin stolz, dass zwei UFA-Produktionen, beide außerdem mit dem International Emmy Award ausgezeichnet, großen Anteil an dieser neuen Wahrnehmung haben. „Unsere Mütter, unsere Väter“ ist die meistverkaufte deutsche Produktion überhaupt, „Deutschland 83“ war ebenfalls ein Bestseller. Die zweite Staffel, „Deutschland 86“, war in England die meistgesehene nicht englischsprachige Produktion auf Channel 4.

    Sie sprühen nun schon seit Jahrzehnten vor Ideen und vor Unternehmungslust. Woher nehmen Sie Ihre Motivation?

    Hofmann: Ich fühle mich in der Tat noch jung und vital, aber 60 ist dann doch mehr als nur eine Zahl. Ich spüre vor allem die große Verantwortung des Postens an der Spitze der UFA. Wenn meine Zeit in sechs Jahren endet, werde ich garantiert kein Chef sein, der nicht loslassen kann. Was mich jung und dynamisch hält, ist die Arbeit mit meinen Studenten an der Filmakademie in Ludwigsburg. Diese Lehrtätigkeit möchte ich fortsetzen, solange ich kann.

    Regisseur Nico Hofmann - Stationen seiner Karriere

    Nico Hofmann, der 1959 in Heidelberg geboren wurde und in Mannheim aufwuchs, galt dank Filmen wie „Land der Väter, Land der Söhne“ (1988) oder „Der Sandmann“ (1995) als einer der wichtigsten deutschen Regisseure, als er 1998 unter dem Dach des Filmunternehmens UFA die Firma teamWorx gründete und fortan nur noch als Produzent tätig war. Vor allem für ihre zeitgeschichtlichen Mehrteiler wurde die Firma bekannt und erhielt eine Vielzahl von Preisen.

    2017 wurde Hofmann – seit 1995 Professor für den Fachbereich Szenischer Film an der Filmakademie Ludwigsburg – Geschäftsführer der UFA. Das Unternehmen wurde 1917 gegründet und hat die Filmgeschichte des Landes geprägt.

    Der Carl Laemmle Produzentenpreis wird von der Allianz Deutscher Produzenten – Film & Fernsehen e.V. (Produzentenallianz) und der oberschwäbischen Stadt Laup-heim vergeben. Dort wurde im Jahr 1867 Carl Laemmle geboren – ein Wegbereiter und Gründervater Hollywoods. Laemmle schrieb mit der Gründung der Universal Studios internationale Filmgeschichte.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden