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Rückblende: Das war Rock im Park 2005

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Rückblende: Das war Rock im Park 2005

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    Rock im Park 2005
    Rock im Park 2005 Foto: dpa

    Von unserem Redaktionsmitglied Ronald Hinzpeter, Nürnberg

    Eine Menge Staub wirbelte der Veranstalter allerdings schon rund drei Wochen vorher auf. Da wurde ruchbar, wen Organisator Marek Lieberberg als möglichen Ersatz für das ausgefallene Zugpferd Limp Bizkit engagieren wollte: die Böhsen Onkelz, Deutschlands umstrittenste Band. Prompt brachen heftige Diskussionen los, denn die vier Frankfurter schleppen immer noch braunen Ballast mit sich herum. Sie haben sich zwar längst von ihrer rechtsradikalen "Deutschland den Deutschen"-Zeit losgesagt, doch außerhalb ihrer treuen Anhängerschar gelten sie weiter als Unpersonen.

    Ausgerechnet die sollten auf dem historisch vergifteten Boden des Zeppelinfelds spielen, dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände der Nazis? Der Bayerische Rundfunk stieg prompt als Werbepartner des Festivals aus. Vor den aufbrandenden Diskussionen zuckte Lieberberg zurück, ein solcher Auftritt sei halt nicht "opportun" gewesen, sagte er. Flugs wurden Wir sind Helden verpflichtet, die für den Auftritt eigens aus Graz eingeflogen werden mussten.

    Das war gut so. Wo die Onkelz mit Sicherheit die Massen gespalten hätten, legen am Freitag die versöhnlichen "Helden" zur Geisterstunde einen Mantel von Frieden und Freude drüber: der würdige Abschluss eines ersten Festivaltages mit starker deutscher Besetzung (Silbermond, Söhne Mannheims, Kettcar). Herausragend: die HipHop-Party mit Fettes Brot und ihrer "Emanuela".

    Den Vogel schießt aber jemand ab, von dem das nicht mehr zu erwarten war, Billy Idol, Leder-Elvis der Nach-Punk-Generation. Kurz bevor er 50 wird, platzt er vor Energie und spielt mit seinem immer noch grandiosen Gitarristen Steve Stevens eine Rockshow zum Niederknien. "White Wedding" und "Rebel Yell" ­ das sind Momente, an die möchte man sich festketten, damit sie einem nie mehr entgleiten. Das Bühnen-Comeback des Jahres. Danach haben HIM und Velvet Revolver einfach nichts mehr zu melden.

    Den denkwürdigsten Auftritt des gesamten Festivals ziehen am Samstag Green Day ab. Auch das eine Band, die niemand mehr auf der Rechnung hatte, die aber mit der neuen CD "American Idiot" und dem demonstrativen Stinkefinger in Richtung US-Regierung die Welt erobert. Für ihren Auftritt hätte das Zeppelinfeld doppelt so groß sein müssen, denn die Fans drängen sich auf dem Platz beängstigend dicht.

    Musikalisch erwachsen geworden, schlägt in der Brust der drei Punks das Herz großer Buben. Sie haben endlich die Möglichkeit, die ganz große Rockshow zu bringen ­ und geben alles: mit Flammenwerfern, Knallern und Konfettikanonen, einem Bläsersatz und Ersatzgitarristen. Sie rocken vor dieser völlig euphorischen Kulisse, als gäbe es kein Morgen ­ nicht zu toppen. R.E.M. ziehen sich anschließend immerhin sehr professionell und erstaunlich krachig achtbar aus der Affäre.

    Am Sonntag bollern die Metall-Haudegen noch einmal kräftig los, die unbeugsamen Extremisten Slayer, Iron Maiden als eisernen Verfechter des klassischen Hymnen-Metals und der Grusel-Rock-Kasperl Marilyn Manson. Die von den Toten auferstandenen Mötley Crüe (angesichts der früheren Exzesse fast wörtlich zu verstehen) bleiben, was sie sind: die Karikatur einer Metal-Combo. Aber die ganze Staubschluckerei hat sich vor allem wegen einer Band gelohnt: Green Day.

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