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Schweiz: Diese Super-Laserkanone soll Blitze unschädlich machen

Schweiz

Diese Super-Laserkanone soll Blitze unschädlich machen

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    Experten des Hightech-Unternehmens Trumpf und der Universität Genf richteten zum ersten Mal den Laserstrahl auf dem Säntis aus.
    Experten des Hightech-Unternehmens Trumpf und der Universität Genf richteten zum ersten Mal den Laserstrahl auf dem Säntis aus. Foto: Nils Köhler

    Wie eine glänzende Nadel leuchtet der Antennenturm der Swisscom auf dem Säntis in der Sonne. Über dem Alpenpanorama ziehen vereinzelt Wolken auf, sonst herrscht Bilderbuchwetter. Für die Besucher des 2502 Meter hohen Schweizer Berges ein idealer Tag, um gleich in sechs Länder zu schauen. Für das Forscherteam um den Genfer Physiker Jean Pierre Wolf und seinen deutschen Kooperationspartner Clemens Herkommer ist es aus Forschungssicht eher ein „langweiliger“ Tag. Denn ihr weltweit erstes Experiment, mit Laserstrahlen Blitze unschädlich zu machen, muss noch bis zum nächsten Gewitter warten.

    Internationales Forscherteam wartet auf Blitzeinschlag

    In einem Kooperationsprojekt wollen die Wissenschaftler aus der Schweiz, Deutschland und Frankreich auf dem Säntis den Beweis liefern, dass es möglich ist, Blitze gleichsam aus einer Gewitterwolke zu kitzeln und unschädlich zu machen. Im Labor habe das schon vielversprechende Ergebnisse gebracht. „Jetzt gilt es, das Ganze in der Atmosphäre unter realen Bedingungen auszuprobieren“, sagt Herkommer bei einer Vorführung der Hightech-Anlage auf der Säntisspitze.

    Bis Ende September wollen die Forscher in dem Millionen-Euro-Projekt, das auch mit EU-Mitteln finanziert wird, zunächst Daten sammeln und hoffen nach den gewitterträchtigen Wochen auf jede Menge Blitzeinschläge. Denn davon ist die Antenne der Swisscom gesegnet. An die 50 Mal im Jahr schlägt der Blitz hier ein, ohne allerdings dem geerdeten Mast etwas anzuhaben. Anders sieht es bei Flughäfen, Raketenstartrampen und Windstrommasten aus. Jährlich werden dort durch Blitzschlag weltweit Milliardenschäden verursacht. Das, so die Hoffnung, könnte auch ein kommerzielles Geschäft werden.

    Laser-Spezialist hat sich auf Premiere jahrelang vorbereitet

    Vier Jahre lang hat sich Herkommer auf diese Phase vorbereitet. Der Doktorand arbeitet für das schwäbische Unternehmen Trumpf, das ein Weltmarktführer in Lasertechnologie ist. Der 31-jährige Laser-Spezialist wird vor Journalisten auf der Säntisspitze an diesem Tag bei der Weltpremiere per Livestream zugeschaltet. Er stellt in einem Zelt im sogenannten Reinraum die komplizierte Lasertechnik vor. Steril eingekleidet in weißem Schutzanzug mit Brille und Handschuhen erläutert der Physiker den Weg, den der Laserstrahl staubfrei über eine Ansammlung von Spiegeln nimmt, um letztlich mit hoher Intensität aus einem Container neben dem Sendemast einen ein Kilometer langen Strahl in Gewitterwolken zu schießen.

    „Man erzeugt einen leitenden Kanal“, erläutert Jean Pierre Wolf, eine Koryphäe auf dem Gebiet der Lasertechnik. Dabei wird die Luft um den Laserstrahl, vereinfacht gesagt, leitend wie ein Stück Metall, das den Menschen seit der Erfindung vor 300 Jahren auch als Blitzableiter dient. Um allerdings so große Objekte wie Flughäfen oder Raketenstartrampen vor Blitzen zu schützen, müssten solche Blitzableiter einen Kilometer in die Höhe ragen.

    Super-Laserkanone auf dem Säntis steht bereit

    Wolf hat bereits vor einigen Jahren im US-Bundesstaat New Mexico an der Blitzableitung durch Laser gearbeitet. Damals konnte der Laser aber bei einer Frequenz von nur zehn Impulsen pro Sekunde nicht ausreichend aufrecht erhalten werden. Das Experiment misslang. Jetzt verspricht er sich von der neuen Lasertechnik mit einer Frequenz von 1000 Impulsen den Durchbruch. „Der Kanal wirkt wie eine Autobahn, die sich der Blitz sucht und letztlich am Antennenmast abgeleitet wird“, ergänzt Athanassios Kaliudis, Pressesprecher von Trumpf.

    Der Genfer Physiker Jean Pierre Wolf begleitet das Projekt.
    Der Genfer Physiker Jean Pierre Wolf begleitet das Projekt. Foto: Nils Köhler

    Für den Genfer Professor Wolf steht außer Frage, dass der Laser-Blitzableiter funktioniert. Doch ein einziger Nachweis würde ihm nicht reichen. „Es muss mehrmals funktionieren“, sagt er, denn nur dann lasse sich die Statistik auch auswerten. Allerdings sei ein solches Experiment schwierig, räumt er ein. So habe es in den drei Monaten, in denen er in New Mexico geforscht hat, nur dreimal gewittert – obwohl ihm täglich eins versprochen worden sei, scherzt der Physiker.

    Wann genau nun auf dem Säntis der erste Blitz vom Himmel geholt wird, ist Spekulation. In der Vergangenheit gab es jedoch viele, die auch professionell aufgezeichnet wurden: Eine Aufzeichnung vom 18. Juni 2019 etwa zeigt Einschläge auf dem Säntis, die mit einer Hochgeschwindigkeitskamera gemacht wurden. Auch während der komplexen Installation des Lasers, für den eigens ein Hubschrauber Teile der 500 Tonnen schweren, neun Meter hohen Super-Laserkanone auf den Gipfel transportieren musste, habe es einige Gewitter gegeben, die man aber noch nicht nutzen konnte, sagt Wolf: „Wir sind bereit und warten auf Gewitter.“

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