Vor zehn Jahren war der Lehramtsanwärter aus seiner Heimatstadt Bremen nach Hamburg gekommen. Er hatte als Betreuer bei Ferienfreizeiten gearbeitet, zuletzt war er Pädagoge in der Erwachsenenbildung gewesen. Und er könnte der als "Maskenmann" bekannt gewordene Serienmörder und Kinderschänder sein, der vor 19 Jahren zu ersten Mal zuschlug. Zumindest hat der Mann, der in Hamburg lebte, gestanden, 1992 den 13-jährigen Stefan J., 1995 den achtjährigen Dennis R. und 2001 den neun Jahre alten Dennis K. getötet zu haben. Das Vorgehen war dabei immer gleich: Stefan J. entführte er aus einem Internat im niedersächsischen Scheeßel, Dennis R. aus einem Ferienlager in Selker Moor in Schleswig-Holstein und Dennis K. aus einem Schullandheim im niedersächsischen Wulsbüttel.
Das Aufatmen ist groß nicht nur bei der Polizei, die in Verden am Freitag ihren Erfolg bekannt gab, sondern überall in der Küstenregion. Schließlich hat der Mann auch gestanden, weitere Jungen in Schullandheimen, aber auch zu Hause überfallen und sexuell missbraucht zu haben. Insgesamt könnte er für mehr als 40 Missbrauchsfälle verantwortlich sein, die meisten davon im Raum Bremen.
Stets war die Polizei davon ausgegangen, dass sie einen ganz unauffälligen Mann sucht. Chefprofiler Alexander Horn zeigte sich deshalb nicht überrascht, welches Bild Nachbarn nun von dem Festgenommenen zeichnen. "Die schildern ihn als sozial unauffällig, nett, hilfsbereit, akkurat, zurückhaltend und intelligent." Lange Jahre lebte der Mann allein. "Damit unterlag er geringer sozialer Kontrolle", sagte Horn.
Dass der mutmaßliche Serienmörder nach so langer Zeit doch noch festgenommen werden konnte, ist das Ergebnis der von der Soko "Dennis" im Februar gestarteten neuen Öffentlichkeitsfahndung. Zwar erwies sich das zuvor vom einem Zeugen für den Mord an Dennis K. genannte verdächtige Fahrzeug als tote Spur. Aber es meldete sich ein Missbrauchsopfer aus dem Jahr 1995, das damals in der elterlichen Wohnung in Bremen überfallen worden war. Angesichts der neuen Medienberichte erinnerte sich der Mann jetzt daran, dass sich wenige Monate vor dem Missbrauch ein Betreuer bei einer Ferienfreizeit ausführlich nach seiner Wohnsituation erkundigt hatte. Die Soko ging dem nach - und konnte am Mittwoch den mutmaßlichen Täter festgenehmen.
Mit genauen Auskünften zur Person und Details zu den Taten hielt sich die Polizei am Freitag allerdings zurück - auch weil sie jetzt der Frage nachgeht, ob der mutmaßliche Täter weitere Morde begangen hat. Denn auch die Morde an einem Jungen 1998 in den Niederlanden und einem weiteren Schüler 2004 in Westfrankreich waren mit dem "Maskenmann" in Verbindung gebracht worden. Damit wolle der 40-Jährige aber "nichts zu tun haben", sagte der Leiter der Soko "Dennis", Martin Erftenbeck.
Für die Ermittler steht nun weitere Fleißarbeit an. Mit Hilfe der Öffentlichkeit will die Polizei ein Jahrzehnte zurückreichendes Bewegungsbild des Verdächtigen zeichnen und unter anderem in Erfahrung bringen, welche Reisen der Mann gemacht hat. Für Profiler Horn steht bereits jetzt fest: "Es ist nicht auszuschließen, dass weitere Taten ans Tageslicht kommen." afp