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Medien: Tierdoku statt Live-Bilder aus Paris: ARD und ZDF in der Kritik

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Tierdoku statt Live-Bilder aus Paris: ARD und ZDF in der Kritik

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    Journalisten vor Notre-Dame - am Dienstag, dem Tag nach dem Brand. Das Interesse an Berichten über die Katastrophe ist weltweit groß.
    Journalisten vor Notre-Dame - am Dienstag, dem Tag nach dem Brand. Das Interesse an Berichten über die Katastrophe ist weltweit groß. Foto: Ludovic Marin, afp

    Während in Paris am Montagabend mit Notre-Dame nicht nur eine bedeutende Kathedrale, sondern ein nationales Symbol Frankreichs niederbrennt, senden ARD und ZDFin ihren Hauptprogrammen das geplante Programm. Notre-Dame in Flammen – und bei „hart aber fair“ im Ersten wird „Die Fleisch-Frage“ diskutiert. Und zuvor eine Natur-Doku über Königstiger ausgestrahlt. Im ZDF läuft, mal wieder, ein Krimi – „So weit das Meer“.

    So weit, so unverständlich. Selbst für ehemalige Star-Journalisten der Öffentlich-Rechtlichen. Ulrich Deppendorf, einst Leiter des ARD-Hauptstadtstudios, twitterte um 20.38 Uhr: „Warum gab es keinen ARD-Brennpunkt zum Brand von Notre-Dame, neben dem Eiffelturm das Symbol Frankreichs? Schwer nachzuvollziehen.“ Auch Sonia Seymour Mikich, die Chefredakteurin Fernsehen des WDRwar, kritisierte in mehreren Tweets die ARD. So richtig ärgerte sich der nordrhein-westfälische CDU-Ministerpräsident Armin Laschet: „Millionen Menschen fiebern mit der Kirche Notre-Dame in Paris, einem der bedeutendsten kulturellen Orte in Europa. Warum muss man @CNN einschalten während die @ARD_Presse Tierfilme zeigt?“

    Kritik an Berichterstattung über Notre-Dame: Die Reaktion der ARD

    Die ARD reagierte teils sachlich, teils patzig. Sachlich: „Sobald weitere gesicherte Informationen vorliegen, werden wir darüber berichten. In den Tagesthemen wird es eine vertiefte Berichterstattung geben.“ Patzig dagegen ARD-Chefredakteur Rainald Becker: „Rate zu etwas mehr Sachlichkeit. Das Erste ist kein 24h Nachrichtenkanal und Gaffer TV machen wir auch nicht. An fundierter Berichterstattung wird gerade gearbeitet. Folgt in Kürze.“ Gaffer-TV? Die Eilmeldung der Deutschen Presse-Agenturkam am Montag um 19.13 Uhr. Da zeigte das französische Fernsehen bereits Bilder des Geschehens. Die ZDF-„heute“-Sendung reagierte umgehend. Dann kam die „Tagesschau“ um 20 Uhr – und brachte als Spitzenmeldung: „Anklage gegen Ex-VW-Chef Winterkorn“. Dann: „Betreute dürfen an Europawahl teilnehmen“. Dann, bei Sendeminute 4:36: „Notre-Dame in Paris steht in Flammen“. Bis Sendeminute 5:53. Das sollte es vorerst für Millionen TV-Zuschauer gewesen sein.

    Wer mehr wissen wollte, musste ins Internet oder umschalten. Etwa zum Privatsender n-tv, der von 19.30 Uhr an stundenlang auf Sendung gegangen war und im Vergleich zu ARD und ZDF weder schlechter berichtete noch „Gaffer-TV“ bot. Die Quoten zeigten am Dienstag, dass das Interesse an frühzeitiger TV-Berichterstattung groß war. ARDund ZDF bedienten dieses Interesse zunächst schlecht – im Falle derARD nach eigenen Angaben aufgrund journalistischer Gründe und logistischer Zwänge.

    Gründlichkeit vor Schnelligkeit – daran ist nichts verkehrt. Es verhindert Fehler, die in den letzten Jahren gemacht wurden. Etwa in der Live-Berichterstattung über den Amoklauf 2016 im Olympia-Einkaufszentrum in München, als n-tv völlig unverantwortlich Fehlinformationen verbreitete. Doch hättenARD und ZDF in ihren Hauptprogrammen nicht früher (eingekaufte) Live-Bilder zeigen können? Hätten sie diese nicht vom Studio aus kundig kommentieren können? Die Authentizität der TV-Bilder stand nicht in Zweifel, zu erklären gab es genug – unter anderem die Bedeutung Notre-Dames, besonders mit Blick auf Ostern. Für einen zehnminütigen „Brennpunkt“ vor der „Tagesschau“ hätte das gereicht. Erst recht für kurz danach. Selbst 21 Uhr schaffte der Sender aber nicht.

    Alles zum Brand der Kathedrale Notre-Dame in Paris hier zum Nachlesen im Live-Blog

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