Startseite
Icon Pfeil nach unten
Panorama
Icon Pfeil nach unten

Mallorca: Wie betrunkene Touristen ihr Leben riskieren

Mallorca

Wie betrunkene Touristen ihr Leben riskieren

    • |
    Balconing ist ein gefährlicher Trend, vor allem in der Partyhochburg Magaluf.
    Balconing ist ein gefährlicher Trend, vor allem in der Partyhochburg Magaluf. Foto: mauritius

    Das typische Opfer ist ein junger Mann, der mit ein paar Freunden nach Mallorca gekommen ist, um zu feiern. Sie haben Spaß, sie trinken zu viel und sie machen riskante Spielchen. Zum Beispiel klettern sie von einem Hotelbalkon zum anderen. Oder sie versuchen, vom Zimmerbalkon in den oberen Stockwerken in den Pool zu springen. Mit dramatischen Folgen.

    Seit Jahresanfang starben schon acht junge Mallorca-Urlauber bei diesem lebensgefährlichen Spiel mit dem Tod – so viele wie noch nie. Vorerst letztes Todesopfer ist ein 23-jähriger Deutscher, der vergangene Woche an der Playa de Palma, mitten im Ballermann-Partyviertel, von seinem Hotelbalkon im zwölften Stockwerk stürzte. Er war sofort tot. Nach ersten Ermittlungen stand er offenbar unter starkem Alkohol- oder Drogeneinfluss. Der Mann soll Klimmzüge am Geländer des Balkons gemacht und dann den Halt verloren haben. Es war nicht der einzige Unfall an diesem Tag: Ein zweiter Deutscher verletzte sich nach Angaben der Zeitung „Diario de Mallorca“ am Knie, als er beim Klettern an einer Hotelfassade an der Playa de Palma in die Tiefe stürzte. Zudem fiel eine 18-jährige Urlauberin vom Balkon im dritten Stock eines Hotels im Küstenort Palmanova westlich der Inselhauptstadt Palma. Sie überlebte schwer verletzt.

    2018 starben schon acht Urlauber auf Mallorca beim Balconing

    Der spanische Unfallchirurg Juan José Segura hatte etliche verletzte Balkonopfer auf seinem Operationstisch im Universitätskrankenhaus Son Espases in Palma. Durchweg Touristen, die sich bei Stürzen und Sprüngen in die Tiefe kritische Wirbelsäulen- oder Kopfverletzungen zuzogen. Die meisten Balkonopfer sind Briten, die vorzugsweise in der Partyhochburg Magaluf Urlaub machen, wo der Alkohol besonders reichlich fließt. Aber auch Deutsche, die am liebsten an der Playa de Palma feiern, beteiligen sich am Balconing, wie diese Balkonklettereien genannt werden. Manche sind zu benebelt, um die Gefahren zu erkennen, andere lieben den Kick, wieder andere wollen bewundert werden. Wer auf der Videoplattform Youtube nach dem Begriff Balconing sucht, findet reihenweise Videos. Teilweise liegen nur Millimeter zwischen einem erfolgreichen Sprung und einer schweren Verletzung. Insgesamt wurden dieses Jahr rund 20 Balconing-Unfälle gezählt. Um weitere Tragödien möglichst zu vermeiden, macht der mallorquinische Arzt Segura dieses Jahr bei einer Aufklärungskampagne der britischen Regierung mit. „Das Problem ist weniger, dass du auf diese Weise deinen Urlaub ruinierst“, appelliert der 32-jährige Chirurg in einem Video an die Vernunft der jungen Mallorca-Besucher. „Das Problem ist, dass du dein Leben ruinierst.“ Das britische Außenministerium warnt derweil die nach Mallorca reisenden Landsleute: „Gehe keine unnötigen Risiken auf Balkonen ein, besonders wenn du unter dem Einfluss von Drogen und Alkohol stehst.“

    Fast durchweg sind bei den Unfällen auf Mallorca Drogen im Spiel

    Fast durchweg seien bei den Unfällen Alkohol oder Drogen im Spiel, weiß Segura, der die Unglücksgeschichten zusammen mit seinen Kollegen seit Jahren analysiert. In 95 Prozent der Fälle hatten die Patienten große Mengen Alkohol getrunken und 30 Prozent hatten zusätzlich Drogen genommen. In der Regel seien es Unfälle, bei denen die Betreffenden abstürzen, wenn sie über den Balkon zum Nachbarzimmer der Freunde klettern. Oder wenn sie einfach volltrunken übers Geländer kippen. In etwa 15 Prozent der Fälle handele es sich jedoch um Mutproben, weil die jungen Leute versucht hätten, vom Zimmerbalkon ins Schwimmbecken des Hotels zu springen.

    Die spanischen Behörden versuchen inzwischen, mit hohen Strafen die Balkonkletterer abzuschrecken. Wer in Magaluf erwischt wird, kann mit 600 bis 1500 Euro Geldbuße belegt werden. Zudem droht der Hotelverweis. Manche Hoteliers haben inzwischen die Geländer erhöht. Andere gingen dazu über, feierfreudige Cliquen junger Männer vorzugsweise im Erdgeschoss einzuquartieren.

    „Ich hätte tot sein können“, berichtet Jake Evans. Dieser Brite kippte bereits vor einigen Jahren vom Balkon. Er fiel sieben Stockwerke tief. Sein Sturz wurde von einer Sonnenliege gebremst. „Das rettete wahrscheinlich mein Leben.“ Trotzdem erlitt er einen Schädelbruch. Jetzt beteiligt er sich an der Kampagne des britischen Außenministeriums. Er will andere davor bewahren, für den kurzen Kick ein lebenslanges Leiden oder gar das Grab zu riskieren.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden