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Wolf-Mischlinge: Wölfin paart sich mit Hund: Werden die Jungen getötet?

Wolf-Mischlinge

Wölfin paart sich mit Hund: Werden die Jungen getötet?

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    Die Bilder einer Fotofalle zeigen sechs junge Wolfsmischlinge auf einem Truppenübungsplatz in Thüringen.
    Die Bilder einer Fotofalle zeigen sechs junge Wolfsmischlinge auf einem Truppenübungsplatz in Thüringen. Foto: Bundesanstalt für Immobilienaufgaben/dpa

    Jäger bekommen Morddrohungen, Tausende Menschen unterschreiben eine Petition. In den Medien, im Landtag, auf der Arbeit und unter Freunden wird teils mit aggressivem Unterton diskutiert. Was ist da los in Thüringen? Sechs junge Vierbeiner - halb Wolf, halb Hund - sorgen für Streit. Sie sind gerade einmal fünf Monate alt. Trotzdem wird schon über ihren Tod diskutiert. 

    Labrador als Vater?

    Eine Wölfin hatte im ersten ausgewiesenen Wolfsgebiet Thüringens rund um den Bundeswehrübungsplatz Ohrdruf Nachwuchs bekommen. Auf Aufnahmen von Fotofallen waren die Jungen nach Angaben des Thüringer Umweltministeriums zweifelsfrei als Mischlinge identifiziert worden. Ihr Vater soll kein Wolf, sondern ein Haushund sein - einige Medien sprechen von einem Labrador-Retriever. Deshalb werden die sechs Jungtiere nun zu einem Problem für den Artenschutz - und angeblich auch für den Menschen. Sie stehen nun potenziell auf der Abschussliste.

    Wölfe sind streng geschützt

    Wölfe breiten sich seit dem Jahr 2000 wieder in Deutschland aus. Laut Naturschutzbund Nabu gibt es in Deutschland vermutlich 61 Rudel mit jeweils sieben bis zehn Tieren und 9 Paare in Deutschland. Sie kommen hauptsächlich in Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen vor. Wölfe stehen unter strengem Schutz. Dass sie sich mit Hunden paaren, ist extrem selten. 

    Tun sie es aber einmal doch, gefährdet die Vermischung der Wolf- und Hundegene nach Expertensicht aber die Wolfspopulation. Deshalb empfahl das bundeseigene Dokumentations- und Beratungszentrum zum Wolf (DBBW) dem Thüringer Umweltministerium ein schnelles Töten der Jungtiere, denen der Labrador-Vater durch das schwarze Fell auch anzusehen sein soll. 

    Der Aufschrei war groß. Weit über 10.000 Unterschriften haben Abschussgegner inzwischen mit einer Online-Petition gesammelt. Jäger aus der Ohrdrufer Umgebung berichten im Zusammenhang mit dem Fall über anonyme Morddrohungen gegen sie im Internet. Dabei ist der Abschuss noch keine beschlossene Sache - und schon gar nicht, ob dann Jäger diese Aufgabe übernehmen müssen. 

    Nach Auffassung des Umweltministeriums müssten die Jungtiere nicht zwangsläufig getötet werden. Sie sollten aber auf alle Fälle "entnommen" werden, also aus der Natur verschwinden. 

    Doch selbst Naturschützer halten Alternativen zu einem Abschuss für problematisch. "Einen Freilicht-Zoo mit Hybriden wollen wir nicht", sagt Silvester Tamás, Sprecher der Landesarbeitsgruppe Wolf beim Nabu Thüringen. Der Naturschutzbund stelle sich hinter die Experten des DBBW. Es gehe dem Verband um Artenschutz und die Akzeptanz des Wolfs in Deutschland.

    Hund-Wolf-Mischlinge: Peta ist gegen einen Abschuss

    Die Tiere einzufangen und in einem Gehege zu halten, sei keine tierschutzgerechte Alternative. Das zeige eine ähnliche Geschichte aus Sachsen, sagt Tamás. Dort hatte die Großtante der Ohrdrufer Wölfin ebenfalls Mischlingswelpen zur Welt gebracht. Sie wurden zum Teil eingefangen und kamen in ein Gehege. Die Hybride - wie die Hund-Wolf-Mischlinge im Fachjargon heißen - litten derart unter der Gehegehaltung, dass sie dann doch getötet wurden. Die sächsischen Welpen waren laut Tamás bislang der einzig wissenschaftlich belegte Fall von Hund-Wolf-Mischlingen in Deutschland. 

    Tierrechtler halten das Argument des Artenschutzes insgesamt für vorgeschoben. Ein Abschuss sei nicht mit dem Tierschutzrecht zu vereinbaren, heißt es bei der Tierrechtsorganisation Peta. Die von der Organisation und Abschussgegnern vorgeschlagene Option, die Tiere zu sterilisieren und wieder frei zu lassen, löst aber ein weiteres Grundproblem nicht.

    Wolfs-Hybride: Wie reagieren sie auf Menschen?

    "Niemand weiß so recht, wie sich die Mischlinge im Bezug auf Menschen verhalten werden - vor allem nicht nach einer Kastration oder Sterilisation", sagt der Sprecher des Thüringer Umweltministeriums, Tom Wetzling. Durch das Haushund-Gen könnten sie die Scheu vor Menschen verlieren. Dennoch blieben sie potenziell gefährliche Wildtiere.

    Einig sind sich alle Seiten bei einem Punkt: Der Mensch habe die Hybriden erst möglich gemacht. "Wegen Zerschneidung der Landschaft durch Siedlungen und Autobahnen kann es anderen Wölfen schwerfallen, nach Ohrdruf zu kommen", sagt Nabu-Wolfsexperte Tamás. Aber auch den Hundebesitzern vor Ort werden Vorwürfe gemacht. Sie sollten ihre Vierbeiner besser kontrollieren, dürften sie im Wald nicht frei laufen lassen, monieren auch Jäger.

    Über das Schicksal der Mischlinge muss letztlich die höchste Thüringer Naturschutzbehörde entscheiden. Das Landesverwaltungsamt muss nämlich das OK für einen wie auch immer gearteten Sonderantrag auf "Entnahme" des Umweltministeriums bewilligen. 

    Dabei muss die Behörde dann auch das Tierschutzgesetz im Blick haben. Dort steht: "Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen."

    Wolf, Wolfhunde und Mischlinge - wo liegt eigentlich der Unterschied?

    Niemand verwechselt einen Mops mit einem Wolf. Dabei sind Haushunde direkte Nachfahren des Wolfs. An manchen Hunderassen lässt sich das deutlich erkennen. Ähnlichkeiten zwischen den Spezies führen häufig zu Diskussionen, wenn bei Nutztierrissen nur Fotobeweise belegen sollen, dass ein Wolf am Werk war. An diesem Nachweis entscheidet sich in vielen Fällen, ob ein Schäfer für gerissene Tiere entschädigt wird.

    Optisch unterscheiden sich erwachsene Wölfe etwa durch helle Schnauzenbereiche und kleine dreieckige Ohren von vielen Hunderassen. Bei den Wildtieren hängt fast immer der Schwanz herab. Eindeutige Auskunft bringt aber nur ein Gentest. Auch Pfotenabdrücke können selbst Experten trügen.

    Wenn sich Wölfe und Hunde paaren, spricht man beim Nachwuchs von Mischlingen oder Hybriden, weil die Eltern aus unterschiedlichen Spezies stammen. Wolfhunde sind dagegen eine Rasse, die aus einer Vermischung von Hunden und Wölfen gezielt gezüchtet wurde, um Hunde mit dem Aussehen eines Wolfes zu erhalten. Mit Wolfshund wiederum bezeichnet man Hunderassen, die ursprünglich für die Wolfsjagd gezüchtet wurden. dpa/AZ

    So verhalten Sie sich, wenn Sie einem Wolf begegnen

    Der Wolf reagiert auf den Anblick von Menschen vorsichtig, aber er ergreift nicht immer sofort die Flucht. Oft zieht sich das Tier langsam und gelassen zurück, teilt das Landesamt für Umwelt mit.

    Falls doch eine Begegnung stattfinden sollte, beachten Sie bitte folgende Regeln:

    Haben Sie Respekt vor dem Tier.

    Laufen Sie nicht weg. Wenn Sie mehr Abstand möchten, ziehen Sie sich langsam zurück.

    Falls Sie einen Hund dabei haben, sollten Sie diesen in jedem Fall anleinen und nahe bei sich behalten.

    Wenn Ihnen der Wolf zu nahe erscheint, machen Sie auf sich aufmerksam. Sprechen Sie laut, gestikulieren Sie oder machen Sie sich anderweitig deutlich bemerkbar.

    Laufen Sie dem Wolf nicht hinterher.

    Füttern Sie niemals Wölfe – die Tiere lernen sonst sehr schnell, menschliche Anwesenheit mit Futter zu verbinden und suchen dann eventuell aktiv die Nähe von Menschen.

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