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Grays: Grausiger Fund in Großbritannien: 39 Tote in einem Lastwagen entdeckt

Grays

Grausiger Fund in Großbritannien: 39 Tote in einem Lastwagen entdeckt

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    Spurensicherung in Grays, wo 39 Leichen in einem Container entdeckt worden waren.
    Spurensicherung in Grays, wo 39 Leichen in einem Container entdeckt worden waren. Foto: Aaron Chown, PA Wire, dpa (Symbol)

    Auf die Windschutzscheibe des Lastwagens hat jemand Sticker mit den Worten „Irland“ und „Der ultimative Traum“ geklebt. Das verheißungsvolle Versprechen in unschuldig anmutender weißer Schreibschrift könnte makaberer nicht wirken. Denn die Fahrt mit eben jenem Lkw endete für 39 Menschen in einem tödlichen Albtraum.

    Es muss ein grauenvoller Anblick gewesen sein, der sich den britischen Rettungskräften in den frühen Morgenstunden am gestrigen Mittwoch bot, nachdem sie in ein Industriegebiet östlich von London gerufen wurden. 39 Leichen, darunter die eines Teenagers, lagen in dem großen, weißen Container des Fahrzeugs, alle wohl durch das vermutete Kühlsystem im Innern des Lastwagens erfroren. Die Sanitäter, sie kamen zu spät in den Waterglade Industrial Park in Grays in der Grafschaft Essex. Wer sie alarmiert hat, war zunächst nicht bekannt.

    39 Tote in Lkw - Menschen waren wohl tagelang im Container

    Die Behörden gehen mittlerweile davon aus, dass die Menschen dort mindestens vier Tage verbracht haben. Denn der Lkw, der laut Polizei aus Bulgarien stammt, war bereits am vergangenen Samstag ins Vereinigte Königreich eingereist. Er kam über den Hafen in der walisischen Stadt Holyhead ins Land. Vermutet wird, dass der Fahrer, ein 25 Jahre alter Mann, den Weg aus Frankreich auf die Irische Insel nahm, dann die Republik durchquert hat, bevor er via Fähre Großbritannien erreichte. Der Nordire wurde festgenommen, die Polizei ermittelt wegen des Verdachts auf Mord.

    Während die Leichen obduziert werden, untersuchten Forensiker in weißen Schutzanzügen den Lastwagen. Um das Fahrzeug herum waren Zelte aufgebaut, die Gegend wurde weitreichend von der Polizei abgesperrt. Den Beamten zufolge dürfte es ein „langwieriger Prozess“ werden, bis alle Toten identifiziert seien. Vor Ort unterstützten Experten der landesweiten Polizeibehörde National Crime Agency die lokalen Ermittler. Bis zum Nachmittag war unklar, ob es sich bei den Opfern um ins Königreich geschleuste Migranten handelte. Doch viele Umstände deuten darauf hin, auch wenn Experten die angenommene Route als ungewöhnlich bewerteten. „Es wird viel davon geredet, dass die Sicherheit und die Kontrollen an Orten wie Dover und Calais verschärft wurden“, sagte ein Vertreter des Verbands Freight Transport Association, der die Interessen der britischen Logistikbranche vertritt. Deshalb könnten die mutmaßlichen Schlepper den Umweg gewählt haben, der zwar „die Reise um einen zusätzlichen Tag“ länger mache. Doch bereits in der Vergangenheit wurden kleinere Häfen wie jener in Wales von Experten als „Schwachpunkte“ bezeichnet, weil der Fokus des Grenzschutzes in Dover liege.

    Premierminister Boris Johnson drückte via Twitter sowie im Parlament seine Anteilnahme aus. Er sei „erschüttert über diesen tragischen Vorfall“ und werde regelmäßig über Neuigkeiten zu dem Fall informiert. „Meine Gedanken sind bei allen, die ihr Leben verloren haben und ihren Angehörigen.“ Innenministerin Priti Patel zeigte sich ebenfalls „geschockt und traurig“ und betonte, die Behörden würden untersuchen, ob bei dieser „Tragödie“ eine Gruppierung der Organisierten Kriminalität eine Rolle gespielt habe. Jackie Doyle-Price, die konservative Abgeordnete für den Wahlkreis, twitterte, Menschenhandel sei „ein abscheuliches und gefährliches Geschäft“. „Lasst uns hoffen, dass diese Mörder ihre gerechte Strafe erhalten.“

    Auch Kanzlerin Angela Merkel ließ über ihren Sprecher mitteilen, dass ihr tiefes Mitgefühl den Angehörigen gelte. Den Behörden auf der Insel sagte die Bundesregierung alle notwendige Unterstützung bei der Suche nach den Schuldigen und Hintermännern zu. „Unsere Entschlossenheit muss sich gegen diejenigen richten, die solche Transporte organisieren und durchführen.“

    Der Fall erinnert an die Katastrophe im August 2015, als in einer Parkbucht auf der Autobahn A4 bei Parndorf in Österreich ein Kühllaster mit 71 toten Flüchtlingen, darunter vier Kindern, entdeckt wurde. Die Menschen aus dem Irak, aus Iran und Afghanistan waren auf dem letzten Teilstück der Westbalkanroute, auf dem Weg von Budapest über die Grenze nach Österreich, qualvoll im Innern des Lastwagen erstickt. Die vier Schlepper wurden später zu hohen Haftstrafen verurteilt.

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