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Brand in türkischem Ski-Hotel: Wie konnte das passieren?

Türkei

Katastrophe in türkischem Ski-Hotel: Trauer um die Opfer und die Frage nach dem Warum

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    Feuerwehrleute arbeiten daran, das Feuer in einem Hotel im Skigebiet von Kartalkaya im Nordwesten der Türkei zu löschen.
    Feuerwehrleute arbeiten daran, das Feuer in einem Hotel im Skigebiet von Kartalkaya im Nordwesten der Türkei zu löschen. Foto: Enes Ozkan, IHA/AP/dpa

    Auf den Friedhöfen von Istanbul und Ankara wurden am Mittwoch frische Gräber für ganze Familien ausgehoben. Eine Managerin mit Ehemann und zwei Kindern, ein Wirtschaftsjournalist mit Frau und zwei Kindern, ein Zahnarzt-Ehepaar mit zwei Kindern, ein Arzt mit Frau und drei Kindern – sie alle und viele weitere Familien zählten zu den 76 Menschen, die bei dem Großbrand im Skihotel „Grand Kartal“ in der Nacht zum Dienstag starben. „Wir trauern um Alican aus der 9. Klasse, um Elif aus der 6. Klasse und um ihre Mutter Ebru“, teilte ein Gymnasium in Istanbul mit. Unter den Todesopfern war auch eine 15-köpfige Familie – eine Mitarbeiterin der halbstaatlichen Fluggesellschaft Turkish Airlines mit ihren 14 Angehörigen, wie die Airline der dpa bestätigte.

    Inzwischen hat die Debatte darüber begonnen, wie die Brandkatastrophe im Skigebiet Kartalkaya im westanatolischen Bolu zu verhindern gewesen wäre. „Wieder ein ‚Grand‘ Hotel“, schrieb Rusen Karakaya, deren Tochter Selin beim Erdbeben in der Türkei vor zwei Jahren unter den Trümmern des Hotels „Grand Isias“ in Adiyaman starb, auf der Plattform X. Der Großbrand im „Grand Kartal“ sei wie der Einsturz des „Grand Isias“ das Ergebnis von Nachlässigkeit bei der Einhaltung und Überwachung von Bauvorschriften. „Müssen wir bei jedem Hotelbesuch das Funktionieren der Feuermelder, Feuertreppen und Feuerlöscher selbst überprüfen?“, fragte Mizra Öz, deren Sohn vor sieben Jahren bei einem Zugunglück starb, bedingt durch die Fahrlässigkeit der zuständigen Behörden.

    Bei dem Brand in dem Ski-Ressort starben mindestens 76 Menschen.
    Bei dem Brand in dem Ski-Ressort starben mindestens 76 Menschen. Foto: IHA/AP, dpa

    In der Nacht der Katastrophe müssen sich dramatische Szenen abgespielt haben. Hotelgäste seien orientierungslos durch rauchverhangene Korridore gerannt, um den Ausgang zu finden, während andere aus Fenstern gesprungen seien, um zu entkommen, berichten Überlebende. Ein Augenzeuge berichtete in einem TV-Interview, ein Mann habe sich aus Verzweiflung aus dem elften Stock in den Tod gestürzt.

    Das Hotel hatte eine Alarmanlage, diese funktionierte aber nicht

    Oppositionspolitiker forderten den Rücktritt von Tourismusminister Mehmet Nuri Ersoy; auch ein früherer Berater von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan schloss sich der Forderung an. Der Minister streitet inzwischen mit dem Bürgermeister von Bolu, Tanju Özcan, wer bei der Kontrolle des Brandschutzes in dem Hotel versagte: die Regierungsbehörden oder die Feuerwehr, die der Stadt untersteht. Özcan gehört der Oppositionspartei CHP an, die in Bolu regiert. Ersoy ist neben seinem Amt als Tourismusminister auch selbst Besitzer mehrerer Hotels.

    Das „Grand Kartal“ war nach Berichten 2007 von der Feuerwehr als sicher eingestuft worden. Offen blieb am Mittwoch, was seitdem für den Brandschutz getan wurde. Mehrere türkische Medien veröffentlichten die Ergebnisse der letzten Inspektion im Hotel vom Dezember. Demnach stellten die Fachleute der Feuerwehr fest, dass das Hotel zwar eine Alarmanlage habe – doch diese funktioniere nicht. Die Rauchmelder seien unzulänglich, die Feuertüren entsprächen nicht den Vorschriften.

    Auch andere Experten bemängelten die Brandschutzvorrichtungen als veraltet. Das Hotel habe weder Sprinkleranlage noch feuerhemmende Materialien im Restaurantbereich, die eine Ausbreitung der Flammen zumindest verlangsamt hätten, sagte der Vize-Direktor der türkischen Brandschutzstiftung, Taner Kaboglu, der Zeitung Hürriyet. Dennoch erhielt das Hotel vorigen Monat von der staatlichen Agentur zur Tourismusförderung (TGA) ein Zertifikat für Nachhaltigkeit, wie die Nachrichtenplattform T24 meldete. Der Hotelbesitzer Halit Ergül, der nach dem Brand festgenommen wurde, ist Vorstandsmitglied bei der TGA.

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