
Engpass bei Diabetes-Medikament: Viele nutzen es zum Abnehmen

Diabetes-Medikamente sind eigentlich für Diabetiker gedacht, doch eines wird verstärkt von gesunden Menschen als Abnehmhilfe genutzt. Die Folge ist ein Engpass.

Schon Ende 2022 hat die Deutsche Apotheker Zeitung (DAZ) vor einem neuen Abnehm-Trend gewarnt, der sich über Soziale Medien zum Hype entwickelt hat: Kilos verlieren mithilfe eines Diabetes-Medikaments. Mitgemacht haben den Trend auch Promis wie etwa Tech-Milliardär Elon Musk oder Kim Kardashian. Inzwischen wird das verschreibungspflichtige Medikament auch in Deutschland vermehrt zum Abnehmen genutzt und von Ärztinnen sowie Ärzten an Abnehmwillige verschrieben.
Doch der Trend wird für Diabetikerinnen und Diabetiker, die das Medikament aus gesundheitlichen Gründen wirklich benötigen, nach und nach zum Problem. Aufgrund der hohen Nachfrage - auch von Menschen, die nicht adipös sind - ist die Versorgung weiter ins Stocken geraten und es gibt einen Engpass. Schon im November 2022 hatte die DAZ von einer angespannten Versorgungssituation gesprochen. Alles, was Sie zu dem Engpass wissen müssen, lesen Sie hier.
Diabetes-Medikament zum Abnehmen: Welches Mittel ist von dem Engpass betroffen?
Betroffen ist das Diabetes-Medikament Ozempic, das den Wirkstoff Semaglutiden enthält. Dieser sorgt Studien zufolge nämlich auch bei übergewichtigen Menschen, die kein Diabetes haben, für einen "signifikanten Gewichtsverlust", schreibt aerzteblatt.de. Laut David Francas, Professor für Daten- und Lieferkettenanalyse an der Hochschule Worms, sorgt die Nutzung des Diabetes-Medikaments zum Abnehmen - egal ob es dabei nur um ein paar oder sehr viele Kilos geht - aktuell für einen Lieferengpass. Denn Ozempic mit dem Wirkstoff Semaglutiden "wird gehypt und plötzlich hat man einen Off-Label-Use für das Medikament, der auch die Nachfrage treiben kann".
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Dieser sogenannte Off-Label-Use meint, dass ein Arzneimittel nicht für den gedachten Zweck eingesetzt wird beziehungsweise nicht gegen die Krankheit, für die das Medikament eine Genehmigung von der Zulassungsbehörde hat.
Vor einer solchen "von den Zulassungsbehörden nicht freigegebenen, unkontrollierten Anwendung" hat auch die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) bereits Ende 2022 gewarnt. Das Problem laut DGE-Sprecher Stephan Petersenn: Die "Lifestyle-Anwendung" sei nicht untersucht und "es ist unklar, ob ein übergewichtiger Patient, der aber nicht adipös ist, überhaupt Gewicht verliert." Zudem könnten auch Nebenwirkungen wie Übelkeit und Durchfall auftreten. Eine Anwendung sollte daher ärztlich überwacht und in ein Gesamt-Therapiekonzept mit Ernährung und Sport eingebettet sein.
Übrigens: Das Diabetes-Medikament ist nicht alleine von einem Lieferengpass betroffen.
Warum wird das Diabetes-Medikament zum Abnehmen verschrieben?
Der begehrte Wirkstoff Semaglutid ist in Europa seit 2018 als Diabetes-Medikament unter dem Namen Ozempic zugelassen, um den Blutzuckerspiegel zu senken. Seit 2022 hat der Wirkstoff unter dem Markennamen "Wegovy" zudem in der EU eine Zulassung speziell für Gewichtsverlust und -kontrolle. Gedacht ist das Medikament der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) zufolge für adipöse Erwachsene mit einem BMI von mindestens 30 sowie für übergewichtige Personen mit einem BMI ab 27, bei denen mindestens eine gewichtsbedingte Begleiterkrankung vorliegt - beispielsweise ein Prädiabetes oder Diabetes Typ 2, eine Hypertonie oder eine Herz-Kreislauf-Erkrankung.
Auf den aktuellen Abnehm-Trend passen diese Voraussetzungen oftmals nicht. Zudem ist Wegovy nach Angaben des Herstellers Novo Nordisk Pharma in Deutschland ohnehin bisher nicht erhältlich. Der Weg zur schlanken Linie führt dann offenbar gern mal über das Diabetes-Medikament Ozempic. Ärztinnen und Ärzte berichten dementsprechend laut der dpa von einer verstärkten Nachfrage nach dem Medikament.
Dass die Mediziner in solchen Fällen dann das Diabetes-Medikament verschreiben, erntet Kritik: "Es geht nicht an, dass ich ein Anti-Diabetikum verschreibe off-label für jemanden, der abnehmen möchte. Das ist ein Unding, da hab ich doch auch eine Verantwortung als Verschreiber", sagte Torsten Hoppe-Tichy, Leiter der Apotheke des Universitätsklinikums Heidelberg. (mit dpa)