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Fynn Kliemann: Ist seine Karriere nach Masken-Skandal vorbei?

Influencer

Ist Fynn Kliemanns Karriere nach dem Maskenskandal vorbei?

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    Fynn Kliemann meldete sich kurz nach Böhmermanns Video-Vorwurf mehrfach zu Wort. Inzwischen schweigt er aber.
    Fynn Kliemann meldete sich kurz nach Böhmermanns Video-Vorwurf mehrfach zu Wort. Inzwischen schweigt er aber. Foto: Axel Heimken, dpa

    Fynn Kliemann hat nach dem Vorwurf, er habe mit Corona-Masken betrogen, 30.000 Instagram-Follower verloren. Unternehmen beenden die Zusammenarbeit, Wegbegleiter distanzieren sich, die Staatsanwaltschaft prüft Anzeigen. Von Kliemann selbst herrscht seit einer Woche Funkstille. "Ich verspreche euch, ich kann und will antworten", schrieb er zuletzt. "Aber ich brauche Zeit, bis ich Klarheit über die Details habe."

    Jan Böhmermanns Video war eine Abrissbirne, die am 6. Mai in das öffentliche Bild von Fynn Kliemann donnerte. Böhmermanns "ZDF Magazin Royale" hatte herausgefunden, dass Corona-Masken, die Kliemann und sein Geschäftspartner Global Tactics als "fair" und in Europa gefertigt verkauften, zu einem großen Teil aus Bangladesch und Vietnam stammten. Kliemann hatte außerdem behauptet, die Masken quasi zum Selbstkostenpreis zu verkaufen und die Geldmacherei anderer in der Krise kritisiert. Inzwischen räumt er ein, mehr als 400.000 Euro verdient zu haben. Und dann sollen auch noch 100.000 Masken, die er und sein Geschäftspartner öffentlichkeitswirksam an Flüchtlingscamps gespendet hatten, Ausschussware von minderwertiger Qualität gewesen sein.

    Der mutmaßliche Masken-Betrug steht Fynn Kliemanns Image komplett entgegen

    Der Skandal erschütterte die Influencer-Welt, weil all das dem Image, das Kliemann von sich zeichnete, komplett entgegensteht. Er präsentierte sich als jemand, der mit seiner Arbeit die Welt verbessern möchte, dessen Antrieb nicht ausschließlich Geld ist. So folgte ein heftiger Shitstorm, gegen den Kliemann zu kämpfen versuchte – und dabei Fehler machte. "Das war aus meiner Sicht viel zu schnell und viel zu überstürzt", erklärt Annika Schach, Professorin für angewandte PR an der Hochschule Hannover, die unter anderem zu den Themen Krisenkommunikation und Influencer forscht. Es sei in einer Krise wie dieser zwar an sich wichtig, schnell zu reagieren, sich nicht komplett zu verkriechen. Vermutlich wäre aber das Statement, das Kliemann nun als bisher letztes veröffentlicht hat, gleich zu Beginn die richtige Reaktion gewesen: "Ich kümmere mich jetzt erst einmal darum und äußere mich dann fundiert."

    Stattdessen hätten Kliemanns Kommunikationsfehler sogar schon vor Böhmermanns Video begonnen. Das "ZDF Magazin Royale" hatte ihm, wie bei einer derartigen Recherche üblich, vorab einen Fragenkatalog zugesendet. Kliemann antwortete in einem halbstündigen Instagram-Video. Mal davon abgesehen, dass eine öffentliche Antwort vor der Ausstrahlung sehr unüblich sei, sagt Schacht: "Wenn eine Presseanfrage mit so vielen Fragen von einem Leitmedium kommt, hätte ich mich auf jeden Fall beraten lassen." Kliemann sagt im Video, er antworte lieber selbst auf die Fragen, statt das einem Anwalt zu geben. Doch was genau der Kern von Böhmermanns Recherche sein würde, schien ihm nicht bewusst zu sein. "Da hätte jede Medienkanzlei und jede Kommunikationsberatung davon abgeraten, sich zu äußern, bevor man weiß, was die Vorwürfe sind", so Schach.

    PR-Professorin: "Es war sehr ungeschickt, diese Interviews zu geben"

    Nachdem Böhmermanns Video veröffentlicht wurde, folgten weitere Fehler. Am Tag der Sendung veröffentlichte er ein Statement und dazu ein Video. Seine Hände zitterten, als er darin das Statement vorlas. Er gab außerdem in sehr kurzer Zeit mehrere Interviews. Er räumte Fehler ein, entschuldigte sich, versprach Aufklärung, verteidigte sich aber auch und erklärte, von manchem nichts gewusst zu haben.

    "Es war sehr ungeschickt, diese Interviews zu geben, ohne noch mal die Hintergründe zu klären", betont Schach. Es könne ja wirklich sein, dass er nicht über alle Bereiche der Geschäfte Bescheid wusste. Stattdessen fielen Sätze, die den Shitstorm nährten. Im Spiegel-Interview sagte er etwa: "Ich habe nie dementiert, dass Masken von Global Tactics in Bangladesch produziert werden. Ich wurde nur nie danach gefragt."

    Annika Schach ist Professorin für angewandte Public Relations an der Hochschule Hannover.
    Annika Schach ist Professorin für angewandte Public Relations an der Hochschule Hannover. Foto: Anne Hufnagl

    Und Kliemann zog sofort andere Akteure in die Sache hinein: Großhändler wie der Onlineshop About You seien über die Herkunft der Masken informiert gewesen. "Man sollte sich erst einmal auf sich selber beziehen", rät Schach. Dann dementierte das "About You"-Geschäftsführer Tarek Müller auch noch auf Instagram unter Kliemanns Video. "Dass sich nach so einem Statement direkt zeigt, dass man vielleicht auch da nicht die Wahrheit gesagt hat oder es zumindest Unstimmigkeiten gibt, das ist der Worst Case", so Schach. Allerdings könnte auch About You Fehler gemacht haben: Einem Spiegel-Bericht zufolge hat ein Modehändler About You schon vor Monaten auf den möglichen Betrug hingewiesen. Passiert sei aber nichts.

    Fynn Kliemann: vorzeitige Stellungnahme keine gute Idee

    Nun hat Kliemann sich zuerst viel geäußert, aktuell schweigt er. Auf eine Anfrage unserer Redaktion antwortet er, er sei gerne bereit zu sprechen, sobald er Klarheit über die Details habe. Zum Thema Kommunikation schreibt er, würden ihm Expertinnen und Experten "sicher zustimmen, dass eine vorzeitige Stellungnahme keine gute Idee ist".

    Andere sprechen weiter über ihn, die Kommentarspalten seiner Social-Media-Kanäle sind voll vom Frust früherer Fans. Endet hier gerade eine Karriere? "Ein Teil davon sicherlich schon", schätzt Schach. Denn Unternehmen und Organisationen für Kooperationen zu finden, das dürfte künftig schwierig werden. "Aber er selber als Person, da glaube ich nicht, dass die Karriere beendet ist."

    Das liege auch an der Beziehung, die das Publikum zu Influencern aufbaut. Fans haben das Gefühl, sie persönlich zu kennen, wie einen Freund. Und so einem "Freund" verzeihe man vielleicht eher, erklärt Schach. Die Währung von Influencern sei Reichweite. Und auf Instagram folgen ihm noch immer etwa 790.000 Menschen. Zwischen den vielen enttäuschten Kommentaren gibt es auch einige von Menschen, die bereit sind, ihm zu verzeihen.

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