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KI-Oma Daisy narrt Telefonbetrüger in Großbritannien

Großbritannien

KI-Oma Daisy narrt Telefonbetrüger in Großbritannien

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    Das ist Daisy, eine sympathische ältere Dame. Nur echt ist sie nicht.
    Das ist Daisy, eine sympathische ältere Dame. Nur echt ist sie nicht. Foto: O2

    Daisy hat graue, gewellte Haare, trägt eine gerahmte Brille und hält mal einen schwarzen, dann einen grauen oder auch einen pinkfarbenen Telefonhörer in der Hand. Sie mag wie eine nette ältere Britin wirken, die ihren Gästen gerne Tee und Sandwiches serviert. Tatsächlich aber ist sie bereit, sich in langen Gesprächen mit Telefonbetrügern anzulegen.

    So redet sie stundenlang mit ihnen übers Stricken, ihre Familie oder ihre getigerte Katze „Fluffy”. Und weil sie, wie sie selbst sagt, „alle Zeit der Welt“ hat, können kriminelle Anrufer niemanden anderen betrügen, während sie mit ihr sprechen. Das ist jedenfalls das erklärte Ziel von Daisy. Denn die Seniorin, die mithilfe künstlicher Intelligenz am Computer geschaffen wurde, wehrt sich stellvertretend für alle, die in Großbritannien bereits Opfer von Betrügern geworden sind. „Daisy dreht den Spieß um und legt die Betrüger herein – sie überlistet und überwältigt sie in ihrem eigenen grausamen Spiel, indem sie sie einfach am Telefon festhält“, sagt Murray Mackenzie, der beim Telekommunikationsunternehmen Virgin Media O2 für Betrugsbekämpfung zuständig ist.

    Daisy hat schon hunderte Stunden mit Betrügern am Telefon verbracht

    Damit sie von den Gaunern erreicht werden kann, hat das Unternehmen ihr eine eigene Nummer gegeben. Und weil Daisy ja nicht nur eine Oma sein kann, sondern viele, kann sie auch mit vielen Telefongaunern gleichzeitig telefonieren und diese damit – zumindest für diesen Zeitraum – von weiteren kriminellen Taten abhalten. „Daisy hat schon hunderte Stunden mit Betrügern am Telefon verbracht. Das längste Gespräch dauerte über 40 Minuten”, sagt ein O2-Sprecher unserer Redaktion. Nach Angaben des Unternehmens geht es ihnen mit Daisy aber auch darum, auf die Gefahr aufmerksam zu machen, die von Trickbetrügern ausgeht – vor allem für ältere Menschen.

    Laut einer Studie ist das Ausmaß der Abzocke auf der Insel enorm. Jeder Fünfte erlebt jede Woche im Schnitt einen Betrugsversuch. „Betrüger betreiben Callcenter, die speziell auf Briten ausgerichtet sind“, so Mackenzie. In Deutschland sollen Telefontrickbetrüger im vergangenen Jahr Beträge im dreistelligen Millionenbereich erbeutet haben. Mittlerweile kommen immer häufiger sogenannte Schockanrufe zum Einsatz. Dabei geben sich Täter als nahe Angehörige aus, die sich angeblich in einer Notlage befinden und sofort Geld benötigen.

    Bei Daisy jedoch hätten Trickbetrüger mit dieser Masche keine Chance. Ein von O2 veröffentlichtes Video enthält Tonaufnahmen von echten Gesprächen zwischen Betrügern und der KI-Seniorin. Diese reagieren zunehmend frustriert, während Daisy weiter plappert und natürlich nicht die Art von Informationen preisgibt, die die Anrufer haben wollen, etwa Kontonummern oder Kreditkartendetails. „Es ist schon fast eine Stunde vergangen, um Himmels willen“, stöhnt eine Betrügerin im Video hörbar genervt. Darauf antwortet Daisy mit ruhiger Stimme: „Wie die Zeit vergeht“, während sie mit Spülhandschuhen in einer Küche zu stehen scheint.

    Kann gut sein, dass die KI-Oma auch nach Deutschland kommt

    Die sympathische KI-Oma automatisiert damit die Praxis des „Scambaiting“, bei der sich Menschen als potenzielle Opfer ausgeben, um Ressourcen der Kriminellen zu verschwenden. Technisch gesehen ist sie ein menschenähnlicher Chabot, der Anrufe in Echtzeit entgegennimmt. Daisy (für „dAIsy“) kombiniert dabei verschiedene KI-Modelle, um einem Anrufer zuzuhören, seine Stimme in Text umzuwandeln und dann mit einem benutzerdefinierten Sprachmodell zu antworten.

    Ob Daisy bald nach Deutschland kommt? „Sie spricht kein Deutsch. Aber sie lernt schnell”, so der O2-Sprecher. Auch wenn sie noch nicht in der Bundesrepublik aktiv ist, könne sich das ändern. „Man weiß nie, was sie als Nächstes tut.“

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    2 Kommentare
    Franz Xanter

    Ein sehr sinnvoller und effektiver Einsatz einer KI!

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    Thomas Keller

    Da gibt es schon länger Leute wie Kitboga, Marc Rober auf Youtube usw. die die Scammer aufhalten und auch deren Infrastruktur zerstören. Lustig sind die Glitterboxen der Paketdiebe. Unterhaltsam nebenbei ist auch mal nach Scambait oder 419(der nigerianische Paragraph für Vorschussbetrug) zu suchen. Leider aber sitzen an den Hotlines auch manchmal nur arme Schweine die sonst keinen anderen Job bekommen. Die Rechenleistung der KI muss auch irgendwoher kommen und bezahlt werden...

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